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Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Titel: Das Magdalena-Vermächtnis: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McGowan
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dunkler, gut aussehender Mann spreizte sich wie ein Pfau vor seinen Freunden, die ihn immer wieder hochleben ließen. Mit der Zeit wurde die Horde an der Theke immer lauter, der Alkoholpegel stieg. Der Pfau erzählte wild gestikulierend Geschichten und warf immer wieder Geld auf den Tisch, eine Angewohnheit, die einerseits von Reichtum, andererseits von schlechtem Geschmack zeugte. Lorenzo beobachtete den Mann ein paar Minuten lang und lauschte dessen prahlerischem Geschwätz, während Giuliano Sandro zuhörte, der von seinem jüngsten Auftrag erzählte.
    »Eine typische Madonna mit Kind. Nicht besonders interessant, aber lukrativ. Vielleicht bringe ich hier und da ein verbotenes Element hinein, um die Sache ein bisschen zu würzen, ein rotes Buch vielleicht.« Er grinste verschlagen und zwinkerte Giuliano zu. »Die frömmlerischen Katholiken, die es bestellt haben, würden den Unterschied nie erkennen!«
    »Das wagst du nicht!« Giuliano verehrte Sandro wie einen Gott. Er sog jedes Wort in sich auf, und Sandro schmückte seine Geschichte gebührend aus, um den jungen Zuhörer zu beeindrucken.
    »Aber ja! Das mache ich immer. Niemand merkt’s, und mir macht es Spaß. Warum wohl kleide ich alle meine Frauen in Rot? Wenn mir die Arbeit Freude macht, male ich mit größerer Leidenschaft, und am Ende ist das auch für den Kunden besser. Jeder gewinnt dabei.«
    Giuliano versetzte Lorenzo, der abgelenkt war, einen Rippenstoß. Normalerweise hätte sein älterer Bruder großen Spaß an dem Gespräch gefunden, denn es ging um Kunst und Ketzerei, eine bei den Medici sehr beliebte Kombination. Lorenzo aber bedeutete ihm zu schweigen und stieß seinerseits Sandro an. »Wer ist denn der Prahlhans an der Theke?«
    Sandro verrenkte sich den Hals, um den Angesprochenen zu erkennen; dann verzog er mit einem theatralischen Erschauern das Gesicht und grunzte. »Der außerordentlich lästige Niccolò Ardinghelli. Er war bereits unausstehlich, bevor er mit seinem Onkel auf Handelsfahrt ging, aber inzwischen besitzt er das Vorrecht, völlig unerträglich zu sein. Man sollte glauben, er wäre einer der Argonauten und hätte das Goldene Vlies gefunden, so wie er sich aufführt.«
    »Na, dann bitte diesen Jason doch mal an unseren Tisch.«
    Sandro sah ihn entsetzt an. »Sag, dass das ein Scherz ist.«
    »Es ist kein Scherz. Hol ihn her.«
    Da Lorenzo es offensichtlich ernst meinte, fügte Sandro sich widerwillig. Auch wenn die beiden eine brüderliche Freundschaft verband, war Lorenzo immer noch Sandros Patron und Mäzen. Der Medici hatte einen Befehl erteilt, dem Folge zu leisten war. Sandro verbeugte sich übertrieben. »Wie Ihr wünscht, Magnifico. Aber dann schuldet Ihr mir was!«
    Sandro trat auf die Männer an der Theke zu und wurde von einigen, die ihn erkannten, gegrüßt. Auch Ardinghelli rief: »Also, wenn das nicht das ›Fässchen‹ ist!«
    Sandro schluckte seinen Zorn hinunter und beeilte sich, den anderen zu korrigieren. »Mein Bruder wird von allen ›Fässchen‹ genannt, nicht ich.«
    Sandros Bruder Antonio wurde wegen seiner stämmigen, untersetzten Statur mit diesem wenig schmeichelhaften Spitznamen gerufen. Mit Sandro, dem jüngeren der Brüder Filipepi, hatte die Natur es besser gemeint: Er war groß und gut gebaut, mit feineren Zügen und hellerem Haar als sein Bruder. Außerdem war er mit der Zeit eitel geworden und konnte die Dummköpfe nicht ertragen, die ihn »Fässchen« oder »Botticelli« nannten. Der verhasste Spitzname schien auch an ihm haften geblieben zu sein.
    »Wie geht’s denn so bei dir, Fässchen?« Niccolò streckte seine Pranke aus und drückte Sandros Hand ein wenig zu fest. Sandro zuckte zusammen.
    Einer der Männer, angetrunken von zu viel Wein, brüllte: »Guckt euch mal dem seine Hände an! Die malen die reizendsten Nymphen! Ich wünschte, ich wäre auch Maler und könnte nackte Frauen in meine bottega einladen, weil ich sie angeblich malen muss. Was für ein Leben du führen musst!«
    »Du hast ja keine Ahnung«, murmelte Sandro.
    Niccolò Ardinghelli, den ein Thema nur interessierte, wenn es sich um ihn drehte, meldete sich zu Wort. »Sandro, du musst unbedingt meinen letzten Zusammenstoß mit den wilden Berberpiraten malen! Das wäre doch mal ein lohnender Auftrag!«
    Ein anderer Saufkumpan mischte sich ein und klopfte Niccolò auf den Rücken. »Ja, er gibt dir den Auftrag und bezahlt dich mit dem Geld, das er aus ihren Schatztruhen gestohlen hat, nachdem er die Seeschlange besiegte,

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