Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition)
Spur von Röte über sein Gesicht, die sie so sehr mochte. »Solche Komplimente soll er Diether machen. Er könnte es brauchen, und er hat es sich mehr als verdient.«
»Er hat ihm eines gemacht«, antwortete Magda und streichelte flüchtig über seine Wange. »Du hast deine Sache gut und richtig gemacht, hat er gesagt, aber Diether hat entgegnet, das wisse er schon. Und zwar von dir.«
»Wir hatten in dieser Zelle eben ziemlich viel Zeit zum Schwatzen.« Seine Augen funkelten und ließen ihre nicht los. »Ich muss mir um euch alle keine Sorgen machen, nicht wahr?«
»Nein, musst du nicht. Wir leiden keine Not. In unseren dicken Erbsen köcheln an den meisten Tagen Wurst und Speck.«
Thomas lachte und küsste sie. »Du bist unschlagbar, mein Mädchen aus Berlin. Deine Familie sollte täglich ihrem Schöpfer für dich danken.«
»Wenn sie’s einmal im Jahr täten, wär ich ja zufrieden.«
Sie lachten zusammen. Dann strich er ihr das Haar aus dem Gesicht und wurde ernst. »Ich muss zurück, Liebstes.«
»Ich weiß. Ihr habt nicht nur alle Hände, sondern auch noch die Füße voll zu tun. Was hast du vor? Wirst du deine Studien fortsetzen und dich zum Priester weihen lassen, sobald du das Noviziat beendet hast?«
»Irgendwann vielleicht«, erwiderte er. »Im Augenblick sind Hände und Füße wichtiger als Studien und Weihen.«
Sie nahm seine Hände in ihre und strich ihm über die drei schmalen Narben auf der Rechten. Blasse Erinnerungen, die nur noch schmerzen würden, wenn das Wetter wechselte. »Vergiss mich nicht, nein?«
Noch einmal lachte er. »Im Leben nicht. Außerdem sehe ich dich ja wieder – ich streune schließlich an allen Ecken und Enden dieser Stadt herum.«
»Aber du schleichst mir nicht mehr nach.«
»Wer weiß?« Er half ihr auf, und Hand in Hand gingen sie den Weg zurück in ihre Stadt.
»Magda«, sagte er, bevor sie sich trennten, »ein Letztes noch. Diese Träume, die du hast – ich habe den ganzen Sommer darüber nachgedacht, und ich finde nicht, dass sie ein Grund sind, sich zu fürchten. Es ist doch nicht so, dass du den Tod voraussiehst, sondern so, dass niemand von der Welt gehen will, ohne dich noch einmal zu sehen.«
»Utz ist sogar dreimal gekommen, um mich zu sehen.«
»Ich komme noch viel öfter.«
»Wirklich?«
»Und ob.«
»Ja, komm«, sagte sie. »Aber stirb mir nicht.« Sie verpasste seiner Wange einen forschen Kuss, dann rannte sie vor ihm durch das Tor und tauchte unter in ihrer wartenden, wimmelnden, nicht totzukriegenden Stadt.
ENDE
Glossar
Allmende. Gemeindebesitz, über den die Bewohner eines Ortes gemeinsam verfügen konnten. Meist gehörte dazu Weideland, Wald, aber auch Heideland zur Torfgewinnung etc.
Barchent. Mischgewebe aus Baumwolle und Leinen
Bierpfennig. Steuerliche Abgabe, die auf ausgeschenktes oder verkauftes Bier in Geld entrichtet wurde
Blutvogt. Scharfrichter
Bursen. Studentenhäuser
Cotta. Von Männern wie Frauen getragenes Schlupfgewand
Gagel. Strauchgewächs mit bitteren Blättern, einziger in Deutschland heimischer Vertreter der Myrtenfamilie
Gewandschneider. Händler, die mit ausländischen Tuchen handelten und in den aufstrebenden Städten schnell an Wohlstand und Einfluss gewannen
Gilde. Innung. Zusammenschluss von Kaufleuten, der sich von der Zunft nicht scharf unterschied. So bildeten beispielsweise die Bäcker wie die Kürschner in Berlin keine Zünfte, sondern Gilden.
Grut. Kräutergemisch, u. a. Würzmalz; als Vorläufer des Hopfens zum Würzen des Bieres verwendet Grutrecht . Durch den jeweiligen Landesherrn erteiltes Recht, Bier zu brauen
Guardian. Vorsteher eines Franziskanerklosters, entspricht in etwa dem Abt oder Prior, beispielsweise bei den Benediktinern, wird jedoch nicht auf Lebenszeit ernannt, sondern auf Zeit gewählt
Gugel. Kapuze mit Schulterschutz
Hoppeldei. Mittelalterlicher Sprungtanz der einfachen Leute
Hübschlerin. Käufliche Frau, Prostituierte
Kasel. Ärmelloses liturgisches Gewand, zur Feier der heiligen Messe getragen
Maischen. Vermischung von Getreide und Wasser, um Stärke in Zucker zu verwandeln
Mälzen. Einweichen von Getreide bis zur Keimung, anschließend Trocknung
Mark. Von Mittelhochdeutsch »marche« = Grenze; gängige Bezeichnung für ein Grenzgebiet
Marktmeister. Städtischer Beamter, der für die Einhaltung des Marktrechts sorgte und an Ort und Stelle Recht sprechen durfte
Minoriten. Minderbrüder; franziskanische Ordensgemeinschaft; bis ins 16. Jahrhundert wurde der
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