Das Lied der Banshee: Roman (PAN) (German Edition)
Akame?«, fragte ich, während ich mich an den Sitz krallte, um mich von dem Gedanken abzulenken, dass wir für die Harpyien im Moment nichts weiter als Fische in einer Sardinenbüchse waren.
»Rotauge«, antwortete Aiko stolz, nachdem sie nach einem neuerlichen Geräusch böse zur Decke geblickt hatte. »Als er noch klein war, hatte er rote Augen, eine Seltenheit unter Drachen, die normalerweise schwarze Augen haben, wenn sie geboren werden.«
»Ist er denn ein Albino?« Ich weiß auch nicht, warum, doch mir fiel ein, dass ich selbst ein Akame sein würde, wenn ich erst mal »ausgewachsen« war.
»Nein, seine Haut ist feuerrot. Wie es sich …«
Verdammt, schon wieder Kamikaze-Harpyien von links. Aus war es mit dem kurzen Smalltalk, denn diesmal stießen mehrere Viecher gleichzeitig gegen die Fenster. Pheme und ich rissen jeweils eine der Sphären hoch für den Fall der Fälle.
Doch die Fenster hielten – vorerst.
Das Flugzeug machte einen kleinen Schlenker, vorn im Cockpit fluchte Jean.
»Pheme, du solltest besser wieder nach vorn kommen.«
»Hier, nimm die«, sagte die Sirene und drückte mir drei Sphären in die Hand. »Wenn uns noch mehr angreifen, eist du sie einfach ein, okay?«
»Okay!«
Pheme nickte mir zu, dann lief sie wieder nach vorn.
Zu gern hätte ich mir Jean mal in seiner verwandelten Form angesehen, aber ich wagte mich nicht ins Cockpit.
Die Harpyien donnerten noch immer gegen die Maschine, und als ich an eines der Fenster rutschte, verschlug es mir fast den Atem. Es mussten etwa fünfzig sein, die uns wie eine Eskorte begleiteten, und im Mondschein konnte ich ihre seltsamen Körper deutlich sehen.
»Wie weit ist es noch bis zum Festland?«, rief ich nach vorn.
»Noch ein Weilchen«, gab Jean zurück. »Ich kann beim Fliegen nicht zaubern.«
»Und dein Drache?«, fragte ich Aiko.
»Dauert auch noch ein Weilchen. Er ist schneller als jedes Flugzeug, aber ich habe ihn nicht mit nach Berlin nehmen können.«
»Dann hoffe ich, dass er nicht allzu lange braucht. Es werden immer mehr Harpyien.«
»Was ist das?«, fragte Thomas, der inzwischen ebenfalls auf einen anderen Sitz geflüchtet war und aus dem Fenster schaute.
»Was meinst du?«, fragte Aiko und hangelte sich neben ihn.
»Die Dinger da hinten sind keine Harpyien, oder?«
Aiko stieß einen Jubelschrei aus. War ihr Drache doch schon da?
»Es sind die Gargoyles«, rief sie.
»Wo kommen die denn her?«, fragte ich und kletterte auf die Sitzbank davor. Woher wussten sie, dass wir hier in Not waren? Hatte Pheme oder sogar eine der Nymphen einen Zauber gewirkt? Oder verfügten die Gargoyles über eigene Magie?
»Ich schätze, das musst du sie hinterher fragen. Jetzt bin ich erst einmal froh, dass sie sich mit den Harpyien anlegen.«
Im nächsten Augenblick wirbelte die Masse der Harpyien auf, als hätte jemand unter ihnen eine Explosion gezündet. Die Viecher stürzten sich auf die Gargoyles, doch ihre Krallen prallten an der Steinhaut ab, und unsere Verteidiger brauchten nicht einmal irgendwelche Magie anzuwenden. Sie holten aus und schlugen einfach nach den Viechern, während sie ihre mächtigen Schwingen in der Luft hielten. Ein paar Harpyien drehten sie einfach die Köpfe um, anderen brachen sie die Flügel, so dass sie wie Steine nach unten fielen.
»Ja, gebt’s ihnen«, feuerte Thomas die Gargoyles an.
Mein Herz raste noch immer, und mein Echo regte sich. Wollte ich etwa schon wieder singen? Rasch hielt ich mir den Mund zu. Glaubten meine Echos am Ende, dass wir sterben würden?
»Was ist, geht es dir nicht gut?«, fragte Thomas besorgt und rückte näher an mich heran.
Ich schüttelte den Kopf. »Alles in Ordnung, es ist nur …«
Ein harter Einschlag traf das Flugzeug, und beim Herumwirbeln bemerkte ich einen hellen Lichtschein. Was zum … o nein.
»Ein Triebwerk brennt!«, schrie ich.
»Merde!«, fluchte der Satyr, als das Flugzeug anfing zu schlingern.
»Stürzen wir ab?«, wollte Aiko wissen, doch als Antwort erhielt sie nur ein Grummeln.
»Es sind noch ein paar Kilometer bis zum Festland«, rief Pheme im nächsten Moment nach hinten. »Wenn wir Glück haben, können wir notlanden.«
Wenn nicht, würden wir alle sterben!
Zitternd atmete ich durch und versuchte, mich darauf zu konzentrieren, mein Echo zu beruhigen, damit ich ja nicht mit dem Singen anfing. Ich wusste nicht, ob ich es aufhalten konnte, aber ich wollte nicht zum Todes-Omen meiner Freunde werden.
Das Geräusch der Motoren klang
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