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Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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Oberfläche eine ganze Stadt Platz fand. Er schaute über ungeheure gelbe Sandflächen, die sich in der Ferne verloren, und in einem dichten Wald verbarg sich eine von Mauern umgebene Festung.
    Doch all diese Bilder sah er durch zwei Beine, die langsam vor seinen Augen hin und her pendelten. Und als er den Blick hob, erkannte er sein eigenes Gesicht, das sich in der Schlinge violett verfärbte.

    Mit einem Ruck wachte er auf; sein Bettzeug war von Schweiß durchnässt. Es war noch dunkel, aber am Horizont zeichnete sich ein schwacher Lichtschimmer ab, wo der indigoblaue Himmel in ein mattes Rot überging. Er zündete einen Kerzenstumpf an, zwängte sich in seine Latzhose und stolperte hinaus in die Wohnstube. Auf einer Brotkruste kauend, griff er nach dem Eierkorb und den Milchkannen und stellte alles neben der Tür ab.
    »Du bist ja früh auf«, hörte er hinter sich eine Stimme. Erschrocken warf er sich herum und sah Norine, die ihn anstarrte. Marea lag noch auf ihrem behelfsmäßigen Bett, doch sie wälzte sich im Schlaf unruhig hin und her.
    »Der Tag wird nicht länger, wenn man morgens lange schläft«, entgegnete er.
    Norine nickte. »Das sagte mein Mann auch immer«, erzählte sie. »Bauern und Holzfäller können nicht bei Kerzenschein arbeiten, so wie die Leute, die rings um den Stadtplatz ihre Werkstätten betreiben.«
    »Ich habe viel zu tun«, erwiderte Arlen und linste durch die Fensterläden, um nachzusehen, wie lange es noch dauern würde, bis er gefahrlos den durch Siegel geschützten Bereich verlassen konnte. »Heute Mittag gibt der Jongleur eine Vorstellung.«
    »Das dachte ich mir«, entgegnete Norine. »Als ich in deinem Alter war, gab es für mich nichts Wichtigeres auf der Welt als den Jongleur. Ich helfe dir bei der Arbeit.«
    »Danke, aber das ist nicht nötig«, lehnte Arlen höflich ab. »Mein Dad sagt, du brauchst jetzt Ruhe.«
    Norine schüttelte den Kopf. »Wenn ich untätig herumsitze, kreisen meine Gedanken doch nur um Dinge, über die ich besser nicht nachdenken sollte. Solange ich bei euch wohne, will ich mir Kost und Logis verdienen. Früher habe ich Bäume gefällt.
Glaubst du, da wäre es für mich zu anstrengend, die Schweine zu füttern und Mais zu pflanzen?«
    Arlen zuckte die Achseln und reichte ihr den Eierkorb.
    Mit Norines Hilfe ging die Arbeit zügig voran. Sie lernte schnell, und harte Arbeit machte ihr nichts aus. Durch ihren Umgang mit der Holzfälleraxt war sie beinahe so stark wie ein Mann und vermochte schwere Lasten zu heben. Als dann das Aroma von gebratenen Eiern mit Speck vom Haus herüberwehte, waren sämtliche Tiere gefüttert, die frisch gelegten Eier eingesammelt und die Kühe gemolken.
    »Hör auf herumzuhampeln und sitz still!«, ermahnte Silvy Arlen beim Frühstück.
    »Der Junge kann es nicht abwarten, den Jongleur zu sehen«, warf Norine ein.
    »Vielleicht kannst du morgen zu seiner Vorstellung«, verkündete Jeph. Arlen war entsetzt.
    »Was?«, schrie er. »Aber …«
    »Kein Wenn und Aber«, schnitt Jeph ihm das Wort ab. »Gestern ist eine Menge Arbeit liegengeblieben, und ich habe Selia versprochen, am Nachmittag zu den Holzfällerhütten zu kommen und die Leute zu unterstützen.«
    »Lass den Jungen ruhig zur Vorstellung gehen«, sagte Norine, nachdem Arlen vom Tisch aufgestanden war. »Marea und ich können seine Aufgaben übernehmen.« Marea hob den Kopf, als sie ihren Namen hörte, doch schon im nächsten Moment stocherte sie wieder wie abwesend in ihrem Essen herum.
    »Arlen hatte gestern einen anstrengenden Tag«, wandte Silvy ein. Sie biss sich auf die Lippe. »Er hat eine Menge durchgemacht. Wir alle wurden schwer geprüft. Vielleicht kann der Jongleur ihn ein bisschen aufmuntern. Schließlich gibt es im Moment nichts zu tun, was nicht ohne weiteres um einen Tag aufgeschoben werden könnte.«

    Nach einer Weile nickte Jeph. »Arlen!«, rief er. Als der Junge mit schmollendem Gesicht auftauchte, fragte Jeph: »Wie viel verlangt der alte Vielfraß, damit man die Vorstellung des Jongleurs sehen darf?«
    »Von mir verlangt er gar nichts«, erwiderte Arlen hastig, um seinem Vater keinen Grund zu geben, ihm das Vergnügen zu verweigern. »Weil ich geholfen habe, das Zeug vom Karren des Kuriers abzuladen und ins Haus zu schleppen.« Das entsprach nicht ganz der Wahrheit, und vermutlich würde der alte Vielfraß es ihm übel nehmen, weil er vergessen hatte, den Leuten vom Auftritt des Jongleurs zu erzählen; aber wenn es ihm gelang, unterwegs die

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