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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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ist auf Reisen. Bleibst du länger in der Stadt?«
    William erzählte zuerst ein bisschen von sich, während er Heather und den Mädchen in eine ruhige Wohnstraße folgte. Die Familie bewohnte hier ein hochherrschaftliches Haus. Um Heathers Ruf brauchte William sich ebenfalls keine Sorgen zu machen; ein Hausmädchen öffnete den beiden, knickste und nahm ihm seinen Mantel ab. Heather schaute wohlgefällig zu, wie er seine Visitenkarte in der dafür vorgesehenen Schale deponierte.
    »Bring uns Tee und Gebäck in den Salon, Sandy«, wies Heather das Mädchen an. »Die Kinder nehmen ihren Tee auf ihrem Zimmer. Du kannst sie beaufsichtigen, wenn du serviert hast.«
    Das Mädchen knickste. William kam das Ganze ein bisschen unwirklich vor.
    »Es ist eine große Erleichterung, wenn man nicht mit Maori-Personal arbeiten muss!«, plauderte Heather, während sie William in ihren kostbar eingerichteten Salon führte. Die Wohnung war mindestens so gediegen eingerichtet wie die Räume auf Kiward Station. Allerdings nicht von Heather selbst. Deren Geschmack kannte William schließlich von ihren gemeinsamen Bemühungen um Kuras Wohnung. Bei diesem Mr. Redcliff hatte sie sich buchstäblich ins gemachte Nest gesetzt. »Sandy ist zwar auch ein einfaches Mädchen – sie kommt aus einer Bergarbeiterfamilie in Westport –, aber man kann sie zumindest auf Englisch ansprechen und muss sie nicht immerzu daran erinnern, Schuhe anzuziehen.«
    William hatte das Maori-Hauspersonal auf Kiward Station zwar nie als besonders unzivilisiert empfunden, nickte Heather jedoch aufmunternd zu. Vielleicht erzählte sie jetzt ja endlich, wie sie nach Blenheim gekommen war.
    »Oh, ich hatte einfach Glück!«, erklärte sie, als der Tee schließlich vor ihnen stand und sie an einem der Küchlein knabberte. »Nachdem du kein Interesse gezeigt hattest, mit mir weiterzureisen«, sie warf ihm einen kalten Blick zu, und William senkte schuldbewusst die Augen, »habe ich mich von einer Kutsche aus Haldon nach Christchurch mitnehmen lassen. Ich wollte zurück nach London, aber das nächste Schiff fuhr erst ein paar Tage später, sodass ich mich erst mal im White Hart einmietete. Tja, und da traf ich Mr. Redcliff. Julian Redcliff. Er sprach mich im Frühstückszimmer an ... äußerst höflich, nachdem er mich durch die Wirtin um ein Gespräch hatte bitten lassen. Julian ist sehr darauf bedacht, dass alles korrekt abläuft.«
    Wieder ein vielsagender Blick zu William, der sich bemühte, noch zerknirschter auszusehen. Zumal er die Botschaft »Im Gegensatz zu dir ist Mr. Redcliff ein Gentleman« durchaus verstanden hatte.
    »Jedenfalls wollte er mich bitten, während der Überfahrt nach London ein Auge auf seine Töchter zu haben. Sie sollten allein reisen und in England ein Internat besuchen.« Heather spielte an ihrer Frisur herum, bis sich eine Haarsträhne löste und über ihr rechtes Ohr fiel.
    Hübsch sah das aus. William wagte ein bewunderndes Lächeln.
    »Die kleinen Mädchen?«, fragte er dann ungläubig.
    »Das hat Mr. Redcliff ja auch das Herz gebrochen!«, erklärte Heather eifrig. »Aber seine Frau war kurz zuvor verstorben, und er arbeitet bei der Eisenbahn.«
    »Vermutlich nicht an den Schienen ...«, bemerkte William und ließ den Blick durchs Zimmer schweifen.
    Heather lächelte stolz. »Nein, bei der Bauleitung. Sie verbinden die Ostküste jetzt mit all den Bergwerksorten an der Westküste. Das ist ein Riesenprojekt, und Mr. Redcliff ist an verantwortlicher Stelle tätig. Er muss dabei leider sehr viel reisen ... absolut unmöglich, die Kinder allein großzuziehen.«
    William schwante es. »Es sei denn, man hat eine vertrauenswürdige, wohl beleumundete Gouvernante.«
    Heather nickte eifrig. »Er war entzückt, als er von meinen Referenzen hörte, und ich war auch gleich ganz hingerissen von Annie und Lucie. Sie sind ...«
    Sie sind ganz anders als Kura, vervollständigte William in Gedanken, sprach es diesmal aber nicht aus. Heathers Zuneigung zu ihren Stiefkindern war offensichtlich echt.
    »Wir sind dann also nicht nach England gefahren, weder die Kinder noch ich. Stattdessen habe ich Mr. Redcliff hier den Haushalt geführt. Dabei sind wir einander auch gefühlsmäßig nähergekommen. Nach Ablauf des Trauerjahres haben wir geheiratet.« Heather strahlte William an, der ihr Lächeln erwiderte. Er dachte an Mr. Redcliff. Der leidenschaftlichste aller Männer konnte der jedenfalls kaum sein – wenn er seine Frau nach all der Zeit immer noch nicht

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