Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Licht der Phantasie

Das Licht der Phantasie

Titel: Das Licht der Phantasie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
zu.
    Weems schnitt eine finstere Grimasse und zog Rincewinds Ohr so lang, bis es sich direkt vor seinem Mund befand. »Ich fürchte mich vor nichts, kapiert?« sagte er heiser. »Ich spucke auf magischen Kram, klar?«
    »Das sagen alle, bis sie die Schritte hören«, stichelte Rincewind und brach abrupt ab, als er eine Messerspitze an den Rippen spürte.
     
     
    D er Rest des Tages verlief ereignislos, aber zu Rincewinds großer Zufriedenheit und Weems’ zunehmender Paranoia zeigte sich der Koffer mehrmals. Hier hockte er unschuldig auf einem Felsen, und dort lag er in einem Graben, halb unter Moos verborgen.
    Am späten Nachmittag erreichten sie die Kuppe eines Hügels und sahen in das weite Tal des oberen Smarl. Es handelte sich um den längsten Fluß auf der Scheibenwelt, an dieser Stelle war er schon eine halbe Meile breit und voller Schlamm, der die Uferzonen zur fruchtbarsten Region des Kontinents machte. Einige frühe Nebelschwaden zogen am Ufer entlang.
»Tap«, flüsterte Rincewind und fühlte, wie Weems zusammenzuckte. »Was?«
    »Hab mich nur geräuspert«, sagte der Zauberer und lächelte. Um ganz genau zu sein: Er grinste, und zwar ziemlich breit. Es war jene Art von Grinsen, das man in den Gesichtern von Leuten beobachten konnte, die linke Ohren für außerordentlich interessant hielten und in einem verschwörerischen Tonfall behaupteten, von Geheimagenten aus der nächsten Galaxis verfolgt zu werden. Es wirkte nicht sehr vertrauenerwekkend. Nun, es gibt wenige Wesen, die noch greulicher grinsen, zum Beispiel Geschöpfe, die ein orangefarbenes Fell mit schwarzen Streifen und einen langen Schwanz haben. Die urwüchsige Dschungel durchstreifen und nach Opfern Ausschau halten, um sie mit einem reißzahnintensiven Lächeln zu erschrecken.
    Herrena kam näher. »Siehst du das Ding da?« wandte sie sich an Weems und streckte den Arm aus.
Der Pfad führte zu einer wackligen Mole am Flußufer, wo ein großer Gong aus Bronze hing.
    »Damit ruft man den Fährmann«, sprach die Heldin. »Wenn wir den Strom an dieser Stelle überqueren, kürzen wir den Weg ab. Vielleicht schaffen wir es sogar, noch heute abend einen Ort zu erreichen.«
    Weems sah sich skeptisch um. Die Sonne hatte sich bereits ihr rotes Nachtgewand übergestreift, neigte sich dem Horizont entgegen und schien bestrebt zu sein, so rasch wie möglich Feierabend zu machen. Der graue Dunst verdichtete sich stetig.
    »Oder willst du die Nacht lieber auf dieser Seite des Flusses verbringen?«
Weems griff nach dem Hammer und schlug so heftig auf den Gong ein, daß er mehrmals herumwirbelte und von der Aufhängung fiel.
    Sie warteten stumm. Nach einer Weile hörten sie ein feucht klingendes Rasseln: Eine Kette tauchte aus dem Wasser und zog sich stramm. Rincewind sah, daß sie an einem eisernen Uferpflock befestigt war. Kurz darauf enthüllte der Nebel die Konturen eines flachen Bootes; der Fährmann betätigte eine große Winde in der Mitte des Kahns und steuerte ihn auf diese Weise am dicken Kabel entlang.
    Es knirschte leise, als der Fährenboden über Kies schabte, und der Mann an der Winde richtete sich keuchend auf.
»Jeweilf fwei«, brummte er undeutlich. »Mehr nicht. Nur fzwei Perfonen mit Pferden.«
    Rincewind schluckte und widerstand der Versuchung, Zweiblum einen bedeutungsvollen Blick zuzuwerfen. Wahrscheinlich lächelte der Tourist wie ein verdammter Idiot. Trotzdem riskierte er es, den Kopf zu drehen und mit den Augen zu rollen.
    Zweiblum starrte die dürre, in einen Kapuzenmantel gehüllte Gestalt groß an. Sein Mund stand weit offen.
    »Du bist nicht der übliche Fährmann«, sagte Herrena. »Ich bin schon einmal hiergewesen und dabei einem großen, dicken Burschen begegnet, der…«
    »Er hat heute feinen freien Tag.«
    »Nun, meinetwegen.« Die Heldin zuckte mit den Achseln. »Wenn das so ist… Warum lacht er?«
    Zweiblums Schultern bebten, und sein Gesicht war so rot wie eine reife Tomate. Er schien sich kaum mehr beherrschen zu können und gab leise, prustende Geräusche von sich. Herrena musterte ihn argwöhnisch und bedachte dann den Fährmann mit einem durchdringenden Blick.
    »Ihr beiden dort – schnappt ihn!«
    Einige Sekunden lang herrschte Stille. Dann erwiderte einer der Söldner: »Meinst du den Fährmann?«
    »Ja!«
    »Warum?«
    Herrena zuckte verwirrt zusammen. Mit so etwas hatte sie nicht gerechnet. Wenn man »Greift ihn!« oder »Wächter!« rief, so erwartete man von Untergebenen, daß sie sofort aufsprangen und

Weitere Kostenlose Bücher