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Das mechanische Herz

Das mechanische Herz

Titel: Das mechanische Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dru Pagliassotti
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Flammen gleich aufleuchten, als er sich die Brille höher auf die Nase schob und sich abwandte. „Sicheren Flug, Ikarierin.“
    Sie starrte ihm einen Moment lang verdattert nach, ehe sie die Arme hob und die Flügel mit einem Schulterzucken wieder in der geschlossenen Position einrasten ließ. „Schmiedefeuer! Was habe ich denn sonst vor heute abend? In meinem Schlafzimmer sitzen und grübeln?“
    „Zusammen gegessen haben wir sowieso schon!“, rief sie ihm nach. „Damals, als Ihr noch nicht so unhöflich wart.“
    Er blieb so abrupt stehen, dass der Saum seines Mantels sich um seine Beine bauschte.
    „Ich habe gesagt, dass es mir leid tut.“
    „Bei uns Ikariern ist das so“, teilte sie seinem Rücken mit, „wenn zwei Freunde sich gestritten haben, gibt der eine dem anderen zur Versöhnung einen aus.“
    Er starrte vor sich hin in die Dunkelheit, ohne sich umzudrehen.
    „Woran hattest du gedacht?“
    „Ein kühles Bier wäre perfekt. Um damit einen würzigen Cabisi-Eintopf hinunterzuspülen.“ Taya verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich habe doch schon gesagt, dass ich kurz vorm Verhungern bin.“
    Endlich drehte Cristof sich um.
    „Dann lade ich dich auch gleich noch zum Abendessen ein“, sagte er, wobei sein ernster Tonfall in krassem Gegensatz zu der abgrundtiefen Erleichterung stand, die sich auf seinem Gesicht abzuzeichnen begann.

Kapitel 11

    T ayas Lieblingsrestaurant, das sich auf cabisische Gerichte spezialisiert hatte, lag in der Nähe der Hochschule. Hier aßen vor allem ausländische Studenten und nur hin und wieder einmal auch Bürger Ondiniums, die ähnlich abenteuerlich veranlagt waren wie die Ikarier. Cristof hielt sich eisern an seinen Entschluss, lieber zu fasten, und knabberte nur an den Fladenbrotstreifen, die zum Essen serviert wurden. Die beiden sprachen über das, was sie bislang herausgefunden hatten – war es auch nicht viel, so bewegten sie sich bei dem Thema doch auf sicherem Terrain. Taya wusste nicht, was sie davon halten sollte, dass Cristof neidisch auf Alister war. Inzwischen wusste sie überhaupt nicht mehr, was sie von diesem Cristof halten sollte.
    Am besten und einfachsten war es, gar nicht über den Mann nachzudenken.
    Sobald sie gespeist hatte, gingen sie zu Fuß zur gerade mal nur vier Blocks entfernten Hochschule, wo sie erneut die Kellerräume des Fachbereichs für Wissenschaft und Technologie aufsuchten. Auch diesmal drang ihnen schon im Flur das erregte Stimmengewirr eines Wortwechsels ans Ohr, aber das Klappern der analytischen Maschine schien verstummt, und auch die Dampfmaschinen weiter unten im Keller hörte man nicht mehr stampfen.
    „Hallo!“ Bei Tayas heiterem Gruß fand der Streit ein jähes Ende. Die Programmierer sahen zur Tür. Hände klatschten an Stirnen, und Köpfe neigten sich schwungvoll, als sie hinter Taya auch Cristof erkannten.
    „Das ist jetzt gerade nicht der richtige Zeitpunkt für einen Besuch!“, warnte Kyle, der vor sich auf dem Tisch einen großen Schaltplan liegen hatte. „Hier hat sich heute morgen ein Fehler eingeschlichen. Wir suchen schon den ganzen Tag danach.“
    „Ist etwas mit einem eurer Programme schiefgelaufen?“ Taya sah sich die große analytische Maschine an, die teilweise zerlegt reglos an der Wand stand. Die dicken Kabel, mit denen sie an die Dampfmaschinen im tieferliegenden Keller angeschlossen war, hatte man abgetrennt.
    „Nein, wir glauben, es ist ein mechanisches Problem.“ Lars prüfte gerade eines der Zahnräder. Cristof trat neben ihn. „Irgend etwas mit den Wellen, oder die Zahnräder haben zuviel Spiel.“
    „Was genau ist passiert?“
    „Als wir heute morgen ankamen ...“
    „Nachmittag!“, verbesserte Victor, der vor einer Schachtel mit Lochkarten hockte, die er sich eine nach der anderen vornahm, genau prüfte und auf einen Stapel neben der Schachtel legte. „Heute morgen hatten wir alle erst mal einen Kater.“
    „Als wir heute nachmittag – am frühen Nachmittag! – hier ankamen, lief die Maschine von ganz allein.“
    „Ist das schlecht?“ Taya zog einen Stuhl an den Tisch, drehte ihn mit der Lehne zur Tischkante und setzte sich rittlings darauf. So hatten die Flügel Platz, die hinter ihr aufragten.
    „Für den Mechanismus kann das auf keinen Fall gut sein.“ Cristof fixierte die Zahnräder mit zusammengekniffenen Augen. „Die hier ist eine Präzisionsmaschine wie ein Chronometer. Verliert sie bei Materialermüdung an Exaktheit?“
    „Worauf Ihr Gift nehmen könnt!“

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