Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Mars-Labyrinth: Roman (German Edition)

Das Mars-Labyrinth: Roman (German Edition)

Titel: Das Mars-Labyrinth: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Macinnis Gill
Vom Netzwerk:
erinnern, wer sein Vater ist«, sagt der Mann und stülpt sich eine Maske über. »Wenn Generaldirektor Stringfellow will, dass es funktioniert, dann wird es funktionieren.«
    »Theoretisch.«
    »Allmählich kapieren Sie’s.«
    Was kapiere ich?, frage ich mich, doch dann ist der Traum zu Ende. Er endet immer an dieser Stelle.
    Ich erwache schweißgebadet. Läuft Flash-Cloning wirklich so ab, oder ist das nur die Version, die mein Verstand für mich zusammengebraut hat? Nicht einmal Mimi weiß es. Das alles ist passiert, bevor sie sich zu mir gesellt hat.
    Mein Herz donnert. Ich drehe mich auf den Rücken, kämpfe gegen den inneren Aufruhr. Einatmen. Ausatmen. Als ich wieder zur Ruhe gekommen bin, schlage ich die Augen auf. Die Quartiere liegen in tiefer Finsternis.
    Obwohl der Bergbau schon vor Jahren aufgegeben wurde, kann ich mir mühelos vorstellen, ich würde das endlose Sirren der Maschinen und das Klappern des Erzes hören, das zur Verladestation transportiert, auf ein Förderband geschüttet und zur Weiterverschickung separiert wird. Beinahe glaube ich den beißenden Geruch des Erzes wahrzunehmen, den Gestank der Enzyme, die die Big Daddys beim Tunnelbau abscheiden. Ich strecke mich, atme hörbar aus und rolle mich von der Pritsche.
    »Das waren keine acht Stunden Schlaf, Cowboy«, tadelt mich Mimi.
    »Aber fast.« Allerdings verrät mir das leichte Schwanken meines Körpers, dass ich nicht einmal halb so lange geschlafen habe.
    Ich schlafe schon seit Wochen nur noch zwei oder drei Stunden am Tag. Ich bin müde. Nicht, dass ich nicht schlafen wollte, dass ich nicht zur Abwechslung gern meine eigenen Träume träumen würde, statt die vergangenen Albträume immer wieder aufzugreifen. Aber ich kann nicht. Mein Gehirn lässt mich nicht. Und dann ist da noch der Job, den ich angenommen habe. Es ist meine Pflicht, die Minenbewohner zu schützen, und das kann ich nicht, wenn ich im Schlummerland bin.
    Nachdem ich meine Symbipanzerung angelegt habe, schnappe ich mir meine Stiefel und gehe auf Zehenspitzen durch den Raum. Auf dem Weg nach draußen werfe ich einen Blick auf die anderen Pritschen. Ockham ist in der Krankenstation und schläft die Nachwirkungen des Kampfes aus. Jean-Paul ist bei ihm. Jenkins schnarcht laut genug, einen Erdrutsch auszulösen. Fuses Pritsche ist leer.
    Ebenso die von Vienne. Eifersucht versetzt mir einen Stich. Es ist nicht klug von den beiden, sich mitten in der Nacht hier herumzutreiben. Die wachhabenden Minenbewohner könnten sie für Dræu halten und sie versehentlich mit einem der schweren Schraubenschlüssel verprügeln.
    »Mimi? Vienne und Fuse lokalisieren.«
    »›Doch, ach! Zurück will ich schaun, in trostlose Landschaften!‹«
    »Ich bin zu schläfrig für obskure Literaturbezüge. Lokalisiere sie einfach, bitte.«
    Sie nennt mir die Position, und ich mache mich auf, um meine Mannschaft zu suchen. Ohne eine klare Vorstellung davon, wo ich hingehe, folge ich Mimis Anweisungen Schritt für Schritt. Inzwischen erkenne ich allmählich, wie das Leben in diesen Minen den Biorhythmus der Leute stören muss. Es gibt keine natürliche Einteilung in Tag und Nacht, also fehlen die Signale, die der Körper zur Eigenregulierung benötigt. Die Minenbewohner versuchen, den natürlichen Tagesverlauf nachzuempfinden, indem sie das Licht aufdrehen oder dämpfen.
    Aber das funktioniert nicht sonderlich gut. Da bereits seit der Erstbesiedelung des Mars Leute unter dessen Oberfläche gelebt haben, sind die Auswirkungen eines solchen Lebens, zu denen chronische Insomnie, akute Klaustrophobie und Vitamin-D-Mangel aufgrund fehlender Sonnenbestrahlung gehören, wohl bekannt. Gentherapie kann einige der Probleme lindern. Die schlichte Wahrheit aber lautet, dass der menschliche Körper zum Überleben Sonnenlicht braucht, und das gibt es hier nicht. Vielleicht erklärt das, warum Minenbewohner so mürrisch sind.
    »Mimi, schalte mein bionisches Auge auf die Nachtsichtlinse um.«
    »Cowboy!« Sie lacht. »Dein Okularimplantat hat keine Nachtsichtfunktion, das weißt du doch.«
    »Dann schalte eben auf Laser um«, necke ich sie. Manchmal allerdings wäre es nett, diese besonderen Fähigkeiten zu besitzen.
    »Die Redewendung ›Wenn Blicke töten könnten‹ ist nach wie vor nur eine Redewendung.«
    »Wozu soll eine nanoprozessorgesteuerte visuelle Prothese gut sein, wenn ich damit nicht im Dunkeln sehen oder mit dem Auge schießen kann?« Ich übersehe ein tief hängendes Kabel und schlage mir die Stirn

Weitere Kostenlose Bücher