Das mechanische Herz
Lars wischte Öl von einer Welle.
„Lars glaubt, dieses mechanische Problem hätte auch schon beim mechanischen Herzen die Ergebnisse des Testlaufs beeinflusst“, meinte Emelie mit einem zuckersüßen Lächeln.
„Entweder das oder Alister hatte einen dicken Fehler im Programm“, knurrte Lars. „Wie dem auch sei: Es kann nicht allein daran liegen, dass die Maschine die ganze Nacht lief. Irgendwas hatte auch die Verschlüsselung überspielt, jeder hätte hier reinkommen und sie benutzen können, während wir nicht da waren.“
„War jemand hier?“, erkundigte sich Cristof interessiert.
„So genau können wir das nicht sagen ...“ Isobel zuckte die Achseln. „Wir hatten das totale Chaos hinterlassen. Schwer festzustellen, ob etwas verändert war, als wir morgens eintrafen.“
„Nachmittags.“ Victor klopfte energisch mit einer Lochkarte auf den Tisch, ehe er sie auf den Stapel mit den bereits durchgesehenen Karten legte.
„Wann auch immer.“
„Also? Was ist beim Testlauf des mechanischen Herzens schiefgelaufen?“, fragte Taya.
„Es hat uns gesagt, Lars und Kyle hätten die besten Aussichten auf eine erfolgreiche Ehe“, antwortete die immer noch breit grinsende Emelie.
„Wenn laut Maschine zwei von uns besonders gut zusammenpassen, sollten die beiden einmal miteinander ausgehen und prüfen, ob das Programm recht hat. So war es abgemacht.“ Kyle sah vom Schaltplan auf. „Aber jetzt hat Lars kalte Füße bekommen.“ Er lachte.
„Lieber würde ich mich durch die Zahnräder der Großen Maschine drehen lassen“, stöhnte Lars.
„Wir waren uns alle einig, auch du hast zugestimmt!“, rief ihm Kyle ins Gedächtnis. „Mach dir keine Sorgen. Ich führe dich auch richtig hübsch aus.“
Taya lachte. „Gibt es denn nicht ein – ich weiß auch nicht, irgendeine Regel im Programm, dass ein Paar aus Mann und Frau bestehen muss?“
„Danach sucht Victor gerade.“ Immer noch still vor sich hin lächelnd widmete sich Kyle erneut seinem Schaltplan. „Entweder hat eine andere Funktion diesen Punkt außer Kraft gesetzt, oder Alister war freigeistiger, als wir bislang annahmen.“
„Gut für Alister!“ Isobel schraubte ein Blech von der Maschine ab.
Taya warf Cristof einen Seiteblick zu. Was mochte er von der Sache halten? Aber Cristof hatte nur noch Augen für das Innenleben der analytischen Maschine, vor der er sich auf den Boden gehockt hatte.
„Man sollte doch meinen, die Sache mit der Geschlechtszugehörigkeit käme ganz oben im Stapel, aber das scheint nicht der Fall zu sein!“, stöhnte Victor. „Außerdem sind ein paar der Lochkarten sowieso der reine Scherz. Er hat hier Register, die auch nicht die Spur einer Logik erkennen lassen.“
„Hat Alister das gesamte Programm selbst geschrieben?“, fragte Cristof.
„So gut wie. Es war sein Konzept.“ Seufzend fügte Victor dem Stapel der durchgesehenen Karten eine weitere hinzu. „Ich hätte die Unterprogramme viel eleganter abgefasst. Das hier sieht so aus, als wäre es Alister egal gewesen, wieviel Zeit und Energie sein Programm in Anspruch nahm.“
„Er wollte es ja letztlich auch in der Großen Maschine laufen lassen, oder?“, fragte Taya. „Die hat doch bestimmt mehr Rechenleistung.“
„Ästhetik ist wichtig. Programme sollten so geordnet und sauber wie möglich sein. Alister war normalerweise sehr effizient, aber dieses Durcheinander ist eindeutig viel zu verschnörkelt.“
„Das hier ist jetzt aber nicht die Version für die Große Maschine“, sagte Cristof. „Dazu sind die Karten doch viel zu klein.“
„Das war die Testversion, mit der er hier gearbeitet hat. Niemand testet Programme auf der Großen Maschine. Das kostet zuviel, und man will ja auch nicht für einen Absturz verantwortlich sein.“
„Was würde passieren, wenn die Große Maschine abstürzt?“ Taya legte den Kopf schief, stellte sich vor, wie große Zahnräder ineinander fielen. „Könnte man den Zerrissenen Karten zutrauen, dass sie es darauf abgesehen haben? Mit dem Teilprogramm, das Cristof letzte Nacht dabei hatte, könnte man die Große Maschine abschalten, sagtet ihr.“
„Was nicht das Ende der Welt wäre.“ Lars gab Cristof, der angefangen hatte, die gesäuberten Einzelteile der analytischen Maschine wieder zusammenzusetzen, ein sauberes Zahnrad. Der Erhabene wirkte dabei ganz auf seine Arbeit konzentriert, wie an dem Tag, an dem Taya dabei zugesehen hatte, wie er den Chronometer in ihrem Horst auseinandernahm. „Klar würde man
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