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Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Titel: Das Magdalena-Vermächtnis: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McGowan
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die Lombardei zu verheiraten, wenn genug Geld und Einfluss vorhanden waren. In Florenz aber reichte das nicht.
    Die Familie Cattaneo war ein Adelsgeschlecht aus der antiken Stadt Genua. Sie stammten von einer aristokratischen Römerdynastie ab, in der die Frauen eine geheime und dennoch machtvolle Rolle spielten. Sie waren Lehrerinnen, Heilerinnen und Prophetinnen, die geheime Gebete und Überlieferungen hüteten, die bis zu den Ursprüngen der Christenheit zurückreichten. Die Frauen der Cattaneo trugen ein Symbol, das in ihre Kleidung gewoben und in ihren Schmuck geätzt war, um dieses Erbe zu veranschaulichen, einen Ring mit einem Kreis von Sternen, die um eine Sonne tanzten. Es war das Symbol der Maria Magdalena, Magdalenensiegel genannt, und wurde von den Frauen des Ordens vom Heiligen Grab seit fast fünfzehnhundert Jahren getragen.
    Die Familie Cattaneo gehörte dem Orden an und führte ihren Stammbaum auf die legendären ersten Christen zurück, auf den heiligen Petrus und seine zahlreichen Enkelinnen, die alle Petronella geheißen hatten. Diese Besonderheit im Familienstammbaum besiegelte den Entschluss des Ehepaar Cattaneo: Simonettas Ehemann musste aus der Toskana stammen, am besten aus Florenz, dort, wo der Orden am stärksten war. Natürlich hatten Simonettas Eltern vorab den Meister konsultiert. Die erste Wahl wären die Medici gewesen, doch Lorenzo stand bereits kurz vor einem Verlöbnis, und für Giuliano wurde eine kirchliche Laufbahn in Betracht gezogen. Daher fiel die Wahl auf Marco Vespucci, den Sohn einer wohlhabenden toskanischen Adelsfamilie. Er war sanftmütig wie Simonetta und zudem ein Gelehrter. Sein Vermögen und Besitz würden sicherstellen, dass das Juwel der Cattaneo umhegt und beschützt wurde. Jedes Kind des Paares würde ein edler Abkömmling beider Blutlinien sein und vermutlich ebenso schön wie klug.
    So geschah es an dem Tag, als Simonetta Cattaneo ob der Schönheit von Gottes Schöpfung weinte, dass ihre Eltern den Beschluss fassten, sie nach Florenz zu schicken. Dort würde sie im Orden lernen und von der Meisterin des Hieros gamos, Ginevra Gianfigliazza, auf ihre Ehe mit Marco Vespucci vorbereitetwerden. Zur Freude der Cattaneos würde Simonetta in der Vorbereitungszeit nicht allein sein: Eine Tochter der Donati, berühmt für ihre Schönheit von Körper und Geist, wartete bereits in Florenz, um Simonetta als »Schwester« willkommen zu heißen. Durch die Güte des heiligen Vaters und der heiligen Mutter im Himmel würden die beiden Mädchen Freundinnen werden, und die kostbare kleine Cattaneo würde fern der Blumen und Schmetterlinge, die sie so liebte, nicht so furchtbar einsam sein.

    La Bella Simonetta.
    Schon ihr Name ist Kunst. Es ist ein Name, den ich flüstere, während ich male, obwohl seine Trägerin uns schon vor so langer Zeit verließ.
    Werde ich ihrer Schönheit je gerecht werden? Ihrer Vollkommenheit und Vollendung, der wahren, reinen Schönheit, die sie verkörperte?
    Ich erinnere mich noch gut, wie ich sie das erste Mal sah: Es war in der Antica Torre, bei der Feier, die der Orden ausgerichtet hatte, um Simonetta in Florenz willkommen zu heißen. Während der ersten Stunden, die ich in ihrer Gegenwart verbrachte, konnte ich kaum atmen und nicht sprechen. Ich wollte es nicht glauben. Wie konnte eine solch ätherische Schönheit in Fleisch und Blut existieren? Und man gebe sich keiner Täuschung hin: Es war nicht die rein körperliche Vollkommenheit, nein, es war ihre Ausstrahlung, ihre göttliche Lieblichkeit. Sie wird mich bis zum Ende meiner Tage verfolgen, bis ich ihren Ausdruck endlich vollkommen getroffen habe.
    Doch es ist eine Suche ohne Ende. Simonetta im Bildnis gerecht zu werden, ist mein Ziel. Ich werde es nie erreichen, aber stets weiterverfolgen.
    Und doch erschien sie mir an jenem Abend im Wehrturm der Gianfigliazza nicht als einzigartige Schönheit, sonders als Vervollständigung des Dreigestirns der göttlichen Weiblichkeit, die anzubetenich gekommen war. An jenem magischen Abend tanzte Simonetta mit Colombina und Ginevra für uns. Ich zeichnete die drei bei diesem Tanz und dankte Gott dem Herrn, dass ich mein Handwerkszeug immer dabeihatte.
    Ich erkannte, dass jede der drei Frauen für einen Teil des Göttlich-Weiblichen stand, und zeichnete sie entsprechend: Simonetta als Reinheit, Colombina als Schönheit und Ginevra als Freude. Gemeinsam waren sie die drei Grazien; sie tanzten Hand in Hand als Schwestern und standen stellvertretend für die

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