Das Midas-Kartell
Kopf, den er kaum gerade halten konnte, näherte er sich mit schlurfenden, schweren Schritten.
»Ist er das?«, fragte Radan.
Isaiah kniff die Augen leicht zusammen und spähte in die Ferne. »Ich glaube schon.«
Der Mann stolperte und stürzte, fing sich aber mit den Händen ab. Ein Rabe bei der Landung. Er stand auf, klopfte sich die Erde von der Hose und setzte seinen unsicheren Weg fort.
»Er sieht aus, als wäre er betrunken«, sagte Radan.
»Er hat Angst. So sieht das aus, wenn Leute Angst haben«, erklärte Isaiah.
Mit erhobenen Händen und gesenktem Kopf kam der Mann näher; noch schien er sie nicht gesehen zu haben. Zwanzig Meter vor dem Tor blieb er stehen. Der Wind fuhr in sein schwarzes Jackett. Sein Gesicht war so grau wie der Himmel über ihm. Seine Augen lagen tief in ihren Höhlen, und seine Lippen waren rot, beinahe scharlachrot. Er fuhr sich mit der Zunge darüber und wischte sich mit der Hand über die Nase. Radan und Isaiah rührten sich nicht. Dieser Mann sah aus wie ein Gespenst, einem Albtraum entsprungen. Er wartete schweigend.
»Markus Cartright?«, sagte Radan schlieÃlich.
Die Geistermaske nickte.
»Treten Sie bitte näher.« Radan zog die Automatikpistole aus seinem Schulterhalfter und richtete sie auf Markus. »Mein Kollege wird Sie durchsuchen.«
Isaiah trat auf Markus zu. Der Mann schien ihn nicht wiederzuerkennen, und nichts deutete darauf hin, dass er Radan verstanden hatte. Er fuhr mit den Händen über Markusâ Schultern, seinen Rumpf, über Arme und Beine.
»Er ist sauber«, sagte er.
Radan senkte die Waffe.
»Wo sind sie? Ich will sie sehen«, sagte Markus mit schwerer Zunge. Er blickte auf, die Lider halb geschlossenen.
»Mein Freund hier wird Sie hinführen. Ich werde Ihnen folgen. Sollten Sie irgendetwas tun, das mich irritiert, schieÃe ich Ihnen ins Bein.«
Markus schwankte, als würde er im nächsten Moment bewusstlos umfallen.
»Bitte, Markus, diese Waffe hat einen sehr empfindlichen Abzug. Keine unvermittelten Bewegungen.«
Markus folgte Isaiah in Richtung Schuppen.
»Hier«, sagte Isaiah, deutete auf die Tür und machte Jacob ein Zeichen, aus dem Weg zu gehen. »Schauen Sie hier hinein.«
Markus lugte durch den Türspalt. Natalie und Mila kauerten eng aneinandergeschmiegt in einer Ecke. Ihr Anblick traf ihn wie ein Messerstich ins Herz.
»Wer ist da? Wer ist da drauÃen? Was wollen Sie?« Das war Natalie.
»Ich binâs«, rief Markus mit brechender Stimme. »Alles in Ordnung bei euch? Wie geht es Mila?«
Ein Scharren ertönte auf der anderen Seite der Tür, dann hämmerten Fäuste gegen das Holz. »Markus, Markus, hol uns hier raus!«
»Sie sehen, es geht ihnen gut. Los, hier entlang.« Radan wedelte mit der Waffe und schob ihn auf den Weg zurück. »Der Laptop steht im Haus. Verschaffen Sie uns Zugang zu den Konten, dann bekommen Sie Ihre Tochter wieder.«
»Alles wird gut, alles wird gut!«, rief Markus über die Schulter, während er Radan auf dem morastigen Pfad folgte. Er glitt dabei zweimal beinahe aus und musste sich an der Trockensteinmauer festhalten.
»Hier hinein«, sagte Radan.
Markus stieà die Tür auf. Der Raum dahinter war quadratisch, voll mit Gerümpel und total verdreckt. Alles war stumpfbraun, Boden, Tisch, Wände, die verstaubten Flaschen im Regal. Er hörte wieder Dons Stimme in seinem Kopf: Wenn du den Raum betrittst, musst du dir alles genau einprägen. Wo sind die Fenster, wo Hindernisse, wo die Ausgänge, wo stehen die Typen? Dein Vater sagte immer, gut geplant ist halb gewonnen .
Markus kniff die Augen zusammen, um sich an das schummrige Licht zu gewöhnen. Neben dem Tisch stand ein Mann, hochgewachsen, mit Wellington-Boots, Wachscottonjacke und einem breitkrempigen Hut auf dem Kopf.
»Mr Wittgenstein, nehme ich an?«, sagte Markus.
Pieter zuckte zusammen, als wäre er von einer Schlange gebissen worden.
Radan schob Markus an den Tisch. »Fangen Sie an.«
»Ich muss in meine Tasche fassen«, erklärte Markus. »Die Namen und Kontodaten stehen auf einem Zettel. Den brauche ich.« Er blickte über die Schulter. Um ihn herum waren drei Männer. Der Dicke, der vor dem Schuppen gestanden hatte, verstellte den Ausgang. Radan und Isaiah hatten sich rechts und links neben Markus aufgebaut.
»Langsam«, sagte Radan.
Markus
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