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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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heute alle Hände voll zu tun – wobei es allerdings sein kann, dass die Öfen sowieso angeheizt sind. Wir haben neue Gäste, und die möchten vielleicht auch ein Bad nehmen.«
    Sie lief rasch in die Küche und schaute fast neidisch auf die Möhren schnippelnde Laurie. Sie hätte sich auch lieber hier versteckt gehalten, statt draußen womöglich noch diesem Sideblossom zu begegnen. Andererseits war sie gerade auf ihn ein bisschen neugierig ...
    Laurie hob den Kopf von ihrer Arbeit und dachte kurz nach. »Das Badehaus? Tja, angeheizt haben wir’s. Aber ob das Wasser für drei Leute reicht? Mr. Dipps soll sparsam sein. Das sollte er als Bankier ja können.«
    Mr. Dipps hatte die Bemerkung gehört – Elaine hatte vergessen, die Türen zu schließen – und lachte vergnügt. »Ich werde versuchen, meiner Bank Ehre zu machen. Wenn nicht, schleppe ich eigenhändig ein paar Eimer rauf, versprochen. Haben Sie den Schlüssel, Miss Lainie?«
    Elaine suchte nach dem Schlüssel zum Badehaus und überhörte dabei ein neuerliches Klingen des Windspiels. So sah sie sich dem neuen Gast unvorbereitet gegenüber, als sie den Schlüssel endlich in einer Schublade gefunden hatte und sich zu Mr. Dipps umwandte. Der große, dunkelhaarige Mann stand hinter dem Bankier und fixierte Elaine aus unergründlichen braunen Augen.
    Sie erschrak über sein plötzliches Auftauchen fast zu Tode, senkte den Blick und lief rot an. Gleichzeitig erwachte in ihr Zorn auf sich selbst. So konnte sie sich hier nicht verhalten! Der Mann musste sie für eine hoffnungslos dumme Gans halten. Sie zwang sich, ihn anzuschauen.
    »Guten Abend, Sir. Was kann ich für Sie tun?«
    Der Mann ließ den Blick über sie schweifen und entschied sich erst dann, ihr ein Lächeln zu gönnen. Er war sehr groß und athletisch, und sein Gesicht war scharf geschnitten, fast schon ein wenig kantig. Sein Haar war lockig und ordentlich gekämmt, als käme er von einer geschäftlichen Besprechung.
    »Thomas Sideblossom. Meinen Schlüssel, bitte. Und den Schlüssel zum Badehaus, wir hatten vorbestellt.«
    Mr. Dipps lächelte ihn entschuldigend an. »Den habe ich gerade. Wenn ich mich auch als Führer anbieten darf, brauchen wir Miss Laurie nicht zu stören.«
    »Ich ... ich kann auch den Hausdiener rufen, wenn mehr Wasser gebraucht wird«, stammelte Elaine.
    »Ich denke, wir kommen zurecht«, meinte Sideblossom kurz. »Vielen Dank, Miss Laurie.«
    »Nein, ich wollte sagen, vielen Dank, aber ich ... also, ich bin nicht Laurie ...« Elaine sah den jungen Mann jetzt offener an und freute sich über sein Lächeln. Es ließ seine Züge weicher erscheinen.
    »Wie heißen Sie dann?«, fragte er freundlich. Er schien ihr Gestammel nicht übel zu nehmen. »Elaine«, sagte sie.
     
    Thomas Sideblossom hatte nicht viel Erfahrung mit 
pakeha
-Mädchen. Es gab einfach keine im Umkreis der Farm, auf der er aufgewachsen war, und auf seinen wenigen Reisen hatte er lediglich Kontakt zu ein paar Huren gehabt. Die hatten ihn allerdings kaum befriedigt. Wenn Thomas lustvoll an eine Frau dachte, erschien eher ein brauner, breithüftiger Körper vor seinem inneren Auge als ein hellhäutiges Geschöpf. Das Haar sollte glatt sein und schwarz, lang genug, um es sich um die Finger zu wickeln, die Hand darum zu legen wie um einen Zügel. Er vertrieb das Bild von Unterwürfigkeit – einem hochgeworfenen Kopf, einem zum Schrei geöffneten Mund. Er vertrieb den Gedanken an Emere. Das alles gehörte nicht hierher. Denn auch wenn er nicht viel von ehrbaren 
pakeha
-Mädchen wusste – schon die frechen kleinen Dinger in den Freudenhäusern hatten ihm klargemacht, dass er nicht annähernd das von ihnen erwarten konnte, was Emere für seinen Vater tat.
    Wenn er heiraten wollte, musste er also Kompromisse schließen. Und Heiraten war unumgänglich; Thomas Sideblossom brauchte einen Erben. Auf keinen Fall konnte er riskieren, dass sein Vater und dessen neue Frau womöglich einen kleinen Rivalen für ihn zeugten. Ganz abgesehen davon, dass er es nicht mehr aushielt. All diese Frauen im Haus, die durchweg John Sideblossom gehörten ... oder die tabu waren, weil sie ... nein, auch darüber durfte Thomas nicht nachdenken. Für ihn stand nur fest, dass er eine Frau für sich allein brauchte, die ihm gehörte und die nie zuvor einem anderen gehört haben durfte. Es musste ein passendes Mädchen sein, aus gutem Hause. Aber keins dieser kichernden, selbstbewussten Geschöpfe, die Geschäftspartner ihm hin und wieder

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