Das Maerchen der 1001. Nacht
seit ihrer Kindheit darauf vorbereitet worden war, eines Tages die Frau des Königs von Bha’Khar zu werden, und auch entsprechend erzogen worden war, behagte es ihr offenbar nicht, die ihr zugedachte Rolle zu übernehmen. Malik war ratlos. Liebte sie vielleicht den Mann, der eine andere Frau geheiratet und ihr das Herz gebrochen hatte, immer noch? War das möglich?
Er nahm ihr das Glas aus der Hand und stellte es auf den Tisch. Dann nahm er ihre kalte Hand und sah Beth an, bis sie seinen Blick erwiderte. „Ich habe das sichere Gefühl, dass es da etwas gibt, was dich sehr beschäftigt und was du mir nicht verraten willst.“
„Nein, jedenfalls nichts Wichtiges.“ Sie wandte sich ab.
„Trauerst du etwa noch dem Mann nach, der dich so verletzt hat?“
Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen. „Ruhigen Gewissens und aus voller Überzeugung kann ich sagen, ich bin froh, dass er eine andere Frau geheiratet hat und ich nichts mehr mit ihm zu tun habe.“
„Okay. Gibt es etwas anderes, was ich wissen sollte? Es stimmt, ich liebe Überraschungen, aber nur, wenn ich derjenige bin, der dabei das Heft in der Hand behält.“
„Über meine Vergangenheit weißt du alles, was du wissen musst.“
Ich will aber auch das erfahren, was ich ihrer Meinung nach nicht wissen muss oder darf, dachte er. Er hätte ihr gern geglaubt, aber der Schatten, der über ihr Gesicht huschte, weckte seine Zweifel. Schon einmal hatte eine Frau ihn belogen, und es hatte ihm ganz und gar nicht gefallen, dass er auf eine Betrügerin hereingefallen war. So etwas würde ihm nicht noch einmal passieren. Beth konnte alles von ihm haben, er würde ihr alles geben, was sie sich wünschte – nur sein Herz wollte er ihr nicht schenken. So eine Dummheit würde er nicht noch einmal begehen.
Während der Generalprobe für die Hochzeit von Maliks Bruder in zwei Tagen fragte sich Beth, was das alles zu bedeuten hatte. In dem Salon, in dem die Trauung stattfinden sollte, stellte sich die königliche Familie vor den Fotografen in Positur. Nebenan im Bankettsaal wurde alles für den Empfang vorbereitet, zu dem zahlreiche Würdenträger aus der ganzen Welt erwartet wurden. Kardahl und Jessica hielten sich an den Händen und sahen einander liebevoll in die Augen. In der ersten Reihe standen außer dem Brautpaar Jessicas Großeltern und ihre beiden Tanten, der König und die Königin sowie Malik und Beth.
Als Kardahl die Braut küsste, setzte wie aufs Stichwort ein Blitzlichtgewitter ein. Beth wurde von dem grellen Licht geblendet, und ihr schmerzten die Kinnmuskeln von dem vielen Lächeln. Ihr war ganz und gar nicht klar, worum es überhaupt ging, denn Maliks Bruder und Jessica waren schon verheiratet. Es hatte eine Ferntrauung gegeben, wie Beth gehört hatte. Vielleicht war Addie auch längst mit Malik verheiratet, ohne dass sie einander offiziell das Jawort gegeben hatten und ohne dass sie es ahnte. Möglich war offenbar alles.
Doch wenn Malik davon ausgehen konnte, dass sie schon seine Frau war, hätte er versucht, mit ihr, Beth, zu schlafen. Bei dem Gedanken erbebte sie. Sie konnte sich gut vorstellen, dass er ein leidenschaftlicher und geschickter Liebhaber war. Schon allein seine Bemerkung, er würde sie gern küssen, hatte ihre Fantasie beflügelt. Nur würde sie leider nie erfahren, ob er wirklich so großartig war oder nicht, wie sie sich enttäuscht eingestand.
Plötzlich blickte er sie an und fragte: „Alles in Ordnung?“
„Klar. Ich bin nur etwas verwirrt.“
„Wegen des Blitzlichtgewitters und der vielen Reporter?“
Froh über die Ausrede, nickte sie nur. Wenn das alles kein Schwindel und sie wirklich die Frau wäre, für die er sie hielt, hätte sie sich darüber gefreut, dass sie sich so sehr zu ihm hingezogen fühlte. Doch da sie an Addies Stelle hier war und ihm die Hochzeit ausreden wollte, waren ihre Gefühle für ihn eher hinderlich.
Malik legte ihr einen Arm um die Taille und drückte Beth an sich. „Gleich ist es vorbei. Bei der Trauung in zwei Tagen sind keine Reporter zugelassen. Nur der Hoffotograf wird Fotos machen, sozusagen für das Familienalbum.“
„Ah ja.“
In dem Moment forderte der Zeremonienmeister die für die Sicherheit zuständigen Mitarbeiter auf, die Reporter hinauszuführen. Beth trat einige Schritte zur Seite und lehnte sich an eine der reich verzierten Säulen zu beiden Seiten des Raums und beobachtete, wie die anderen ihre Plätze einnahmen.
Malik stand als Trauzeuge neben seinem Bruder,
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