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Das Mitternachtskleid

Das Mitternachtskleid

Titel: Das Mitternachtskleid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Dienstbeflissenheit in Person. »Was für ein unverzeihliches Benehmen unsererseits«, sagte er. »Für eine Freundin von Frau Prust tun wir doch alles! Wissen Sie was? Es wird uns ein Vergnügen sein, Ihnen unsere Expressreparatur gratis und umsonst angedeihen zu lassen, inklusive kostenloser Borsten. Und der Kreosotanstrich geht natürlich aufs Haus!«
    »Wobei Expressreparatur bedeutet, dass Sie anschließend auf der Stelle die Werkstatt verlassen«, ergänzte der zweite Zwerg nachdrücklich. Er nahm seinen eisernen Helm ab, wischte mit einem Taschentuch den Schweiß heraus und setzte ihn eilig wieder auf.
    »In der Tat«, sagte der Vorarbeiter. »Express bedeutet auf der Stelle.«
    »Du bist also mit den Größten befreundet?«, fragte Frau Prust, während die Zwerge Hals über Kopf die Ausbesserung von Tiffanys Besen in Angriff nahmen. »Das können sicher nicht viele Leute von sich behaupten. Aber wo wir gerade beim Thema Freunde sind …« Sie schlug einen munteren Plauderton an. »Du erinnerst dich an Derek? Er ist mein Sohn. Ich habe seinen Vater in einem extrem schlecht beleuchteten Tanzsaal kennengelernt. Herr Prust war ein liebenswerter Mann, so herzensgut, dass er immer gesagt hat, eine Frau ohne Warzen zu küssen wäre wie ein Ei ohne Salz zu essen. Er ist vor fünfundzwanzig Jahren von mir gegangen, von den Kriemeln dahingerafft. Leider konnte ich ihm nicht helfen.« Ihre Miene hellte sich wieder auf. »Aber zum Glück habe ich ja noch meinen Derek. Der Junge ist der Trost meiner« – sie zögerte kurz – »meiner mittelalten Tage. Ein reizender junger Mann, mein Kind. Die Frau, die ihn sich eines Tages angelt, hat einen Glücksgriff getan, das kannst du mir glauben. Er geht vollkommen in seiner Arbeit auf und achtet auf jedes noch so kleine Detail. Zum Beispiel stimmt er jeden Morgen die Furzkissen, und wenn auch nur eines schiefe Töne von sich gibt, grämt er sich furchtbar. Gründlich ist er auch. Als wir unsere neue ›Pflasterperlen‹-Kollektion entwickelt haben – diese zum Schießen komische Sammlung künstlicher Hundehaufen, die in Kürze auf den Markt kommen wird –, ist er wochenlang mit einem Notizbuch, einer Schaufel und einer Farbtabelle bewaffnet hinter jedem Hund in der Stadt hergelaufen, damit auch ja alles ganz naturgetreu wird. Ein sehr gewissenhafter Junge, auf seine Art nicht ungepflegt, und seine Zähne hat er auch noch alle. Außerdem achtet er sehr auf den richtigen Umgang …« Sie warf Tiffany einen hoffnungsvollen, aber auch leicht verlegenen Blick zu. »Das Gerede kann ich mir sparen, oder?«
    »Oh, nein, hat man mir das etwa angemerkt?«
    »Ich habe die Schlupfwörter gehört«, sagte Frau Prust.
    »Was sind denn Schlupfwörter?«
    »Das weißt du nicht? Das sind Wörter, die man in letzter Sekunde runterschluckt. Sie liegen gewissermaßen in der Luft oder jemandem auf der Zunge, aber sie schlüpfen nicht raus. Was meinen Sohn Derek angeht, war es jedenfalls ein Glück, dass du sie für dich behalten hast.«
    »Es tut mir wirklich sehr leid«, sagte Tiffany.
    »Tja, nun weißt du’s«, sagte Frau Prust.
     
    Als sie fünf Minuten später die Werkstatt verließen, zog Tiffany einen voll funktionsfähigen Besen hinter sich her.
    »Übrigens«, sagte Frau Prust im Gehen. »Wenn ich es mir recht überlege, erinnern mich deine Größten sehr an den Kleinen Irren Arthur: ein knallharter Rabauke, ungefähr dieselbe Größe. Bloß hab ich noch nicht erlebt, dass er Potzblitz gerufen hätte. Er arbeitet als Polizist bei der Stadtwache. «
    »Für die Polizei haben die Größten nichts übrig.« Der Gerechtigkeit halber fügte Tiffany hinzu: »Aber sie sind sehr loyal, meistens hilfsbereit, herzensgut, solange sie nüchtern sind, und bis zu einem gewissen Grad auch durchaus ehrenhaft. Außerdem verdankt ihnen die Welt die Erfindung des frittierten Hermelins.«
    »Was ist ein Hermelin?«, fragte Frau Prust.
    »Äh, Sie wissen, was ein Wiesel ist? Ein Hermelin ist so was Ähnliches.«
    Frau Prust hob die Augenbrauen. »Mein liebes Kind, ich bin ausgesprochen stolz darauf, dass ich nichts, aber auch rein gar nichts über Hermeline und Wiesel weiß. Klingt mir ganz danach, als ob so was nur auf dem Land wächst. Ich bin eine echte Großstadtpflanze und kann das Landleben nicht ausstehen. Zu viel Grün schlägt mir auf die Galle«, sagte sie mit einem Blick auf Tiffanys Kleid und schüttelte sich.
    Wie auf ein himmlisches Stichwort erscholl in ebendiesem Moment in der Ferne ein

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