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Das Mädchen, die goldene Uhr und der ganze Rest

Das Mädchen, die goldene Uhr und der ganze Rest

Titel: Das Mädchen, die goldene Uhr und der ganze Rest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John D. MacDonald
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alter Freund, wir sind doch alle ein wenig seltsam, jeder auf seine Art. Sie, ich, Charla und Betsy.«
    »Betsy?«
    Er grinste breit und trank seinen Irish Coffee aus. »Sie ist vielleicht die Sonderbarste von allen. Sie weiß im vorhinein, was geschehen wird. Vielleicht ist sie eine Hexe.«
    Josephs gebräuntes, glänzendes Gesicht wurde plötzlich hart. »Was hat sie denn vorausgesagt, Kirby?«
    Die Alarmglocken klingelten zu spät. Der Fuchs wurde zum Hasen und lief unter einen Busch.
    »Wer sagt was voraus, Joseph?«
    »Hat Betsy mit Ihnen gesprochen?«
    »Entschuldigung. Ich glaube, ich muß mich übergeben.«
    Er ging auf die Herrentoilette, beugte sich zum den Spiegel und schnitt sich selbst wilde Grimassen, bis jemand hereinkam ...

    »Sie schlimmer Junge«, schalt ihn die heisere Stimme sanft und liebevoll. Es war Nacht. »Wirklich ein sehr schlimmer Junge.« Finger strichen ihm über die Stirn. Er öffnete vorsichtig die Augen. Er sah den dunklen Rand eines Gebäudes über sich und ein Stück Sternenhimmel.
    Ein Kopf beugte sich über ihn und verdeckte ein paar Sterne. Das Gesicht lag im Schatten, aber von irgendwo hinter ihr kam Licht und umriß silbern ihren Kopf.
    »Du lieber Himmel«, flüsterte er.
    »Sie haben viel zu viel getrunken, mein lieber Junge. Eine solche Verschwendung noch dazu! Die vielen guten Dinge waren rein vergeudet.«
    Er bewegte den Kopf. Sein Nacken lag auf einer glatten, warmen, weichen Rundung. Er hätte gern gewußt, was es war, doch da strich der warme Nachtwind über seinen Körper, und er hatte das Gefühl, vollkommen nackt zu sein. Vorsichtig bewegte er eine Hand. Er war nackt! Unvermittelt setzte er sich auf, obwohl sein Schädel dabei vor Schmerz fast zersprang. Für einen Augenblick tauchte sein Kopf in den Lichtschein ein, doch Charla packte ihn an den Schultern und zog ihn entschlossen hinunter, daß sein Kopf von ihren elastischen Schenkeln zurückfederte, bevor er in der ursprünglichen Position zur Ruhe kam. Zumindest kannte er sich jetzt ein wenig aus. Er lag auf einer Liege auf einem Sonnenbalkon, und soviel er aus dem kurzen Blick schließen konnte, war das Zimmer dahinter sein eigenes. Charla saß am Ende der Liege und hielt seinen Kopf in ihrem Schoß. Zum Glück trennte ihn ein beruhigendes Stück Stoff von der elastischen Wölbung seines lebenden Kissens.
    »Nicht so hastig, mein Lieber«, flötete sie.
    »Ich wollte nur ...«
    »So ein Schlimmer«, gurrte sie. »Säuselt sich an und lügt. Sie sollten mich nicht anlügen. Sie haben Betsy getroffen.«
    »Ganz kurz.« Er zögerte. »Wo sind denn meine Sachen?«
    »Hier auf dem Fußboden, Süßer. Wir waren kaum hier oben, da sind Sie auf dem Balkon umgekippt. Sie fühlten sich so heiß, verschwitzt und elend an, daß ich Sie ausgezogen habe.«
    »Oh!«
    »Ich bin wirklich böse auf Sie. Sie wissen nicht, wer Ihre wahren Freunde sind, oder doch?«
    »Ich fühle mich nicht sehr wohl.«
    »Klar. Und Sie haben sich auch nicht sehr gut benommen. Ruhen Sie sich aus. Für heute nacht haben Sie uns alles verdorben. Haben Sie denn nicht gewußt, daß Sie alles für Ihre Charla verderben?«
    »Ich habe nicht gewußt, daß es ...«
    »Haben Sie mich für so vulgär gehalten und geglaubt, daß ich eine Verabredung treffe? Ich bin eine Frau, mein Lieber. Vielleicht wird es eine andere Nacht geben, vielleicht nicht. Wer weiß?«
    »Der Alkohol hat mir übel mitgespielt.«
    Ihre Fingerspitzen schlossen seine Augenlider und wanderten zart über seine Lippen. »Vielleicht waren Sie erschöpft. Vielleicht hat die arme, dünne, kleine Betsy all Ihre Kräfte verbraucht.«
    »Nein! Wir haben nur in einem Hotel gesessen und geredet.«
    »In ihrem Hotel?«
    »Nein. Irgendein Hotel. In der Halle.«
    »Und Sie haben zugehört, was dieser arme, verwirrte Verstand produzierte, und begannen an uns zu zweifeln. Wo wohnt sie?«
    »In einem Appartement.«
    »Kennen Sie die Adresse?«
    »Sie hat sie mir nicht gesagt.«
    »Haben Sie für einen Abend nicht schon genug gelogen?«
    »Sie hat es mir wirklich nicht gesagt. Sie wollte sich bei mir melden.«
    »Sie weiß, daß Sie jetzt hier wohnen?«
    »Ja.«
    »Und wenn sie sich bei Ihnen meldet, lassen Sie es mich wissen, mein Lieber. Sofort.«
    »Natürlich, das mache ich, Charla.«
    Sie seufzte. Er spürte den duftenden Hauch ihres Atems auf seinem Gesicht. »Das war ein Rückschlag für uns beide. Sie wissen, daß es nicht genügt, wenn ich nur halb verliebt bin. Ich glaube, ich war schon mehr

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