Das Lied von Eis und Feuer 03 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 03 - A Clash of Kings (Pages 1-332)
Bastards angesehen, ganz wie Ned Stark und vor ihm Jon Arryn es taten. Möglicherweise hat es ihm jemand ins Ohr geflüstert.« Das tiefe, kehlige Lachen des Eunuchen ähnelte kaum seinem üblichen Kichern.
»Jemand wie Ihr, vielleicht?«
»Stehe ich unter Verdacht? Ich war es nicht.«
»Falls doch, würdet Ihr es offen zugeben?«
»Nein. Aber aus welchem Grund sollte ich ein Geheimnis verraten, das zu wahren ich mich schon seit so langer Zeit mühe? Es ist eine Sache, einen König zu betrügen, und eine ganz andere, sich vor der Grille im Gebüsch und dem kleinen Vögelchen im Schornstein zu verbergen. Außerdem waren die Bastarde kein Geheimnis.«
»Roberts Bastarde? Was ist mit ihnen?«
»Er hat acht gezeugt, soweit ich weiß«, erklärte Varys, während er mit dem Sattel kämpfte. »Ihre Mütter hatten kupferrote oder honigblonde, kastanienbraune oder strohfarbene Haare, doch ihre Kinder waren alle schwarz wie Raben … und wurden alle unter dem gleichen schlechten Omen geboren, scheint es. Joffrey, Myrcella und Tommen glitten jedoch golden wie die Sonne zwischen den Schenkeln Eurer Schwester hervor, und so war die Wahrheit nicht schwer zu erraten.«
Tyrion schüttelte den Kopf. Hätte sie ihrem Gemahl nur ein einziges Kind geboren, hätte es gereicht, um jeglichen Verdacht auszuräumen … aber dann wäre sie eben nicht Cersei gewesen. »Falls Ihr nicht derjenige seid, der es Stannis ins Ohr geflüstert hat, wer dann?«
»Zweifellos ein Verräter.« Varys zog den Sattelgurt fest.
»Kleinfinger?«
»Ich nenne keinen Namen.«
Der Eunuch half ihm aufs Pferd. »Lord Varys«, verabschiedete er sich vom Sattel aus, »manchmal denke ich, Ihr seid der beste Freund, den ich hier in Königsmund habe, und zu anderen Zeiten erscheint Ihr mir wie mein schlimmster Feind.«
»Sehr eigentümlich. Ich hege Euch gegenüber das gleiche Gefühl.«
BRAN
Lange bevor die ersten bleichen Finger des Lichts durch die Läden von Brans Zimmer krochen, hatte er die Augen aufgeschlagen.
Winterfell hatte Gäste, Besucher, die zum Erntefest erschienen waren. Am heutigen Morgen würden sie im Hof gegen die Stechpuppe antreten. Früher einmal hätte ihn diese Aussicht mit freudiger Erregung erfüllt, aber das war vorher gewesen.
Jetzt nicht mehr. Die Walders würden Lanzen gegen die Knappen aus Lord Manderlys Eskorte brechen, doch Bran würde daran keinen Anteil haben. Er musste im Solar seines Vaters den Prinzen spielen. »Hört gut zu, und vielleicht lernt Ihr, was man braucht, wenn man ein Lord werden will«, hatte Maester Luwin ihn aufgefordert.
Bran hatte niemals den Wunsch geäußert, ein Prinz zu sein. Stets hatte er nur von der Ritterschaft geträumt; von einer glänzenden Rüstung und wehenden Bannern, von Lanze und Schwert und von einem Schlachtross zwischen seinen Schenkeln. Warum musste er seine Zeit damit verschwenden, alten Männern zu lauschen, deren Worte er nur halb begriff? Weil du ein Krüppel bist , erinnerte ihn eine Stimme in seinem Kopf. Ein Lord in seinem gepolsterten Stuhl konnte ruhig verkrüppelt sein – die Walders erzählten, ihr Großvater sei so gebrechlich, dass man ihn in einer Sänfte überallhin tragen musste –, nicht jedoch ein Ritter auf einem Streitross. Außerdem sei es seine Pflicht, mahnte man ihn. »Ihr seid der Erbe Eures Bruders und der Stark auf Winterfell«, sagte
Ser Rodrik und erinnerte ihn daran, wie Robb sich immer zu ihrem Hohen Vater gesellt hatte, wenn dessen Vasallen ihm ihre Aufwartung machten.
Lord Wyman Manderly war vor zwei Tagen aus Weißwasserhafen eingetroffen; er hatte die Reise per Schiff und Sänfte zurückgelegt, da er viel zu fett war, um auf einem Pferd zu sitzen. Mit ihm war ein langer Rattenschwanz von Gefolgsleuten angekommen: Ritter, Knappen, niedere Lords und Ladys, Herolde, Musikanten, sogar ein Jongleur, und sie alle trugen Banner und Wappenröcke in einem halben Hundert verschiedener Farben. Bran hatte sie von dem hohen steinernen Sitz mit den gemeißelten Schattenwölfen aus begrüßt, und danach hatte Ser Rodrik ihn gelobt. Wenn es damit getan gewesen wäre, hätte es ihn nicht gestört. Doch war das erst der Anfang.
»Das Fest bietet einen willkommenen Vorwand«, erklärte ihm Ser Rodrik, »doch kein Mann legt hundert Meilen zurück, um eine Scheibe Entenbrust und einen Kelch Wein zu genießen. Nur jemand, der eine wichtige Angelegenheit vorzubringen hat, würde eine solche Reise auf sich nehmen.«
Bran sah zu der rauen Steindecke über seinem
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