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Das Los: Thriller (German Edition)

Das Los: Thriller (German Edition)

Titel: Das Los: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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Grüppchen aufgeregter Frauen zu empfangen.
    »Und Ihr seid doch Casanova!«, rief Calzabigi ihm hinterher.
    Der Fremde drehte sich noch einmal zu ihm um. Ein breites Grinsen umspielte seine vollen Lippen, während ein Pulk weiblicher Wesen ihn in sich aufnahm und mit ihm davonzog.
    »Nun bin ich doppelt verschuldet«, murmelte Calzabigi und reckte einmal mehr an diesem Abend den Kopf, um nach Marie zu suchen.
    »In der Liebe und in der Lotterie.«
    Ein tiefer Seufzer brachte ihm nicht die erhoffte Erleichterung.

43
    N EW Y ORK C ITY
    »Unter Schweinen« lautete die Überschrift des Artikels auf Seite zwei des Finanzteils der New York Times . Daneben prangte ein Foto seines Bürofensters im Meatpacking District.
    In jenem New Yorker Viertel, in dem früher Fleischfabriken, Nachtclubs und Prostituierte darum wetteiferten, wer das begehrteste Frischfleisch anzubieten hat, versteckt sich dieser Tage eine der größten Legenden der Wall Street vor seinen Anlegern, die, wie man hört, am liebsten Hackfleisch aus ihm machen würden: Carter Fields.
    Mit diesem langen Satz begann der Artikel, der mit dem Ziel verfasst worden war, seinen Ruf vollständig zu ruinieren. Ein Reporter musste ihm in den vergangenen Tagen unbemerkt gefolgt sein, dachte Carter, faltete die Zeitung zusammen und warf sie in den Mülleimer neben der Bank, auf der er saß.
    Es war ein warmer Sommertag gewesen. Die Sonne verschwand allmählich hinter den Ulmen, und die Dämmerung brach herein. Ein leichter Wind trug die Geräusche der Stadt herüber, die sich mit dem Rascheln der Blätter zu einem Tuscheln vereinten. Carter beugte sich nach vorn und vergrub sein Gesicht in seinen Händen, die nach Druckerschwärze rochen.
    Seit dem frühen Morgen hatte sein altes Mobiltelefon ununterbrochen geklingelt, bis er es ausgeschaltet hatte. Ohne die Anrufe anzunehmen, wusste er genau, wer da versuchte, ihn zu erreichen: Anleger, Journalisten, Rechtsanwälte, Börsenaufsicht – und sein Sekretariat, das ihm mitteilen wollte, dass die Vorgenannten versuchten, ihn zu erreichen.
    Der Zeitungsartikel hatte die von diesem Haye bei der Charity-Veranstaltung vorhergesagte Lawine losgetreten. Er glaubte nicht, dass Haye hinter dem Artikel steckte, denn der musste wissen, dass die Chancen seiner Klienten, ihr Geld wiederzusehen, sich verringerten, wenn nun die ganze Welt hinter ihm her war. Tatsächlich gab es wohl mittlerweile keinen Anleger mehr, der nicht von ihm seine Einlage erstattet bekommen wollte.
    Carter richtete sich auf. Ihm wurde langsam kalt. Er hatte zwar am Morgen seinen Anzug gegen eine Jeans und einen Sweater getauscht. Doch mit dem Verschwinden der Sonne wurde es kühl im Park, der sich in den letzten Minuten rasch geleert hatte. Bis auf ein paar Jogger, die schnell an ihm vorbeiliefen, war er mittlerweile allein. Er musste bitter auflachen. Das Wort »allein« traf es ziemlich gut. Nach seinen Schätzungen benötigte er mittlerweile mindestens fünfzehn Milliarden Dollar, um heil aus der Sache herauszukommen. Vielleicht auch weniger, wenn er erste Anleger auszahlen konnte und die übrigen dadurch so viel Vertrauen fassten, dass sie auf den Abzug ihrer Gelder aus seinem Fonds verzichteten.
    Fünfzehn Milliarden Dollar konnte man unter normalen Umständen nirgends auftreiben. Er war nicht gläubig. Im Gegensatz zu anderen Atheisten war er auch nicht überzeugt, dass es irgendeine unbestimmte höhere Macht gab, die alles lenkte. Es war das Chaos, das regierte, und es war der Zufall, der den Lauf der Dinge bestimmte. Die Welt bestand nicht nur aus unendlich vielen Atomen, sondern außerdem aus Würfeln, die mal so und mal so fielen.
    Seine hatten sich in den letzten Monaten zu seinen Ungunsten gedreht. Bis der Mönch gekommen war. Er war der Zufall, den er gebraucht hatte und der alles umkehren konnte. Man vermochte das Ergebnis eines Würfels nicht zu beeinflussen, aber man konnte ihn immer wieder werfen, bis es stimmte. In Las Vegas hatte er nicht den erhofften Erfolg gehabt.
    Aber er war noch nicht am Ende seines Weges angelangt. Er rieb die Handflächen aneinander und genoss die Wärme, die er dabei erzeugte. Dann erhob er sich und reckte seine steifen Glieder. Er schritt den Hauptweg entlang, in Richtung des Ausgangs an der 85th. Jetzt hatten sich auch die Lampen eingeschaltet. Vor einiger Zeit hatte die Stadtverwaltung sämtliche Laternen im Park auf moderne LED-Lichter umgerüstet, die den Weg grell erleuchteten. Mit dem Fortschritt wurde die Welt

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