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Das Mädchen auf den Klippen (German Edition)

Das Mädchen auf den Klippen (German Edition)

Titel: Das Mädchen auf den Klippen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Alexander
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setzen. Das Mädchen war viel zu müde, um den Elan aufbringen zu können, seine Beine freiwillig zu bewegen. Doch irgendwie schaffte es Janice, mit ihr zum Ufer hinunterzulaufen und an ihm entlang zu der Klippe, die fast ins Wasser hineinführte. Sie hatten Glück, in dieser Nacht berührte das Meer nicht den Felsen. Der Boden war zwar feucht, aber sie mussten wenigstens nicht durch seichtes Wasser laufen.
    Die Bucht lag im Mondschein vor ihnen. Ihre bizarren Felsen warfen lange, unheimliche Schatten. Janice dachte daran, wie sie in einer der Höhlen die Puppe gefunden hatte. Sie atmete tief durch und straffte die Schultern.
    „David, wir sind da“, sagte sie und bemühte sich, ihrer Stimme Festigkeit zu verleihen. Es erschien ihr verrückt, mitten in der Nacht mit einem wie in Trance lebenden Kind in diese Bucht zu gehen und darauf zu warten, dass irgendetwas passierte. Es war durchaus möglich, dass sie das Ganze tatsächlich nur geträumt hatte?
    Maureen ließ sich in den Sand fallen. Sie zog die Puppe aus dem Oberteil ihrer Latzhose und presste sie an sich. Über ihre Lippen kamen unverständliche, lallende Laute.
    Janice starrte sie entgeistert an. Maureen hatte bisher nicht einmal derartige Laute von sich gegeben. Sie war überzeugt, dass seit zehn Jahren keiner mehr ihre Stimme gehört hatte. Als sie sich zu dem Mädchen hinunterbeugte, stellte sie überrascht fest, dass Tränen über seine Wangen rannen.
    „Wein nicht, Sweetheart“, sagte sie liebevoll. „Es wird alles gut, ich verspreche es dir.“
    „Mommy“, weinte Maureen vor sich hin. „Mommy.“ Sie presste die Puppe noch fester an sich.
    Janice glaubte, ihr würde das Herz stehen bleiben. Es war noch ein reichlich unbeholfen klingendes ‚Mommy‘, aber man konnte es verstehen.
    „Maureen, du musst keine Angst haben“, versicherte sie und strich Maureen durch die Haare. „Du...“ Sie starrte zu der Höhle, in der sie die Puppe gefunden hatte. Ein kleines, blondes Mädchen in einem geblümten Kleid und mit einer Strickjacke trat ins Mondlicht. Es schaute zu Maureen, hob die Hand und winkte.
    Maureen blickte auf. Noch immer die Puppe an sich gepresst, kam sie unbeholfen auf die Beine und ging zögernd auf das Mädchen zu. Mit einem Mal begann sie zu rennen und bereits im nächsten Augenblick verschmolzen die beiden Kinder miteinander.
    „Daddy! Daddy!“ Maureens Schrei hallte durch die Bucht, wurde weit auf das Meer hinausgetragen. „Daddy, hilf uns!“
    Noch immer schreiend drehte sie sich um. Langsam hob sie den Kopf, schaute zum Mond hinauf. Sie ließ die Puppe fallen und breitete die Arme aus.
    Janice brauchte ein, zwei Minuten, um ihre Überraschung zu überwinden. Sie wollte Maureen nicht erschrecken, deshalb ging sie so langsam es ihr möglich war, auf sie zu. „Keine Angst, Maureen, ich tu‘ dir nichts“, sagte sie und streckte die Hand aus.
    Maureen ließ die Arme sinken. „Ich weiß, dass du mir nichts tust, Janice“, antwortete sie und betrachtete ihre Hände. „Ich bin endlich wieder ein richtiger Mensch.“ Sie bückte sich nach der Puppe. „Meine Mommy und mein Daddy haben mir Biggy zum Geburtstag geschenkt.“ Ihr Gesicht verdunkelte sich. „Da war ein Mann, er...“ Aufschluchzend warf sie sich in Janices Arme.
    „Denk nicht daran, Maureen“, bat die junge Frau. „Wir sollten nach Hause gehen und uns ins Bett legen. Morgen können wir über alles sprechen.“
    „David hat uns geholfen“, sagte Maureen. „Er hatte es mir versprochen.“ Sie richtete sich auf und schaute erneut zum Mond hinauf.
    „Du kennst David?“ Janice wagte kaum zu atmen.
    „David?“, wiederholte Maureen. Sie schüttelte den Kopf. „Nein, ich kenne keinen David.“
    „Nun, das macht nichts“, antwortete Janice und versuchte, sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. „Komm, Maureen, es wird Zeit für uns.“
    Maureen folgte ihr durch den Sand. Es schien ihr Freude zu machen, am Wasser entlang zu laufen. Ab und zu bückte sie sich, ließ ihre Finger hineingleiten, betrachtete die Wassertropfen, die auf ihrer Haut zurückblieben. „Es ist so schön hier“, sagte sie leise. „So wunderschön.“
    Es dauerte ziemlich lange, bis sie es geschafft hatten, Seerose House zu erreichen. Janice wollte Maureen beim Ausziehen helfen, doch das Mädchen ließ es nicht zu. So ging die junge Frau in die Küche hinunter, um Milch aufzuwärmen. Als sie zurückkam, saß Maureen im Bett und betrachtete die Zeichnungen an der Wand.
    „Dein

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