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Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition)

Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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erschaffen worden war, denn ansonsten wäre sie längst leer und wüst.
    Sie küsste seine Fingerspitzen. »Wenn das schwere Gewicht bewegt werden muss – dann braucht es Menschen, die achtsam sind und klug, nicht wahr?«
    Er sah ihr weiter in die Augen, gab jedoch keine Antwort.
    »Dann braucht es Menschen wie dich.«
    »Ich bin weder achtsam noch klug, Magda.«
    »Kohl. Allein zu behaupten, dass du es nicht bist, macht dich achtsamer und klüger als die meisten. Du weißt, dass ich heute bei deinem Vater war, richtig? Und du weißt auch, dass ich dich bei den Ohren nehmen und aus diesem Kloster herauszerren würde, wenn du dort nur bliebest, weil du noch immer glaubst, du hättest kein Leben in der Welt verdient. Aber das ist nicht mehr so. Seit Propst Nikolaus getötet wurde, seit Diether im Kerker sitzt und der Stadt der Bann droht, willst du bleiben, weil Berlin dich braucht, nicht wahr?«
    »Ich kann nicht glauben, dass du mich das fragst.«
    »Aber ich frage dich. Bitte gib mir Antwort.«
    »Ja«, sagte er.
    »Sag mir auch das noch: Hast du mich lieb? Steht dir ein deftig verwürzter Krauttopf als Versuchung im Weg?«
    »Ich habe von Krauttöpfen und Würzepfannen nicht die geringste Ahnung«, sagte er, um seine Stimme kämpfend. »Aber ich liebe dich. Und die Versuchung ist bei Weitem größer als ich.«
    Das behalte bei dir, gebot Magda sich selbst. Nimm dir Zeit, es aufzuheben, wie man eine Schlehe pflückt, die erst süß und genießbar wird, wenn der erste Frost sie in eine Schale aus Eis gehüllt hat. Heb es dir auf, so, wie man die Schlehen für die Zeit der winterlichen Leere aufhebt. Aber ich liebe dich. Wenn sie sich daran festhielt, würde sie schwerlich erfrieren.
    »Ich möchte dich um etwas bitten.«
    Er sah sie an und wartete.
    »Geh mit mir in die Dachkammer. Lass mich die eine Nacht haben, damit ich sie bewahren kann. Danach gehen wir weiter, du und ich, so, wie wir es entschieden haben, und stehen einander nicht im Weg. Aber die eine Nacht schenk mir. Ich weiß jetzt, wie Liebe klingt. Lass mich nicht zurück, ohne zu wissen, wie sie schmeckt.«
    »Das kann ich nicht«, rief er ehrlich erschrocken, »und du weißt es!«
    »Gar nichts weiß ich. Dir fehlt nichts dazu, Liebling. Nichts.« Dies war ein Gasthaus, in dem Huren verkehrten, und was immer die Huren konnten, konnte Magda aus Berlin schon lange. Sie stand auf, ging zu ihm und setzte sich auf seinen Schenkel. Das Gefühl war umwerfend, das pure Laster und das pure Entzücken. Verwegen vor Übermut umspannte sie den Schenkelmuskel und ließ ihre Hand daran höher gleiten.
    »Magdalen Harzer aus Berlin. Würdest du augenblicklich unterlassen, was du tust?«
    »Foltert dich das? Ich höre augenblicklich auf, wenn du mir gewährst, was ich verlange.«
    »Du bist unmöglich, Magda.«
    »Ich weiß. Du etwa nicht?«
    »Und wenn ich jetzt noch schwächer werde, als ich ohnehin schon bin, wenn ich das täte, was wir auf keinen Fall dürfen, was hätte ich dann aus all diesem Elend gelernt?«
    »Nichts, mein Süßer.« Sie küsste sein Ohr. »Und warum solltest du? Du hast ja nichts falsch gemacht.«
    Er streifte sie von sich herunter, sah ihr wie ein Verschwörer in die Augen und stand mit unüberhörbarem Stöhnen auf. Michel zwinkerte Magda zu, während er irgendeine Ritze in ein Kerbholz machte, die er später wieder auskratzen würde. »Gib mir den Krug, und du trag den Käse«, sagte Thomas, als er zu ihr zurückkam. In seinen Augen toste ein kleines Gewitter, das Blitze in Magdas Innerstes sandte. »Wenn wir zwei uns schon um Kopf und Kragen bringen, nehmen wir uns wenigstens die Henkersmahlzeit mit.«

33
    Die Nacht war ein silbernes Lachen, das ihr im Ohr bleiben und manchen Missklang übertönen würde. Wer dies nie besessen hatte, keine Nacht wie diese, wie konnte der eine Ahnung vom Paradies haben und eine Sehnsucht, die ihn vom Sündigen abhielt?
    Thomas hatte die Kerze ausblasen wollen, aber Magda hatte darauf bestanden, sie brennen zu lassen. »Ich will dich sehen, Liebster. Ich will, dass du dich vor mich hinstellst, ohne all dieses Zeug, nur du.«
    Dass er verlegen war, amüsierte sie königlich und ließ sie vergessen, dass sie selbst verlegen war. Im flackernden Licht löste sie ihm den Strick um die Mitte, und ehe er sie noch länger herumnesteln ließ, zog er sich mit unwirschem Ruck die Kutte über den Kopf. Tollkühn ging sie zu ihm und streifte ihm die Bruche von den Hüften. Sie kniete vor ihm nieder und strich das

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