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Das Mädchen und der Zauberer

Das Mädchen und der Zauberer

Titel: Das Mädchen und der Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sofort wahr, lachte laut und girrend, sprang auf, legte den Arm um Casarettes Schulter und hüpfte dann fröhlich zu dem großen Wassertrog. Verunsichert starrte Casarette ihr nach. Nicht so Aubin. Er knirschte mit den Zähnen, strich sich die schlafzerzausten Haar aus der Stirn und schlenderte zu Casarette hinüber. Jeanette hatte unterdessen ihr Trainingsanzug-Oberteil abgestreift und wusch sich ungeniert den Oberkörper im kalten Gebirgswasser. Dabei prustete sie und quietschte hell. Casarette grinste breit.
    »Ein Mädchen wie ein erquickender Trunk in der Wüste«, sagte er, als Aubin mit umflortem Blick vor seinem Frühstückstisch stand.
    »Es wäre aber nicht ratsam, davon einen Schluck zu nehmen!« erwiderte Aubin.
    »Sie sehen so böse aus, Jean?«
    »Ich weiß nicht, wann Jeanette aus dem Zelt gekommen ist. Ich habe fest geschlafen. Wie lange springt sie hier schon rum?«
    »Messen Sie Jeanettes Leben mit der Stoppuhr nach? Was soll das überhaupt? Sie kann doch tun und lassen, was sie will! Gut, sie ist Ihr Modell, ich will nicht fragen, ob sie auch Ihre Geliebte ist – das wäre ein erschreckender Mangel an Geschmack – aber wie auch immer: Sie ist Ihnen keine Rechenschaft schuldig.«
    »Sagt sie das?«
    »Nicht direkt, aber so etwas spürt man.«
    »O je! Sie machen in Gefühl, Casarette!«
    »Wenn Sie das stört, ziehen Sie weiter. Ich habe Sie nicht gerufen.« Casarette schüttete sich den dampfenden Kaffee in einen hohen Emaillebecher und ließ drei Stückchen Zucker hinterherfallen. »Sie können mir nicht übelnehmen und es mir auch nicht verwehren, daß Jeanettes Anblick meinen Blutdruck erhöht. Sehen Sie doch hin: Diese Brüste, diese Hüften … Oder betrachten Sie das alles nur mit den neutralen, sterilen Augen eines Malers?«
    »Wann fangen Sie mit Ihrer Arbeit an, André? Wann kriechen Sie in Ihren Berg?«
    »Heute überhaupt nicht.« Casarette schlürfte den starken, süßen Kaffee. »Haben Sie nicht gesagt, Sie wollten Jeanette wie eine Nymphe im Urwald malen? Als Akt? Das will ich nicht versäumen. Wo bekommt man so etwas schon zu sehen?!«
    »Ihre Anwesenheit könnte mich stören, Casarette!« sagte Aubin dumpf.
    »Und ich möchte Sie daran erinnern, daß dies mein Platz ist!«
    »Das gibt Krach, mein Lieber!«
    »Ich bin darauf vorbereitet.«
    Vom Wassertrog kam jetzt Jeanette herüber. Ihr nackter Oberkörper glänzte, die Wassertropfen auf ihrer Haut glitzerten in der Sonne wie winzige Kristalle. Sie sah wirklich überwältigend aus. Casarette sog die Luft durch die Nase ein.
    »Da soll einer fromme Lieder singen«, sagte er begeistert. »Sie müßten mich schon mit Stahlfesseln irgendwo festbinden, Aubin, um dieser Versuchung nicht zu unterliegen!«
    Jeanette war jetzt am Tisch, stieß Aubin einen Ellenbogen in die Seite und sagte mit einem perlenden Lächeln: »Na, schon wach, du Bärchen? Himmel, kann der schnarchen! Das müssen Sie in Ihrer Hütte gehört haben, André! In Ihren Ohren muß das doch klingen, als bewege sich der Berg, und im Inneren grollt und rollt die Lava.«
    »Ich schnarche nicht!« sagte Aubin gepreßt. »Machen Sie's gut, Casarette.«
    »Was heißt das? Wollen Sie doch weiterziehen?«
    »Nein, Kaffee trinken.«
    »Der Tisch ist groß genug. Nehmen Sie Platz.«
    »Danke! Wir haben unseren eigenen Tisch.« Aubin wandte sich ab und ging hinüber zu seinem Zelt. Nach kurzem Zögern folgte ihm Jeanette. Sie sah ein, daß sie es nicht zu weit treiben durfte in diesem Spiel.
    »Du bist unhöflich –« sagte sie aber, als Aubin die Klappstühle wütend aufklappte und auf den Boden knallte. »Aber wenn du willst, fahren wir gleich weiter. Muß es gerade dieser Platz sein?«
    Aubin nickte und half ihr, den Tisch zu decken. Noch kann ich dir das alles nicht erklären, dachte er. Aber es wird einmal, und zwar sehr bald, die Zeit kommen, wo ich über alles mit dir sprechen darf. Und davor habe ich Angst. Jawohl, ich habe Angst vor deiner Reaktion, wenn du erfährst, daß ich dich bewußt belogen habe. Ich heiße zwar wirklich Jean Aubin – aber sonst stimmt gar nichts mehr an mir.
    Und im übrigen, dachte er wütend, werde ich diesem Casarette das Nasenbein einschlagen, wenn er dich anfaßt, Jeanette! Ich habe – unter anderem – auch Boxen gelernt, Judo und Karate. Es gehörte zu meiner Ausbildung. Und jetzt werden wir uns um das Frühstück kümmern, mein Liebes, und versuchen, dahinterzukommen, was dieser so harmlose Geologe Casarette nun wirklich hier in der

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