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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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schien es, als hätten sie sich abgesprochen. Lainie parierte sogar zum Trab durch, was sich gleich darauf als klug erwies. Mitten auf dem Weg kam ihnen Caleb Biller entgegen, seinen prachtvollen Hengst am Zügel und jämmerlich hinkend.
    Elaine stellte mitleidlos fest, dass der Rappe zumindest klar ging. Er war auch nicht schmutzig. Also hatte es wohl nur den Reiter aus dem Sattel geworfen.
    »Er hat gescheut!«, beklagte sich Caleb denn auch gleich. Die Ursache des Missgeschicks war leicht auszumachen. Mitten auf dem Weg stand – trotz der drei zurückliegenden sonnigen Tage – eine große Pfütze, undenkbar auf englischen Rennplätzen. Der Rappe hatte so etwas noch nie gesehen und war nach der knapp genommenen Kurve heillos erschrocken.
    »Ist halt Pech!«, entgegnete Tim seinem geschlagenen Konkurrenten. Es klang nicht sehr mitfühlend.
    »Warum steigt er denn nicht einfach wieder auf?«, fragte Lainie, als sie wieder angaloppierte. »Das Pferd ist doch in Ordnung, es kann immer noch gewinnen!«
    Tim grinste. »Aber Caleb Biller ist nicht der mutigste Reiter. Der hat sich schon als Kind auf seinem Pony zu Tode gefürchtet. Ich frag mich schon den ganzen Tag, wie der Alte ihn auf den Hengst bekommen hat!«
    Elaine kicherte. Sie fühlte sich seltsam leicht und fast wie betrunken. Seit Jahren hatte sie nicht mehr so viel Spaß gehabt wie bei diesem Rennen – und dabei bestritt sie es zusammen mit einem Mann! Es musste an der Ausnahmesituation des Rennens liegen, jedenfalls fürchtete sie sich im Moment kein bisschen vor Timothy Lambert. Im Gegenteil, sie freute sich an seinem Anblick, seiner schlanken, aber kräftigen Gestalt auf dem Apfelschimmel, seinen braunen Locken, die im Wind flogen, seinen freundlichen Augen und seinem häufigen Lachen, das Fältchen in seine Mundwinkel schnitt.
    Inzwischen war die Schlussmeile angebrochen, und die beiden sahen endlich ihren letzten Konkurrenten vor sich: Der Steiger von Blackball auf dem Mietpferd, ein krasser Außenseiter. Aber das leichte braune Pferd schien zäh zu sein, und er selbst war sicher ein versierter Reiter. Allerdings ein Schlitzohr. Als Elaine und Tim zum Überholen seines deutlich ermüdeten Wallachs ansetzten, begann er, Schlangenlinien zu reiten. Außerdem hielt er seine Reitgerte weit nach außen, und Fellow traute sich nicht daran vorbei. Elaine versuchte es auf der anderen Seite, aber der Weg war schmal, und auch der braune Wallach mochte sich nicht überholen lassen. Er drohte Banshee und biss in ihre Richtung. Erschrocken ließ die Stute sich zurückfallen.
    »Der Mistkerl lässt uns nicht vorbei!«, empörte Elaine sich mit zornblitzender Miene.
    Tim musste lachen. Solche Ausdrücke war er von der »Heiligen von Greymouth« absolut nicht gewöhnt.
    Er selbst brüllte den Reiter jetzt mit befehlsgewohnter Stimme an, aber der dachte gar nicht daran, sich dem Erben der Lambert-Mine zu beugen. Er behielt seine Verfolger im Blick und den Schlingerkurs bei.
    Elaine überlegte fieberhaft. Bis zum Ziel waren es vielleicht noch tausend Meter, und der Weg blieb schmal. Dazu würde er sehr bald von Zuschauern gesäumt sein, was jeden Überholversuch noch riskanter machte. Nur an einer Stelle verbreiterte sich der Weg, nämlich bei Wiedereintritt auf das Gelände der Mine. Die Strecke führte durch das Haupttor, und davor befand sich eine Art Parkplatz, auf dem sich oft Frachtwagen stauten. Jetzt war der Bereich natürlich frei, falls da nicht auch schon Leute standen. Platz genug zum Überholen war da, aber die Strecke war sehr kurz. Es sei denn ...
    Elaine beschloss, es zu wagen. Als der Weg sich verbreiterte, lenkte sie Banshee entschlossen nach links – dort befanden sich nur zwei oder drei Grüppchen, die rasch auseinanderstoben, als Lainie »Bahn frei!« rief. Banshee schloss neben dem anderen Reiter auf, doch vor dem Tor schaffte sie es nicht, ihn zu überholen und zurück auf den Weg zu kommen.
    Tim, der hinter Lainie ebenfalls beschleunigt hatte, verstand zuerst nicht, was sie vorhatte. Erst als sie keine Anstalten machte, vor dem anderen Reiter wieder einzuscheren, sondern Banshee geradeaus auf den Zaun zuhielt und anfeuerte, begriff er – und musste seinen ganzen Mut aufbringen, Fellow nicht zu zügeln. Aber da flog die Schimmelstute auch schon über den Zaun, der die Mine umgab, zog danach weiter an und ließ den verblüfften jungen Steiger auf seinem Mietpferd hinter sich. Tim hatte keine Zeit mehr zu denken. Fellow sprang bereits ab und nahm

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