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Das Meer Der Tausend Seelen

Das Meer Der Tausend Seelen

Titel: Das Meer Der Tausend Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Ryan , Catrin Frischer
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rennt sie weg, oder wo rennt sie hin?
    Aber sie klettert immer höher, gleich wird sie oben sein. Zwischen den Bäumen schlurfen die Mudo mit ausgestreckten Armen der Verheißung entgegen.
    Mein ganzer Körper ist von Schweiß bedeckt. Elias verfolgt sie schon, ehe ich ihm hinterhergestolpert bin.
    »Cira!«, rufe ich erstaunt und alarmiert zugleich. Sie solle stehen bleiben, brüllt Elias ihr zu. Sie zögert und schaut über die Schulter zu uns, zu ihrem Bruder.
    Einen Moment lang glaube ich, dass sie stehen bleiben wird. Sie muss doch im Fieberwahn sein oder schlafen. Sie wird uns hören, denke ich, und sich dann wieder auf den Boden und in die Sicherheit hinter dem Zaun fallen lassen. Aber sie klettert einfach weiter.
    »Stopp! Was machst du da?«, brülle ich. Sie hört nicht zu, schaut mich nicht noch mal an. Es ist, als wäre ich gar nicht da – und auch sonst keiner von uns. Ich strenge mich an, will bei ihr sein, bevor es zu spät ist.
    Elias hat den Zaun fast erreicht. Er greift nach ihr, aber sie schwingt ihre Beine auf die andere Seite und springt. Wir sind zu spät.
    »Cira!« Mein Hals ist schon wund. »Komm zurück!« Zu viele Gedanken hageln auf mich ein: Sie ist im Wald, dort ist es nicht sicher, sie hat keine Waffe, wenn ich nur lauter schreie, wird sie mich hören und verstehen.
    Entsetzt verfolge ich, wie Mudo auf sie zu schlurfen. Sie rennt an ihnen vorbei zwischen die Bäume und stolpert durch dichtes Unterholz.
    Ich erreiche den Zaun und schlage mit den Fäusten dagegen. »Cira!«, brülle ich, kralle die Finger um den rostigen Draht und schreie lauter. Was macht sie da? Was denkt sie sich dabei? Der Maschendraht schneidet mir in die Finger, doch das ist mir egal, ich schlage nur noch heftiger darauf ein.
    Neben mir ist jetzt Catcher am Zaun angelangt, ohne zu zögern stürzt er sich darüber. Er landet auf der anderen Seite und sprintet hinter seiner Schwester her. Die Mudo drehen sich nicht mal in seine Richtung, sie bemerken ihn gar nicht.
    Die Schluchzer in mir wollen mich ersticken. »Bitte, komm zurück, Cira«, will ich schreien, aber meine Stimme versagt.
    Ich kann nur beobachten, wie Catcher auf seine Schwester zu läuft, wie sie von Mudo umzingelt wird, die mir die Sicht nehmen. Sie schneiden ihr den Weg zum Zaun ab, weil sie aus allen Richtungen angestolpert kommen. Das Blut, das ihre Verbände sprenkelt, schürt ihren Hunger, ihre Gier, und sie rücken immer näher.
    »Wir müssen ihr helfen.« Ich klettere los. »Wir haben Waffen, wir können sie von ihr fernhalten«, sage ich verzweifelt, weil ich unbedingt etwas anderes tun will, als hier zu stehen und zuzuschauen.
    Aber Elias zieht mich zurück, schlingt seine Arme um meinen Körper. »Das können wir nicht«, sagt er. »Es sind zu viele. Sie werden auf uns losgehen.«
    Ich schüttele den Kopf, in mir schreit alles danach, Cira zu beschützen, obwohl ich weiß, dass Elias recht hat. Ich schluchze würgend, während Elias mich festhält, und dabei beobachten wir Catcher, der sich seiner Schwester nähert. Ich muss den Kopf abwenden. Ich kann nicht mitansehen, wie meine Freundin gebissen wird.
    Da merke ich, dass Elias mir seine Lippen an die Schläfe drückt. »Sch«, sagt er immer wieder, aber ich kann den heulenden Klagelaut nicht zurückhalten, der tief aus meinem Inneren hervorbricht. Ich presse mein Gesicht an seine Schulter, versuche mich an ein Gebet zu erinnern, versuche irgendwas, irgendwen anzuflehen, meine beste Freundin doch zu retten.
    Elias legt mir die Hände schützend auf den Kopf und zieht mich fest an sich. »Er hat sie«, sagt er. Sein Körper ist angespannt. Ich spüre, wie wild sein Herz schlägt.
    »Er trägt sie raus.« Elias bemüht sich, ruhig zu klingen, doch ich höre die Anspannung in seiner Stimme. Ich werfe einen kurzen Blick durch den Zaun, wo Catcher gerade von uns wegrennt und Cira tiefer in den Wald hineinträgt.
    »W… was macht er da?« Ich packe den Drahtzaun, schüttele ihn, bis er Wellen schlägt. Er bringt Cira von uns, von der Sicherheit weg.
    Und dann begreife ich es. »Die Pfade!« Meine Stimme hüpft vor Hoffnung. Ich drehe mich wieder zu Elias um. »Er hat doch gesagt, er kann den Weg durch den Wald abkürzen. Vielleicht bringt er sie zu einem anderen Pfad.«
    Ich trete einen Schritt zurück, ich kann kaum einen klaren Gedanken fassen. »Wir müssen versuchen sie zu finden«, sage ich. Meine Hände zittern, als ich mir den Schweiß von der Oberlippe wische.
    Elias öffnet den Mund,

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