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Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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Tyrannen entwickelt; nicht, dass sich irgendjemand darüber gewundert hätte. Die Jungen, die ihn früher gehänselt hatten, tanzten jetzt nach seiner Pfeife; wenn ihm an ihnen etwas nicht passte, schikanierte er sie nur, aber wehe dem, der es wagte, Leesha auch nur anzusehen - dann vergaß er sich völlig, und der Unglückliche wusste gar nicht, wie ihm geschah.
    Gared wartete immer noch auf Leesha und tat so, als rechne er fest damit, dass sie eines Tages zur Vernunft kommen und einsehen würde, dass sie zu ihm gehörte. Jeder Versuch, ihn vom Gegenteil zu überzeugen, prallte fruchtlos an seiner Sturheit und Engstirnigkeit ab.
    »Du bist nicht von hier«, hörte sie Gared sagen, der seinen Worten zusätzlich Nachdruck verlieh, indem er Marick einen heftigen Boxhieb gegen die Schulter verpasste. »Sonst wüsstest du, dass Leesha bereits in festen Händen ist.« Er baute sich vor dem Kurier auf wie ein erwachsener Mann, der einen schmächtigen Knaben überragt.
    Doch Marick zeigte sich unbeeindruckt, und trotz des tätlichen Angriffs wich er keinen Zoll zur Seite. Er rührte sich nicht vom Fleck, während er mit seinen Wolfsaugen Gareds wütenden Blicken standhielt. Leesha betete, er möge so klug sein, sich nicht auf einen Streit einzulassen.
    »Sie sagt aber etwas anderes«, entgegnete Marick, und Leeshas Hoffnung, die Situation könne doch noch glimpflich ausgehen, schwand. Sie schickte sich an, sich einzumischen, doch um die beiden Männer scharte sich bereits eine Menschentraube und versperrte ihr den Weg. Jetzt wünschte sie sich, sie hätte
Brunas Stock mitgenommen, mit dem sie sich gewaltsam eine Gasse hätte bahnen können.
    »Hat sie dir vielleicht irgendein Versprechen gegeben, Kurier?«, wollte Gared wissen. »Mir hat sie einen Eid geschworen.«
    »Davon habe ich gehört«, versetzte Marick. »Mir ist aber auch zu Ohren gekommen, dass du offenbar der einzige Schwachkopf im Tal bist, der nicht mitgekriegt hat, dass diese Worte nicht mal mehr Horclingpisse wert sind, nachdem du das Mädchen verraten hast.«
    Gared stieß ein wildes Gebrüll aus und griff nach dem Kurier, aber Marick war schneller. Geschmeidig wich er zur Seite aus, schnappte sich seinen Speer und rammte dem Holzfäller das Ende des Schaftes direkt zwischen die Augen. Mit einer unglaublich flinken Bewegung wirbelte er dann den Speer herum und schlug ihn Gared in die Kniekehlen, während dieser rückwärts taumelte, und der Hüne landete schwer auf dem Rücken.
    Marick stellte den Speer senkrecht und funkelte Gared mit seinen kalten Wolfsaugen zufrieden an. »Ich hätte ebenso gut die Spitze einsetzen können«, erklärte er. »Du bist gut beraten, wenn du das nicht vergisst. Leesha trifft ihre eigenen Entscheidungen.«
    Die Leute begafften mit offenen Mündern die ungewöhnliche Szene, doch Leesha setzte ihre verzweifelten Bemühungen fort, sich durch die Menschentraube zu pflügen; sie kannte Gared und wusste, dass die Auseinandersetzung noch lange nicht vorbei war.
    »Hört auf mit diesem Blödsinn!«, schrie sie. Marick sah sie an, und diesen Moment der Unachtsamkeit nutzte Gared aus, um das Ende des Speers zu packen. Der Kurier reagierte schnell, umklammerte den Schaft mit beiden Händen und wollte ihn Gared entreißen.

    Das war das Dümmste, was er hätte tun können. Gared verfügte über die Kräfte eines Baumdämons, und selbst in seiner jetzigen Lage am Boden vermochte er sie einzusetzen. Keiner war so stark wie er. Eine Anspannung der gewaltigen Armmuskeln, und plötzlich segelte Marick durch die Luft.
    Gared sprang auf die Füße und brach den sechs Fuß langen Speer durch, als sei er ein dürrer Zweig. »Mal sehen, wie gut du kämpfen kannst, wenn du dich nicht hinter einem Speer versteckst«, knurrte er und warf die beiden Speerhälften auf den Boden.
    »Gared, nein!«, kreischte Leesha, drängte sich durch die ganz vorne stehenden Gaffer und fiel dem Holzfäller in den Arm. Gared stieß sie zur Seite, ohne Marick auch nur eine Sekunde lang aus den Augen zu lassen. Dieser einfache Schubs genügte, um Leesha in die Menge zurückzuschleudern; sie prallte gegen Dug und Niklas, und alle drei stürzten in einem Knäuel aus Armen und Beinen zu Boden.
    »Aufhören!«, brüllte sie in heller Verzweiflung und versuchte, sich wieder hochzurappeln.
    »Kein anderer Mann will dich haben!«, schnauzte Gared. »Wenn du mich abweist, dann endest du als einsames, verhutzeltes altes Weib wie Bruna!« Er stakste auf Marick zu, der es gerade erst

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