Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Mitternachtskleid

Das Mitternachtskleid

Titel: Das Mitternachtskleid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
eines Gebäudes aus. Während sie es noch anstarrte, fing ein dicker Balken auf einmal ominös zu knarren an, um im nächsten Augenblick auf einen Haufen zerschmetterter Möbel abzusacken.
    »Ich habe gesagt, ihr sollt ihn aufspüren; ich habe nie gesagt, ihr sollt dabei die Türen aus den Angeln reißen.« Sie verschränkte die Arme. Sofort drängten sich die Kobolde schutzsuchend aneinander. Das nächste Stadium des weiblichen Zorns würde das Aufklopfen mit dem Fuß sein. Wenn es so weit gekommen war, brachen sie üblicherweise in Tränen aus und liefen gegen Bäume. Heute allerdings bildeten sie eine ordentliche Reihe hinter Tiffany, Frau Prust und der Feldwebelin.
    Angua nickte Frau Prust zu und sagte: »Ich denke, wir können uns darauf verständigen, dass keine Handschellen nötig sind – nicht wahr, meine Damen?«
    »Ach, Sie kennen mich doch«, antwortete Frau Prust.
    Anguas Augen verengten sich zu Schlitzen. »Ja, aber Ihre kleine Freundin kenne ich nicht. Ich möchte, dass Sie den Besen tragen, Frau Prust.«
    Da jeglicher Widerspruch zwecklos gewesen wäre, händigte Tiffany ihren Besen klaglos aus. Schweigend machten sie sich auf den Weg, nur begleitet vom gedämpften Gemurre der Größten.
    Nach einer Weile sagte die Feldwebelin: »Keine gute Zeit, einen spitzen schwarzen Hut zu tragen, Frau Prust. Es hat schon wieder einen Vorfall gegeben, draußen im Flachland. Irgend so ein langweiliges Rattennest, in das Sie sich nie verirren würden. Eine alte Frau wurde brutal zusammengeschlagen, weil sie ein Buch mit Zaubersprüchen besaß. «
    »Nein!«
    Sie drehten sich zu Tiffany um, und die Größten traten ihr in die Hacken.
    Angua schüttelte den Kopf. »So leid es mir tut, aber es ist wahr, Fräulein. Dabei war es nur ein Buch mit klatschianischen Gedichten. Schuld war die schnörkelige Schrift. Wer es drauf anlegt, könnte es vermutlich für ein Zauberbuch halten. Sie ist gestorben.«
    »Daran ist bloß die Times schuld«, sagte Frau Prust. »Weil sie über solche Sachen schreiben. Dadurch bringen sie die Leute auf Ideen.«
    Die Wachfrau zuckte mit den Schultern. »Nach allem, was ich weiß, hatten die Täter mit Lesen nicht viel am Hut.«
    »Sie müssen dafür sorgen, dass das aufhört!«, sagte Tiffany.
    »Wie sollen wir es verhindern? Wir sind die Stadt wache. Jenseits der Mauern sind wir eigentlich nicht mehr zuständig. Wahrscheinlich gibt es da draußen in den Wäldern Dörfer, von denen wir noch nie etwas gehört haben. Ich kann mir auch nicht erklären, wo dieser Wahnsinn plötzlich herkommt. Es ist so, als wäre er vom Himmel gefallen.« Angua rieb sich die Hände. »Bei uns in der Stadt gibt es natürlich keine Hexen«, sagte sie. »Aber dafür sehr viele Junggesellinnenpartys, nicht wahr, Frau Prust?« Die Wachfrau zwinkerte. Sie zwinkerte tatsächlich, Tiffany war sich ganz sicher, genauso sicher, wie sie gewusst hatte, dass Hauptmann Karotte die Herzogin nicht besonders gut leiden konnte.
    »Ich glaube, echte Hexen würden diesem bösen Treiben schnell ein Ende machen«, sagte Tiffany. »Auf jeden Fall die in den Bergen, Frau Prust.«
    »Ja, aber wir haben hier nun mal keine echten Hexen. Du hast doch gehört, was die Feldwebelin gesagt hat.« Frau Prust funkelte Tiffany böse an und zischte: »Wir streiten nicht vor normalen Menschen. Das macht sie nervös.«
    Vor einem großen Gebäude mit je einer blauen Laterne rechts und links vom Eingang blieben sie stehen. »Willkommen im Wachhaus, meine Damen«, sagte Angua. »Also dann, Fräulein Weh. Ich muss Sie jetzt in eine Zelle sperren, aber in eine saubere, so gut wie mausfreie, und wenn Frau Prust Ihnen Gesellschaft leistet, könnte es mir durchaus passieren, dass ich vergesse, den Schlüssel abzuziehen. Aber verlassen Sie bitte das Gebäude nicht; man würde sofort Jagd auf Sie machen.« Sie sah Tiffany in die Augen und fügte hinzu: »Und das wünsche ich keinem. Es ist furchtbar, gejagt zu werden.«
    Sie führte sie durch das Gebäude bis zu einer Reihe überraschend gemütlich aussehender Zellen und winkte sie in eine davon hinein. Krachend knallte die Tür hinter ihr ins Schloss, dann entfernten sich Anguas Schritte hallend durch den gepflasterten Gang.
    Frau Prust streckte die Hand durchs Gitter. Es klimperte metallisch, und als sie die Hand wieder zurückzog, hielt sie den Schlüssel darin. Sie steckte ihn von innen ins Schloss und drehte ihn um. »So«, sagte sie. »Jetzt sind wir doppelt sicher.«
    »Potzblitz«, sagte Rob Irgendwer.

Weitere Kostenlose Bücher