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Das Los: Thriller (German Edition)

Das Los: Thriller (German Edition)

Titel: Das Los: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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Tätigkeit, dass er es nicht weit nach Hause hatte. Gemeinsam mit seiner Frau Janni Delci und den drei Kindern Pandita, Gayoor und Parvez lebte Pradeep in einer Hütte in Dharavi. Bis zu ihnen brauchte er durch die verwinkelten Gassen des Slums keine Viertelstunde. Seitdem seine Frau Janni, sein ältester Sohn Gayoor und zuletzt auch noch seine kleine Tochter Pandita an Malaria litten, war er immer häufiger auch mittags nach Hause gelaufen und hatte sich um sie gekümmert. Seine Schwiegereltern, denen die Hütte gehörte, waren alt. Und so war es trotz ihres Fiebers Janni, die ihre Eltern pflegte, und nicht umgekehrt. Janni versuchte ihr Bestes, und daher musste er nur an den Tagen einspringen, an denen die Fieberschübe ihr die Sinne raubten und sie sich nicht einmal mehr erheben konnte, um einen Schluck Wasser zu trinken.
    Mr. Sandip hatte Verständnis dafür gezeigt und nicht mit Pradeep geschimpft, wenn er deswegen seine Mittagspause hin und wieder überzog. Die verdammte Malaria wütete in diesem Sommer in Dharavi besonders schlimm. In vielen Hütten grassierte die Krankheit, und voller Furcht hatte Pradeep auf seinem Weg durch den Slum immer wieder gesehen, wie in Laken gewickelte Leiber weggetragen wurden. Schuld seien die vielen Pfützen und Wassertanks, die ideale Brutstätten für die Mückenlarven boten, erzählten Vertreter der Regierung, die in großen Gruppen mit langärmliger Kleidung zwischen den Blechbehausungen umherwanderten. Immer wieder zogen Arbeiter durch den Slum, die auf dem Rücken Geräte mit Insektiziden trugen, und versprühten weißen Qualm. Dieser brannte noch mehr in den Augen als der Rauch der Plastikschmelze. Auch kein schöner Beruf, hatte Pradeep schon oft gedacht, wenn diese Männer bei ihm ihrer Arbeit nachgegangen waren. Anschließend war er stets bemüht gewesen, die Luft anzuhalten, bis der letzte Nebel sich aus der Hütte verzogen hatte.
    Die Regierung hatte auch Ärzte geschickt, und seitdem diese seine Familie untersucht und mit besorgten Mienen Medikamente mitgegeben hatten, ging es zumindest Janni und Gayoor ein wenig besser. Sorgen bereitete ihm aber weiterhin seine kleine Pandita, die die Medizin kaum bei sich behielt. Es gebe noch bessere Medikamente, die Pandita heilen könnten, hatte einer der Ärzte ihm erklärt. Für die Therapie müsse sie aber in ein Krankenhaus. Für ein paar Wochen. Und dies würde Geld kosten. Viel Geld, hatte der Arzt bedauernd hinzugefügt und Pandita dabei über die dünnen Haare gestrichen. Ob er Geld habe?
    »Wie viel?«, hatte Pradeep gefragt.
    »Mindestens zehntausend Rupien«, antwortete der Arzt, »und zwar pro Woche.«
    Pradeep schüttelte den Kopf.
    »Auf jeden Fall muss sie hier raus!«, merkte der Arzt noch an und schaute sich besorgt in der Hütte um. »In dieser Umgebung kann ihr kleiner Körper nicht gesunden. Der Rattenkot, die Feuchtigkeit – all dies belastet ihr Immunsystem. Auch befürchte ich, dass sie sich hier immer wieder von Neuem ansteckt!«
    Pradeep zuckte nur hilflos mit den Schultern. Dann verabreichte der Arzt Pandita das kostenlose Medikament, das sie, nachdem er gegangen war, sofort wieder erbrach.
    »Wenn sie hier bleibt, stirbt sie«, hatte eine europäisch aussehende Krankenschwester ihm noch zugeflüstert. Und auch sie hatte der Kleinen über die Haare gestrichen, als könne sie dies heilen.
    Wenn Dharavi so ein schrecklicher Ort war, wie viele in Mumbai behaupteten, warum hatten die Mücken sich dann ausgerechnet hier zu Millionen niedergelassen, fragte er sich. Warum nicht in Juhu oder in einem schicken Finanzviertel wie Bandra-Kurla?
    Sein Kollege Kemal, ein Putzer, hatte einmal den Verdacht geäußert, dass die großen Immobilienfirmen die Moskitolarven nach Dharavi gebracht hatten, um die Bewohner loszuwerden und das Viertel endlich übernehmen zu können. Dharavi war ursprünglich am Rande der Stadt Mumbai entstanden, die damals noch Bombay hieß; inzwischen hatte sich die Metropole jedoch so weit ausgedehnt, dass der Slum in ihrem Zentrum lag. Von der Lage her gab es daher keinen wertvolleren Flecken Land. »Zwei Quadratkilometer, die Milliarden Dollar einbringen könnten, würden darauf nicht eine Millionen arme Menschen leben!«, hatte Kemal geunkt.
    Pradeep fand, dass seine Theorie ganz plausibel klang.
    Heute war Sonntag, der einzige freie Tag in der Woche, und Pradeep hatte etwas ganz Besonderes vor. Egal, ob Kemals Theorie stimmte oder nicht, ihm war schon lange klar, dass sie aus ihrem

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