Das Mars-Labyrinth: Roman (German Edition)
Motorschlitten an! Vienne! Gib uns Deckung! Wir ziehen ab!«
Ich springe auf den Fahrersitz und drücke den Startknopf. Die Turbine kreischt auf, als der Treibstoff einströmt, und ich steuere den Schlitten fort von der Wohnkapsel. Dann entleert Vienne auf dem Hügel über uns einen Ladestreifen. Leere Hülsen regnen in stetem Strom um sie herum. Zwar kann ich nichts sehen, aber ich weiß, das kann nur eines bedeuten:
Die Dræu kommen.
Kommen, um uns zu holen.
KAPITEL 28
S ÜDPOL
A NNOS M ARTIS 238. 4. 0. 00:00
»Kettenkanone bemannen!«, brülle ich Ockham über den Motorenlärm hinweg zu. Ich drehe das Gas auf, und der Schlitten macht einen Satz nach vorn.
Aber der alte Mann ist bereits dabei, den schweren Lauf auszurichten. Mehrere Dræu rennen den Hügel hinauf, bewaffnet mit Plasmapistolen. Ockham jagt einen Feuerstoß los. Die Dræu fallen um, als wären ihre Beine unter ihnen explodiert.
»Steig ein!«, rufe ich Vienne zu. Sie springt von dem Hügel auf die Ladefläche, sorgsam darauf bedacht, nicht auf Jean-Pauls Planenkokon zu landen, gleitet auf den Sitz neben mir und nimmt den Scharfschützenlauf von ihrer Armalite ab.
Stichflammen jagen aus der Turbine des Schlittens. Wir schießen voran, und unsere Köpfe werden von der Wucht der plötzlichen Beschleunigung nach hinten gerissen. Die vorderen Kufen krachen über den Hügel, und durch das Gewicht der aufgeladenen Munition hebt das Heck ab. Lange hängen wir dort, taumeln hin und her zwischen Flucht und Versagen, bis Vienne sich nach vorn über die Haube wirft.
Ich steuere scharf nach links und folge dem Weg, den wir genommen haben, um zu dem Lager zu kommen.
Die Dræu erklimmen erneut den Hügel, und ihre Pistolen sind feuerbereit. Mit einem ohrenbetäubenden Phwiiiee segelt eine Woge Plasmageschosse über den Schlitten hinweg, fällt gerade zwei Meter vor uns aufs Eis und hinterlässt Dutzende von Löchern in dem Permafrostboden auf unserem Weg.
»Übernimm das Steuer!«, brülle ich Vienne zu.
Während sie sich herüberstreckt, um die Griffe zu packen, ziehe ich den Detonator vom Rücken und drücke auf den Knopf. Eine Sekunde passiert gar nichts. Dann bummbummbummbumm! Die Wohnkapsel explodiert. Glühender Schutt fliegt Dutzende Meter weit in die Luft, und die heftige Druckwelle haut die Schützenlinie der Dræu vollständig um. Von der Kapsel sind nur noch ein paar ausgefranste Platten aus geriffeltem Metall und demolierte Schlittenteile übrig.
»Jippiiieh!«, heult Ockham triumphierend. »Das wird den Biestern zeigen, woraus Regulatoren gemacht sind. Durchatmen, Leute!«
Nachdem ich wieder die Kontrolle über den Schlitten übernommen habe, steuere ich ihn über den letzten Gebirgsausläufer. Nun breitet sich die Tundra vor uns aus und gibt uns Gelegenheit, Abstand zu der Horde zu gewinnen.
»Wie sieht es mit den Verfolgern aus, Mimi?«, erkundige ich mich.
»Meine Scans melden keine Signaturen«, sagt sie. »Bisher.«
»Was bedeutet, ich sollte lieber noch nicht durchatmen.«
»Was bedeutet, du wirst vielleicht gar nicht mehr atmen wollen.«
»Was ist das für ein Lärm?«, frage ich laut, als mir auffällt, dass der Motor des Schlittens gequält klingt. Ich werfe einen Blick auf den Tachometer. Wir erreichen nur die Hälfte der möglichen Geschwindigkeit, und der Schlitten hört sich an, als würde er sein Getriebe zernagen.
Nur eine Minute später meldet Mimi sich zu Wort: »Du hast die Luft nicht lange genug angehalten, Cowboy. Die Sensoren fangen einen ganzen Haufen sich schnell nähernder Biosignaturen auf.«
Wie aufs Stichwort ruft Vienne in das plötzliche Schweigen: »Chief, wir haben Probleme. Bösewichter auf sechs, acht und fünf Uhr. Es sind Dræu auf Schneemobilen.«
»Wird ja immer lustiger für mich!«, schreit Ockham und macht sich daran, einen neuen Munitionsgurt in die Kettenkanone einzulegen. »Ich sehe sie!«, brüllt er gleich darauf. »Zehn Bösewichter kommen auf sieben Uhr schnell näher. Sollen die mörderischen Schweineschnauzen nur kommen! Ich werde ihnen eine Kostprobe eines Regulatorenfrühstücks verpassen.«
»Cowboy«, geht Mimi dazwischen, »bei ihrer derzeitigen Geschwindigkeit werden sie diesen Schlitten in ungefähr drei Minuten eingeholt haben.«
»Verdammt«, fluche ich und drehe das Gas weiter auf. Was natürlich sinnlos ist. Der Schlitten fährt bereits mit maximaler Leistung. Dann wird mir klar, dass es am Gewicht liegt. Ich habe zu viel Munition auf der Ladefläche verstaut.
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