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Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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ersten
    Sonnenstrahlen über die Erde tasteten und seine Augen blendeten, atmete er auf.
    Wieder hatte er eine Nacht überstanden.

12
    Jalyuri
    überließ sich dem gleichmäßig schaukelnden Gang des Kamels. Auf diese Weise
    schmerzten die Kanten der Kisten, auf denen er sitzen musste, nicht so stark.
    Die Männer, die von Jalyuri und Nooma-Nooma tagelang beobachtet worden waren,
    waren schließlich zur Missionsstation gekommen und hatten gefragt, ob jemand
    unter ihnen wäre, der sie auf dem kürzesten Weg nach Charlotte Waters führen
    würde, das etwa sechs Tagesreisen entfernt lag. Einer, der die Wasserstellen
    kannte, denn sie wollten nicht den Umweg über Stuart machen. Jalyuri und seine
    Leute waren froh, dass die Männer das Land verließen, außerdem versprachen sie
    als Entlohnung eine Dose Fleisch.
    Die Wahl des Stammes
    fiel auf Jalyuri. Jalyuri wusste, warum. Nicht nur, weil er schon öfter auf dem
    Rücken eines Kamels gesessen hatte, wenn er den alten Pastor und seinen
    Nachfolger Hermann Weiß nach Stuart und auch in die Umgebung der
    Missionsstation begleitet hatte; nicht nur, weil er sich mit Kamelen auskannte
    und wusste, wie man ihre Vorderläufe zusammenband, damit sie nicht wegliefen,
    wie man sie zum Knien brachte, damit man ab-und aufsteigen konnte. Nein: Sie
    hatten ihn auch deshalb bestimmt, damit er nach seinem Bruder Ausschau halten
    könnte. Jalyuri hatte dies auch ohne ausdrückliche Erklärung verstanden. Von
    Charlotte Waters würde er weiter nach Oodnadatta marschieren. Dorthin, wo die
    Züge ankamen, wo sich viele Menschen trafen ... und wo man Neuigkeiten erfahren
    konnte.
    Seit vier Tagen waren
    sie nun unterwegs. Jalyuri trug seine lange Hose, die schon überall Löcher
    hatte. Um seinen Kopf mit der hohen Stirn hatte er wie immer ein Band gebunden,
    das vor Kopfschmerz schützte. Es hatte dieselbe Farbe wie der Himmel weit
    hinten am Horizont, wo die Sonne bald unterging. Und seinen schwarzen gelockten
    Bart hatte er mit einem Messer gestutzt. Gleich hinter Jalyuri ritt der
    Anführer der Gruppe; er wurde von den anderen Hugh gerufen. Er überragte
    Jalyuri um mindestens einen Kopf. Er hatte kräftige Unterarme, auf denen
    schwarze Figuren und Zeichen gemalt waren, was Jalyuri noch nie gesehen hatte.
    Hugh sprach mit einer lauten Stimme, und wenn er lachte, dann riss er seinen
    Mund so weit auf, dass man hinter den schwarzen Zahnstummeln den roten Rachen
    sehen konnte. Hinter Hugh trotteten
    vier weitere Kamele; auf den ersten beiden saßen Hughs Kameraden: Paddy, ein
    dicker Glatzkopf, der nicht richtig sprechen konnte, und Jim, ein junger
    Bursche, der Jalyuri mit einem verächtlichen Grinsen musterte. Die übrigen
    Kamele schleppten Kisten und Säcke.
    „He!“, rief Jim von
    hinten. „Wie weit ist’s noch zum nächsten verdammten Wasserloch? Nicht dass wir
    vom Nigger hier verarscht werden!“ Jalyuri reagierte nicht. Er überließ sich
    weiter dem Rhythmus des Tiers, das gemächlich einen Fuß vor den anderen setzte.
    Die Männer mussten sich auf ihn verlassen. Nur er kannte den Weg. Um sie herum
    war nichts als trockenes Land, und die Wasserlöcher fand man nur, wenn man
    wusste, wo man suchen musste. „Piss dir nicht in die Hose, Jimmy!“, gab Hugh
    zurück und lachte dröhnend, und der dicke Paddy, der einen großen Schlapphut
    auf seiner Glatze trug, fiel mit einem gackernden, weibischen Lachen ein.
    „G-g-genau, Jimmy! P-p-piss d-d-dir nicht in d-d-die Hose!“ Als Hugh zu lachen
    aufhörte, verstummte auch Paddy. „He, Nigger!“, rief nun Hugh, „du hast vor
    ´ner Stunde gesagt, das Wasserloch ist nicht mehr weit. Wo ist es jetzt? In
    deinem Interesse hoffe ich, dass du keine krummen Dinger machst. Sonst drehen
    wir nämlich um und schlachten deine Leute ab! Klar?“ Es machte Jalyuri nichts
    aus, dass viele Weißen so mit ihm sprachen. Was wussten sie schon von dem Land,
    was wussten sie schon von den Ahnen, die ihn beschützten? Ruhig wandte er sich
    um und sagte: „Es war ausgetrocknet.“ „He, hört euch den Kerl an!“, rief Hugh.
    „Du bist ein Klugscheißer, was?“ Er lachte. „Du hast’s doch gar nicht gesehen!
    He, haltet mal an! Alle anhalten!“ Die Kamele, die mit einem Seil, das man
    ihnen durch die Nase gezogen hatte, miteinander verbunden waren, blieben stehen. „W-w-was,
    zum T-teufel, ist los, Hugh?“, rief Paddy. „Ja, was gibt’s?“ Das war Jim.
    „Dieser schwarze Hurensohn hat uns am Wasserloch vorbeigeführt. Es muss

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