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Das Mädchen, die goldene Uhr und der ganze Rest

Das Mädchen, die goldene Uhr und der ganze Rest

Titel: Das Mädchen, die goldene Uhr und der ganze Rest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John D. MacDonald
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später etwas bekommen werde, von dem ich nichts weiß. Der Brief. Könnte sein. Oder vielleicht seine persönlichen Unterlagen, wie Betsy vermutete.
    Und die Moral von der Geschichte? Mitspielen? Betsy informieren, sobald ich einen Hinweis habe? Schulde ich ihr etwas? Vielleicht, je nachdem, wie recht sie hatte. Eine kleine Gratisfahrt ist noch keine Bestechung.
    Aber wie sehr ist Charla Maria Markopoulo O'Rourke auf Bestechung aus? Plötzlich schoß es ihm durch den Kopf, daß er es leicht nachprüfen konnte - zumindest indirekt. Wenn Charla und Joseph wirklich so einflußreich waren, wie es den Anschein hatte, und so mächtig, wie Betsy vorgab, dann würde in den Archiven der Zeitungen von Miami etwas über sie zu finden sein.
    »Liebling!« rief Charla. Sie ließ sich ihm gegenüber nieder und ergriff über den Tisch hinweg seine Hände. »Wo haben Sie denn gesteckt?« Sie trug ein blau-weiß gemustertes Baumwollkleid mit beunruhigend tiefem Ausschnitt und einen vollkommen verrückten Hut. Er spürte die Wärme ihrer Hände durch die weißen Handschuhe hindurch. Sie sah ihn ernst an, glühend und so erregt, daß er sich fast umgedreht hätte, um zu sehen, wem ihr Blick galt. Sie saßen in einer dunklen Ecke der Grillstube, die Nische war mit Holz verkleidet und über dem Tisch hing ein orangfarbener Lampenschirm. Ihr Eindruck war so überwältigend, daß sie ihm überlebensgroß vorkam, wie ein Gesicht im Kino, wenn man zu nahe der Leinwand sitzt. Sie hatte eine Stupsnase, breite Wangen, graugrüne, leicht asiatische Augen, weiche Haare im Farbton von altem Elfenbein und einen breiten Mund. Die vollen Lippen standen leicht offen, glänzten feucht und entblößten die kleinen, weißen, ebenmäßigen Zähne.
    »Ooch ... nur... Besorgungen«, antwortete er.
    Sie ließ seine Hand los und schmollte. »Ich war einsam. Ich habe Sie schrecklich vermißt. Ich habe mich sogar gefragt, ob Ihnen vielleicht meine arme, verwirrte Nichte aufgelauert hat.«
    »Äh ... nein.«
    »Dann ist es gut. Sie wird vielleicht versuchen, Ihnen ihren verrückten Unsinn zu erzählen. Ich muß Sie schon im voraus warnen. Es ist zwar nicht sehr loyal, wenn ich Ihnen diese Dinge über sie erzähle, denn schließlich ist sie die Tochter einer meiner Halbschwestern. Als sie damals von dieser guten Schule in der Schweiz flog, hätten wir uns schon denken können, daß sie uns Probleme machen wird. Aber sie war so süß mit fünfzehn. Wir haben unser Bestes versucht, Kirby, aber sie hat einen schlechten Bezug zur Realität. Vielleicht hätten wir sie in eine Anstalt einweisen sollen. Aber - sie gehört eben zur Familie, da versucht man es immer wieder. Das ist auch der Grund, warum ich sie diesmal herkommen ließ. Wieder schlechte Nachrichten. Aber wahrscheinlich hilft es nichts. Sie widersetzt sich allem.«
    »Schlechte Nachrichten?«
    »Wir behalten sie immer im Auge, diskret, versteht sich. Liebster Kirby, ich will Sie nicht mit Familienproblemen langweilen. Aber sie ist wirklich schrecklich ... ah ... labil und kann zwischen Phantasie und Wirklichkeit nicht unterscheiden.«
    »Tatsächlich?«
    »Sie hat mich und Joseph eines wahrhaft schrecklichen Verhaltens beschuldigt, und ich habe nicht gewußt, ob ich darüber lachen oder weinen sollte. Skrupellose Männer haben es ausgenützt, daß sie ihre eigenartigen Träumen auslebt.«
    »Wie bitte?«
    »Derzeit scheint sie sehr unberechenbar zu sein. Vielleicht wird sie sich an Sie heranmachen, Kirby. Vielleicht wird sie versuchen, Sie zur Schlüsselfigur in einem ihrer Hirngespinste zu machen. In diesem Fall, wird sie sich Ihnen wahrscheinlich an den Hals werfen.«
    »Sich mir an den Hals werfen?«
    »Es wird eines der kleinen Dramen sein, die sie ständig für sich erfindet. Falls es dazu kommt, kann ich Ihnen nicht sagen, was Sie tun sollen. Sie scheinen mir ein überaus anständiger Mensch zu sein, Kirby. Wenn Sie sich weigern, den männlichen Gegenspieler für ihre paranoide Heldin zu spielen, dann wird sie sich vielleicht jemand anderen suchen, der es tut. Sie ist recht attraktiv. Vielleicht wäre es am besten, wenn ... ah ... Sie ihr nachgeben. Sie werden sanft mit ihr umgehen, ja?«
    »A-aber ...«
    »Ich danke Ihnen, mein Lieber. Lassen Sie sie gewähren. Sagen Sie, was sie hören will. Ich werde ihr eine andere Stelle verschaffen. Ich habe gute Freunde in der Unterhaltungsbranche. Finden Sie nicht, daß es besser für sie ist, frei zu sein, als irgendwo hinter Schloß und Riegel?«
    »Ich

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