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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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wollte sie anfangen, allein schon, damit es am kommenden Morgen nicht zu spät wurde. Diesmal gedachte sie nämlich, früh aufzustehen und nicht erst bei Nacht in Christchurch einzutreffen. Das Beste wird sein, dachte sie, noch am Abend kurz bei Barrister vorzusprechen, um einen Termin für den nächsten Tag auszuhandeln.
    Als fast eine Stunde verstrichen war, reichte es Kura. Wenn William nicht von selbst kam, würde sie ihn eben holen. Sie zog einen Morgenmantel über, fuhr sich noch einmal übers Haar und begab sich auf die große Treppe zum Salon. Er sollte sie kommen sehen, betörend schön in ihrem Nachtgewand, und einsam ...
    Kura schwebte die Treppe herunter.
    Aber William war nicht im Salon. Tatsächlich hatte man dort schon das Licht gelöscht; es sah aus, als wären alle zu Bett gegangen. Ob William sich tatsächlich ohne einen einzigen Versuch, bei ihr zu klopfen, in sein Schlafzimmer verzogen hatte? Nach diesem Auftritt? Kura beschloss, ihm das nicht vorzuwerfen, sondern ein bisschen reumütig zu tun. Schließlich hatte sie ihn so oft abgewehrt, da war es verständlich, dass er alle Hoffnung aufgegeben hatte. Umso wirkungsvoller würde die Strategie dieser Nacht ...
    Kura schlich sich mit katzenhaften Bewegungen in Williams Räume. Sie würde ihn wach küssen und über ihm sein, wenn er die Augen aufschlug. Aber da lag niemand in den Kissen, Williams Bett war unberührt. Kura runzelte die Stirn. Jetzt kam eigentlich nur noch das Kinderzimmer in Frage. Vielleicht hatte William ja noch mal nach Gloria sehen wollen und tröstete sie jetzt, weil sie weinte. Das hatte Kura zwar noch nie beobachtet, aber sie wusste ja auch nicht, wie er sonst seine Nächte verbrachte.
    Gleich darauf sollte sie es wissen. Im Kinderzimmer herrschte tiefe Ruhe, und auch nebenan, aus Jacks Zimmer, drang kein Laut. Dafür allerdings Lachen und Stöhnen aus den Zimmern von Miss Witherspoon. Kura fackelte nicht lange. Sie riss die Tür auf ...
     
    »Sie ist weg? Was heißt das, sie ist weg?«, fragte Gwyneira verblüfft, die ein bisschen verschlafen zum Frühstück heruntergekommen war. James und sie hatten sich am vergangenen Abend mit einer guten Flasche Wein über Carmen hinweggetröstet und den Abend dann sehr liebevoll ausklingen lassen. Nun war sie verstimmt, weil William gleich wieder etwas von ihr wollte. »Kommen Sie, William, Kura reitet nicht, und sie fährt nicht. Sie kann Kiward Station gar nicht verlassen haben.«
    »Sie war gestern ein wenig aufgelöst ... sie hat da wohl etwas missverstanden ...«, druckste William herum.
    Tatsächlich hatte Kura nur einen glühenden Blick auf ihn und Heather im Bett geworfen, einen Blick, der fast so etwas wie Hass ausdrückte. Oder eher Enttäuschung, Widerwillen ... William hatte ihren Ausdruck nicht zu deuten gewusst. Er hatte sie auch nur Bruchteile von Sekunden gesehen; nachdem sie begriffen hatte, was vor sich ging, war sie Hals über Kopf aus dem Zimmer gestürmt. William klopfte gleich darauf bei ihr an, doch sie antwortete nicht. Auch nicht, als er es wieder und wieder versuchte. Schließlich hatte er es aufgegeben und sich in sein eigenes Zimmer zurückgezogen, wo er dann keinen Schlaf fand. Erst gegen Morgen übermannte ihn die Müdigkeit.
    Nach dem Aufstehen wollte er noch einmal versuchen, mit Kura zu reden. Als er dann jedoch in ihre Räume ging, fand er die Türen weit offen. Und sie war fort.
    »Ich habt euch gestritten?«, tastete Gwyneira sich vor.
    »Nicht direkt ... na ja, schon, aber ... Wo um Himmels willen kann sie stecken?« William wirkte beinahe verängstigt. Kura hatte sich so seltsam verhalten. Und auch wenn er es jetzt nicht zugab, so hatte er doch einen Brief von ihr gefunden. Er hatte auf dem Tisch in ihrem Ankleidezimmer gelegen.
    Das ist es nicht wert.
    Nicht mehr und nicht weniger hatte in dem Brief gestanden. Aber Kura konnte sich doch nichts angetan haben! William dachte mit Entsetzen an den See beim Maori-Dorf.
    »Na, als Erstes würde ich vielleicht mal in Christchurch suchen«, meinte James gemütlich, der in bester Laune die Treppe herunterkam. »Da wollte sie doch wohl hin, nicht?«
    »Aber doch nicht zu Fuß«, gab William zu Bedenken.
    »Kura ist mit Tiare weggefahren«, das war Jack. Er kam eben von draußen herein, gefolgt von seinem Welpen, anscheinend hatte er schon im Stall nach dem Rechten gesehen. »Ich hab sie gefragt, ob sie Gloria nicht Auf Wiedersehen sagen wolle, aber sie hat mich überhaupt nicht angeguckt. Hatte wohl ein

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