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Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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durchaus auf einige Passagiere beruhigend wirken, hieß es.
    Emma besaß nicht die
    passende Garderobe, lediglich ein selbst geschneidertes Kleid, das als
    Abendkleid durchgehen konnte. Es war ein wadenlanges Chiffonkleid mit ägyptisch
    anmutenden Stickereien und einem tiefen Rückenausschnitt. Das hatte sie anfangs
    sehr gestört. Doch bereits am zweiten Tag sagte sie sich, dass sie dort, wo sie
    hingingen, keine Abendkleider benötigte. Warum also sollte sie sich mit diesem
    Plunder abschleppen?
    Man hatte gerade das
    Abendessen, bestehend aus Suppe, Tafelspitz mit Kartoffeln und Kompott,
    beendet. Herr Friedrich hatte sein Essen mit wenigen Bissen
    hinuntergeschlungen, während seine Frau nur winzige Stückchen abschnitt und
    unendlich langsam kaute. Am Ende hatte sie die Hälfte vom Tafelspitz ihrem Mann
    hinübergeschoben, der den Teller in Sekundenschnelle geleert hatte. Wie man
    arbeitet, so isst man. Emma erinnerte sich an den Spruch, den ihre Großmutter,
    die Bäuerin, so oft beim Mittagessen zitiert hatte, wenn sie, Emma, mit dem
    Tempo ihres Großvaters und dem der Knechte nicht mithalten konnte. Sie sprachen
    über Ottmar Friedrichs Tätigkeit. Er war Kaufmann und hatte vor, in Australien
    eine Handelsniederlassung zu gründen.
    „Jeätzt muss man da
    runter“, erklärte er und knüllte die Serviette zusammen. „Ich wollte das
    Projekt schon vor Jahren in Angriff nehmen, aber dann kam dieser Krieg
    dazwischen, und unten in Australien haben sie die Deutschen in Lager gesteckt
    und die deutschen Ortsnamen in englische umbenannt.“ Er schüttelte den Kopf.
    „Ich hätte da schon längst ein Vermögen machen können! Fleischtransporte, zum Beispiel. Diese
    neuen Kühlschiffe machen es möglich, Frischfleisch über drei Wochen und länger
    zu transportieren.“ Sein Gesicht war rot und glänzte, nicht nur vom Wein, den
    er mit seiner Frau genossen hatte. Emma und Paul tranken Wasser. „Aber Sie, was
    wollen Sie denn mitten in der Wildnis? Neumünster? Noch nie gehört. Ich
    bewundere Ihren Mut, Ihren Idealismus. Ich muss sehen, was ich reinstecke und
    was ich rauskriege. Ich sage Ihnen“, er beugte sich über den Tisch, „man muss
    mit der Zeit gehen. Wissen Sie, warum ich meist nicht erste Klasse buche?“
    Amüsiert sah er zuerst Paul, dann Emma an. Paul reagierte nicht, aber Emma
    fühlte sich verpflichtet, höflich zu sein und fragte: „Warum?“ „Ha!“ Er lehnte
    sich zurück und verschränkte, befriedigt über das Interesse seiner Zuhörer, die
    Arme vor seinem runden Bauch. „Ich hab’ mich schon immer gerne unters Volk
    gemischt. Man muss wissen, was die Leute denken und fühlen, sonst erlebt man
    eines Tages eine böse Überraschung!“ Ein auffälliger Siegelring prangte an
    seinem kleinen Finger. Paul lächelte dünn, erwiderte aber nichts. „Hildchen“,
    redete Herr Friedrich weiter, „wie wär’s noch mit einem Gläschen?“ Seine Frau
    hielt ihm sogleich ihr Weinglas hin und sagte kaum hörbar: „Gern.“ „Und Sie,
    Herr Pastor und die Frau Gemahlin, kommen Sie, auch für Sie ein Gläschen!“
    „Nein“, sagte Paul
    entschieden, „wir trinken nicht.“ Nun, er hat ja Recht, dachte Emma, auch wenn
    er mich nicht gefragt hat. Zum letzten Mal hatte sie vor drei Monaten Wein
    getrunken, an ihrem Geburtstag. „Aber Sie kennen doch den Spruch: In vino
    veritas.“ Der Düsseldorfer Kaufmann hielt noch immer die Weinflasche in der
    Hand. „Frau Pastor? Nicht einmal einen winzigen Schluck?“ Er zwinkerte ihr mit
    seinen flinken Augen zu. Emma fühlte sich im Zwiespalt, doch dann sah sie
    hinüber zu der stillen Hilde Friedrich und hielt ihm lächelnd ihr Glas hin.
    „Aber nur einen kleinen Schluck, Herr Friedrich.“ Schwungvoll beugte sich Herr
    Friedrich über den Tisch und goss Emma Wein ein. Es wurde mehr als ein kleiner
    Schluck. „Hoppla!, ach das schaffen Sie schon. Und wenn Sie nicht mehr laufen
    können, dann lassen Sie sich von Ihrem Herrn Gemahl in die Kajüte tragen!“ Er
    lachte fröhlich und prostete Emma zu. Über den Rand ihres Glases registrierte
    sie ein Zucken in Pauls Gesicht. Sie griff nach seiner Hand. Sie war kalt.
    Eine Musikkapelle, die Musiker
    in schwarzen Anzügen, begann sich auf der Bühne einzurichten. Die Kellner
    eilten umher, damit beschäftigt, das Geschirr abzutragen. An einigen Tischen
    wurde laut gelacht. Emma erkannte die dralle Frau wieder, die bei der Abreise
    seekrank geworden war. Jetzt trug sie einen turbanartigen Hut und hatte

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