Das Lied von Eis und Feuer 03 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 03 - A Clash of Kings (Pages 1-332)
er sich einen neuen Becher Wein ein. »Wie sicher, meinst du, wird Myrcella hier sein, falls Königsmund tatsächlich fallen sollte? Renly und Stannis werden ihren Kopf neben deinem aufspießen. «
Und Cersei begann zu weinen.
Wäre Aegon der Eroberer persönlich auf einem Drachen in den Raum geplatzt und hätte mit Zitronenküchlein jongliert, hätte Tyrion Lennister nicht erstaunter sein können. Seit ihrer gemeinsamen Kindheit auf Casterlystein hatte er seine Schwester nicht mehr weinen sehen. Unbeholfen trat er einen Schritt auf sie zu. Wenn deine Schwester weint, solltest du sie trösten … aber dies hier war Cersei ! Versuchsweise streckte er die Hand nach ihrer Schulter aus.
» Rühr mich nicht an!«, fauchte sie und entzog sich ihm. Es hätte nicht wehtun sollen, dennoch schmerzte diese Geste mehr als jede Ohrfeige. Rot vor Wut und Kummer rang sie um Atem. »Schau mich nicht an … nicht so … nicht du .«
Höflich kehrte ihr Tyrion den Rücken zu. »Ich wollte dich nicht erschrecken. Myrcella wird nichts zustoßen, das verspreche ich dir.«
»Lügner«, sagte sie hinter ihm. »Ich bin kein Kind, das man mit leeren Versprechungen trösten kann. Du hast mir auch versichert, du würdest Jaime befreien. Nun, wo ist er?«
»In Schnellwasser, würde ich meinen. Gut bewacht, bis ich eine Möglichkeit finde, ihn dort herauszuholen.«
Cersei schnaubte. »Wäre ich bloß als Mann geboren worden! Dann bräuchte ich keinen von euch. Nichts von alldem wäre geschehen. Wie konnte sich Jaime nur von diesem Knaben gefangen nehmen lassen? Und Vater; ich Närrin habe mein Vertrauen in ihn gesetzt, und wo ist er jetzt, da ich ihn brauche? Was tut er?«
»Er führt Krieg.«
»Hinter den Mauern von Harrenhal?«, erwiderte sie höhnisch. »Eine eigenartige Art zu kämpfen. Es sieht mir verdächtig nach Verstecken aus.«
»Sieh lieber noch einmal genau hin.«
»Wie würdest du es denn nennen? Vater sitzt in der einen Burg, Robb Stark in der anderen, und niemand handelt .«
»Es gibt solche und solche Arten von Sitzen«, erklärte ihr Tyrion. »Jeder wartet auf den Zug des Gegners, doch der Löwe wartet still, zum Sprung bereit und mit zuckendem Schwanz, während das Kitz vor Angst erstarrt ist und mit weichen Knien dasteht. Der Löwe wird das Kitz reißen, wohin es auch zu fliehen versucht, und das weiß er auch.«
»Bist du sicher , dass Vater der Löwe ist?«
Tyrion grinste. »Das Tier findet sich jedenfalls auf unseren Bannern.«
Sie ging über den Scherz hinweg. »Wenn Vater der Gefangene
wäre, würde Jaime nicht untätig herumsitzen, das verspreche ich dir.«
Jaime würde sein Heer vor den Mauern von Schnellwasser zu blutigen Fetzen aufreiben, und die Anderen sollen die Vernunft holen. Niemals hat er auch nur einen Hauch Geduld gezeigt, nicht mehr als du, süße Schwester. »Wir können nicht alle so verwegen sein wie Jaime, und außerdem gibt es mehrere Möglichkeiten, einen Krieg zu gewinnen. Harrenhal ist stark und liegt günstig.«
»Und Königsmund nicht , das weißt du, und das weiß ich auch. Während Vater mit dem Starkknaben Löwe und Kitz spielt, marschiert Renly die Rosenstraße hinauf. Er kann jeden Tag vor unseren Toren eintreffen!«
»Die Stadt wird nicht in einem Tage eingenommen. Von Harrenhal ist es nur ein kurzer, rascher Marsch über den Königsweg hierher. Renly wird seine Belagerungsmaschinen noch gar nicht aufgebaut haben, wenn Vater ihm in den Rücken fällt. Vaters Heer wird der Hammer sein, und die Stadtmauer der Amboss. Was für ein hübsches Bild.«
Cersei durchbohrte ihn mit ihren grünen Augen und hungerte doch nach den Versicherungen, die er ihr hinwarf. »Und was geschieht, wenn Robb Stark sich in Bewegung setzt?«
»Harrenhal liegt nahe genug an den Furten des Tridents, und deshalb kann Roose Bolton den nördlichen Teil des Heeres nicht herüberbringen und sich mit dem Jungen Wolf vereinen. Stark kann nicht nach Königsmund marschieren, ehe er nicht Harrenhal eingenommen hat, und selbst mit Bolton zusammen fehlt ihm dazu die Stärke.« Tyrion setzte sein gewinnendstes Lächeln auf. »Inzwischen mästet sich Vater an den Flusslanden, während unser Onkel Steffert auf dem Stein frische Rekruten aushebt.«
Seine Schwester starrte ihn misstrauisch an. »Woher weißt du das alles? Hat dir Vater seine Absichten verraten, bevor er dich hergeschickt hat?«
»Nein. Ich habe auf eine Karte geschaut.«
Ihre Miene wurde verächtlich. »Demnach entstammt jedes Wort, das du gerade
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