Das Lied von Eis und Feuer 03 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 03 - A Clash of Kings (Pages 1-332)
M’lady nennst, wird es selbst Heiße Pastete merken. Und mit dem Pissen kannst du es ruhig weiterhin so halten wie bisher.«
»Wie M’lady befiehlt.«
Arya stieß ihm mit beiden Händen vor die Brust. Er stolperte über einen Stein und setzte sich mit einem Plumps auf den Allerwertesten. »Was für eines Lords Tochter seid Ihr denn?«, fragte er und lachte.
» So eine.« Sie trat ihm in die Seite, aber daraufhin lachte er nur noch lauter. »Lach du nur. Ich werde jedenfalls in den Ort gehen und nachschauen, wer dort ist.«
Die Sonne war bereits tief gesunken; bald würde es zu dämmern beginnen. Und endlich einmal musste Gendry ihr hinterherlaufen. »Riechst du das?«
Er schnupperte. »Verfaulter Fisch?«
»Das glaubst du doch selbst nicht.«
»Wir sollten lieber vorsichtig sein. Ich schlage einen Bogen nach Westen und schaue nach, ob es da eine Straße gibt. Muss es schließlich, wenn du einen Wagen gesehen hast. Du nimmst den Weg am Ufer entlang. Falls du Hilfe brauchst, bellst du wie ein Hund.«
»Das ist doch albern. Wenn ich Hilfe brauche, schrei ich Hilfe .« Sie rannte los, ihre nackten Füße verursachten kein Geräusch im Gras. Dann warf sie einen Blick über die Schulter,
und er stand immer noch dort und hatte wieder diesen schmerzlichen Ausdruck im Gesicht, der bedeutete, dass er nachdachte. Vermutlich überlegt er sich gerade, dass es nicht fein ist, M’lady Essen stehlen zu lassen. Irgendwie ahnte sie es. Er würde etwas Dummes anstellen.
Der Geruch wurde stärker, je näher sie der Ortschaft kam. Nein, das roch nicht nach verfaultem Fisch. Dieser Gestank war stechender, schlimmer. Sie rümpfte die Nase.
Wo der Wald sich lichtete, nutzte sie das Unterholz als Deckung und schlich von Busch zu Busch, leise wie ein Schatten. Alle paar Meter hielt sie an und lauschte. Beim dritten Mal hörte sie Pferde und die Stimme eines Mannes. Und der Gestank wurde noch schlimmer. So riechen tote Menschen. Während sie mit Yoren und den anderen zusammen durchs Land gezogen war, hatte sie mit diesem Geruch Bekanntschaft gemacht.
Südlich der Ortschaft wuchs ein dichtes Brombeergebüsch. Als sie dort ankam, verloren die langen Schatten, welche die untergehende Sonne warf, ihre Konturen, und die ersten Leuchtkäfer wagten sich hervor. Sie konnte die Strohdächer hinter der Hecke erkennen. Also schlich sie daran entlang, fand eine Lücke und kroch auf dem Bauch durch die Sträucher, bis sie entdeckte, was den Gestank verursachte.
Neben dem sanft wogenden Wasser des Götterauges war aus rohem, frischem Holz ein langer Galgen errichtet worden, und daran baumelten Wesen, die einst Menschen gewesen waren; die Füße in Ketten, während die Krähen an ihrem Fleisch pickten und von Leiche zu Leiche flatterten. Für jede Krähe waren hundert Fliegen am Werk. Als sich der Wind vom See erhob, schwankte die vorderste Leiche an ihrer Kette. Die Vögel hatten den größten Teil des Gesichts gefressen, und auch ein größeres Tier hatte sich hier gütlich getan. Kehle und Brust waren aufgerissen, und glänzende Gedärme und Sehnen hingen aus dem offenen Bauch. Ein Arm war von der rechten Schulter abgetrennt; die abgenagten,
vom Fleisch gesäuberten und aufgebrochenen Knochen erblickte Arya ein paar Meter entfernt.
Sie zwang sich, den nächsten Mann anzuschauen, dann den dahinter und den danach, und sie redete sich ein, sie sei hart wie Stein. Angesichts der zerfetzten und verfaulten Leichen dauerte es einen Augenblick, bis ihr auffiel, dass man sie vor dem Hängen ausgezogen hatte. Sie sahen nicht aus wie nackte Menschen; ja, sie erinnerten kaum mehr an Menschen. Die Krähen hatten ihnen die Augen ausgepickt und das Gesichtsfleisch gefressen. Vom sechsten der langen Reihe war nur ein einziges Bein geblieben, das immer noch in der Kette hing und von jedem Windhauch hin und her bewegt wurde.
Angst schneidet tiefer als ein Schwert. Tote Männer konnten ihr nichts tun, aber wer immer sie umgebracht hatte, war dazu durchaus in der Lage. Ein Stück hinter dem Galgen lehnten zwei Männer in Kettenhemden auf ihren Speeren vor einem langen niedrigen Gebäude am Wasser, dem mit dem Schieferdach. Zwei hohe Stangen waren davor in den Boden gebohrt worden, und von jeder hing ein Banner. Eins war rot, das andere heller, weiß oder gelb vielleicht, aber beide hingen schlaff herunter, und in der Dämmerung war sich Arya nicht einmal sicher, ob es sich um das tiefe Rot der Lennisters handelte. Ich brauche den Löwen nicht zu sehen; bei
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