Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
Vom Netzwerk:
Lizenz zu bekommen, muss man sich auf einem Gebiet hervortun, das über diese Grundkenntnisse hinausgeht.«
    »Fiedel ihm was vor, Junge, wie du es bei mir gemacht hast«, warf Jaycob zuversichtlich ein. Rojer nickte. Seine Hände zitterten ein wenig, als er die Fiedel aus dem Kasten holte, doch als seine Finger sich um das glatte Holz schlossen, wurde seine Angst weggespült wie Staub in einem Bad. Er fing an zu spielen, den Gildemeister vergessend, während er ganz in seiner Musik aufging.
    Er hatte noch nicht lange gespielt, als ein lauter Ruf ihn aus dem Zauberbann der Musik herausriss. Der Bogen rutschte von den Saiten, und in der darauf folgenden Stille donnerte eine Stimme hinter der Tür:
    »Nein, ich werde nicht warten, bis irgendein dummer Lehrling seine Prüfung beendet hat! Platz da!« Man hörte scharrende Geräusche, ehe die Tür aufgerissen wurde und Meister Jasin ins Zimmer stürmte.
    »Ich bitte um Vergebung, Gildemeister«, entschuldigte sich der Sekretär, »aber er wollte nicht warten.«
    Cholls winkte den Sekretär fort, als Jasin auf ihn zurauschte. »Du schickst Edum zum Ball des Herzogs?«, brüllte er. »Seit zehn Jahren trete ich bei diesem Fest auf! Wenn das mein Onkel erfährt!«

    Cholls verschränkte entschlossen die Arme über der Brust. »Der Herzog selbst hat diesen Wechsel verlangt«, erklärte er. »Wenn deinem Onkel das nicht passt, schlage ich vor, er wendet sich an Seine Gnaden!«
    Jasin blickte finster drein. Es war höchst zweifelhaft, dass der Erste Minister Janson sich wegen einer Vorstellung seines Neffen mit dem Herzog anlegen würde.
    »Wenn das alles ist, Jasin, dann bitte ich dich, wieder zu gehen«, fuhr Cholls fort. »Der junge Rojer hier legt gerade seine Lizenzprüfung ab.«
    Jasin fasste Rojer ins Auge, und er erkannte ihn sofort wieder. »Wie es scheint, hast du diesem Trunkenbold einen Tritt in den Hintern gegeben«, höhnte er. »Hoffentlich hast du ihn nicht gegen dieses alte Fossil eingetauscht.« Mit dem Kinn deutete er auf Jaycob. »Mein Angebot von damals steht noch, falls du für mich arbeiten möchtest. Zur Abwechslung könnte Arrick mal bei dir um Almosen betteln, was?«
    »Meister Arrick wurde vor zwei Jahren auf der Straße von Horclingen getötet«, warf Cholls ein.
    Jasin wandte sich an den Gildemeister und fing schallend an zu lachen. »Fabelhaft!«, krähte er. »Diese gute Nachricht hat mich für die Pleite, beim herzoglichen Ball nicht auftreten zu dürfen, mehr als entschädigt.«
    In diesem Moment schlug Rojer zu.
    Ihm wurde erst bewusst, was er getan hatte, als er über dem Meister stand und seine Fingerknöchel schmerzten und bluteten … Als seine Faust auf Jasins Nase landete, hatte er gespürt, wie der Knochen knackend nachgab, und er wusste, dass er auf keine Lizenz mehr hoffen durfte; doch in diesem Augenblick war ihm das völlig egal.
    Jaycob packte ihn und zerrte ihn zurück, während Jasin auf die Füße sprang und zu einem Schwinger ausholte.

    »Dafür bringe ich dich um, du kleiner …!«
    Im Nu warf sich Cholls dazwischen. Jasin zappelte in seinem Griff, doch der stämmige Gildemeiser hatte keine Mühe, ihn zu bändigen. »Das reicht, Jasin!«, schnauzte er. »Du wirst niemanden umbringen!«
    »Du hast doch gesehen, was er getan hat!«, schrie Jasin, dem das Blut aus der Nase strömte.
    »Aber ich habe auch gehört, was du gesagt hast!«, brüllte Cholls zurück. »Ich war drauf und dran, dir selbst eins in die Fresse zu hauen!«
    »Wie soll ich heute Abend singen?«, näselte Jasin. Seine Nase begann schon anzuschwellen, und mit jedem Moment verstärkte sich sein Nuscheln.
    Cholls funkelte ihn wütend an. »Ich schicke einen Ersatz, der deine Vorstellung übernimmt«, erklärte er. »Die Gilde wird dir den Verlust ersetzen. Daved!« Der Sekretär steckte den Kopf durch die Tür. »Begleite Meister Jasin zu einer Kräutersammlerin und sag, sie soll die Rechnung hierherschicken.«
    Daved nickte und schickte sich an, Jasin zu helfen. Der Meister schubste ihn zur Seite. »Die Sache ist noch nicht vorbei«, drohte er Rojer, als er ging.
    Nachdem die Tür sich hinter Jasin und dem Sekretär geschlossen hatte, stieß Cholls einen tiefen Seufzer aus. »Tja, Junge, da hast du dir was Schönes eingebrockt. Diesen Kerl wünsche ich keinem als Feind.«
    »Er war schon vorher mein Feind«, widersprach Rojer. »Du hast es ja selbst gehört.«
    Cholls nickte. »Ja, allerdings, trotzdem hättest du dich beherrschen müssen. Was wirst du tun, wenn

Weitere Kostenlose Bücher