Das Lied der Banshee: Roman (PAN) (German Edition)
mittlerweile alles andere als gut, und draußen rangen noch immer die Gargoyles mit den Harpyien. Uns waren hier drin die Hände gebunden, solange wir nicht ausstiegen. Pheme und ich hätten die Möglichkeit, doch nie würde ich Thomas und Aiko zurücklassen. Und Pheme sicher auch nicht Jean.
»Thomas, ich …«, begann ich, während sich das Echo in mir dehnte und mich dazu bringen wollte, irgendwas zu tun. Entweder schreien oder singen – beides war gleichermaßen schlecht. »Ich wollte dir nur sagen …«
»Akame!«, kreischte Aiko.
Das war der Name ihres Drachen.
Auf einmal wurde es ringsherum hell, und es war, als würden wir geradewegs in ein Feuer hineinfliegen. Oder in einen Kometenschauer. Lichter flammten auf, einige von ihnen zogen direkt an unserer schlingernden Maschine vorbei. Von dem Drachen konnte man bisher nichts sehen, dafür gingen einige der Harpyien in Flammen auf. Indem sie wild mit den Flügeln schlugen, versuchten sie, das Feuer zu löschen. Vergeblich. Flammenbälle hagelten auf sie nieder, ohne das wir etwas von dem Drachen erkennen konnten.
Thomas klatschte neben mir begeistert in die Hände. Ich fühlte mich allerdings noch nicht besser. Noch immer saßen wir in einem Flugzeug, das abzustürzen drohte. Oder konnten wir zwischendurch auf den Drachen umsteigen?
In einem neuerlichen Feuerregen erschien ein roter, schlangenartiger Leib, und soweit ich es erkennen konnte, glühte es hell unter den Schuppen des Drachen. Die Muster ähnelten denen, die Aiko vorhin auf dem Arm gehabt hatte. Wie konnte eine Schlange fliegen?
»Gutes Timing mit deinem Drachen«, rief Pheme von vorn. »Jean setzt jetzt zur Notlandung an. Wir versuchen, im Wasser direkt am Strand runterzugehen.«
»Was, wenn ihr den Strand erwischt?«
»Dann könnte es ein wenig holprig werden. Setzt euch hin und schnallt euch an.«
Wir folgten ihrer Anweisung auf der Stelle, und während ringsherum immer noch die Feuerbälle flogen, sank das Flugzeug immer tiefer.
Wie schon beim Abflug spürte ich einen furchtbaren Druck auf meinen Ohren. Nein, diesmal war er sogar noch schlimmer. Ich klammerte mich an Thomas’ Arm und spürte, dass auch er zitterte. Schweißtropfen liefen an meinen Schläfen herab, Schweiß klebte das Shirt an meinem Körper fest. Ich schloss die Augen und spürte noch immer das Echo in mir rebellieren.
Immerhin hatte ich noch nicht gesungen. Das bedeutete wohl, dass es nicht so schlecht um uns stand.
Während die Zeit stillzustehen schien, kam der Boden immer näher, und auf meiner Seite sah ich nur Wasser. Dann ertönte ein lautes Krachen.
Ich schrie auf, denn die Lichter im Innenraum flackerten wild, und ich wartete jeden Augenblick auf den Aufprall. Dieser kam schließlich hart und schnell. Wir wurden heftig durchgeschüttelt, gegen die Sitze geschleudert und dann wieder zurück. Waren wir auf dem Wasser gelandet? Oder auf dem Boden? Ringsherum gingen die Lichter ganz aus.
Das Flugzeug kam zur Ruhe, jedenfalls erschien es mir im ersten Moment so, dann spürte ich ein Schwanken.
»Wir sind auf dem Wasser«, tönte Phemes Stimme. »Ich hoffe, ihr könnt alle schwimmen.«
Das friedliche Schaukeln des Flugzeugs hätte beinahe darüber hinweggetäuscht, dass es jeden Augenblick sinken konnte. Der Ausstieg aus dem Flieger würde sicher nicht einfach werden.
Nachdem Jean die Notbeleuchtung angestellt hatte, kamen er und Pheme nach hinten.
Er sah tatsächlich so aus wie die Satyren auf den Gemälden in seiner Villa. Sein Oberkörper und der Großteil seines Gesichts waren noch menschlich, aber sehr stark behaart, und seine Hose hing in Fetzen von ihm herab. Die wichtigsten Stellen bedeckte sie noch, aber da durch die Verwandlung der Umfang seiner Oberschenkel deutlich zugenommen hatte, hatte der Stoff natürlich nachgegeben. Jeans Beine ähnelten jetzt mehr den Hinterläufen eines Pferdes, natürlich mit den dazugehörigen Hufen anstelle der Füße. Seine Ohren sahen hingegen tatsächlich wie die einer Ziege aus, und an seiner Stirn sprossen sogar ein Paar Hörner.
Kein Zweifel, dieses Kostüm wäre der Kracher auf der Party gewesen.
»Mein schönes Flugzeug«, murrte er, während seine Hufe über den Boden klapperten. »Wenn ich diesen Wächter in die Finger bekomme, werde ich ihm was erzählen.«
»Viel Glück dabei«, entgegnete Pheme lachend. »Was denkst du? Kann ich die Tür aufmachen?«
»Die Maschine scheint vernünftig im Wasser zu liegen. Meinetwegen ja.«
»Gut, ich gehe zuerst
Weitere Kostenlose Bücher