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Das Mönchskraut

Das Mönchskraut

Titel: Das Mönchskraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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noch zäh bewegte.
    »Mach die Lampe an!« bat Cadfael und hob das Tuch hoch, um das Fläschchen genauer zu betrachten. Mark hantierte eifrig mit Flintstein und Zunder, ein Funke entzündete den Docht der kleinen Öllampe in der Tonschale, doch der Kampf des verglimmenden Tageslichts mit dem kleinen Flämmchen verbesserte die Sicht nur geringfügig. Aufgeregt schnüffelte Cadfael an dem Teil des Tuchs, der die braungefärbte Seite der Phiole berührt hatte. Der Geruch war schwach, aber unverkennbar, war trotz des Frostes nicht völlig verflogen. An der Außenseite der Flasche war eine dünne, verkrustete, längst getrocknete Ölspur zu sehen.
    »Ist es das, was du haben wolltest?« Bruder Mark beugte sich zu seinem Lehrmeister herab, hoffnungsvoll und ängstlich zugleich. »Habe ich dir das Richtige gebracht?«
    »Allerdings, mein Junge! Dieses winzige Ding hat den Tod enthalten, und man kann es in der Faust verbergen. Lag es auf dieser Seite, als du es fandest? Da, wo sich der Flüssigkeitsrest in der Flasche gesammelt hat? Und außen ist auch diese Ölspur zu sehen ... Der Mörder hat die Phiole in aller Hast zugestöpselt und eingesteckt. Vermutlich weist seine Kleidung Ölflecken auf. Die lange, dünne, getrocknete Linie läßt erkennen, daß die Flasche nicht fest verschlossen war, als sie gestohlen wurde. Und nun setz dich und sag mir, wo du sie gefunden hast, denn davon hängt sehr viel ab. Könntest du mir die Stelle zeigen?«
    »O ja - ich habe sie markiert!« Beglückt über seinen Erfolg nahm der junge Gehilfe neben Cadfael Platz und lehnte sich eifrig an seinen Arm. »Du kennst doch die Häuser mit den kleinen Gärten, die fast bis zum Wasserrand reichen. Daneben führt nur ein schmaler Fußweg am Ufer des Teichs entlang. Ich wollte mir keinen Vorwand ausdenken, um die Gärten betreten zu können, außerdem sind sie schmal und steigen steil an. Es wäre nicht schwer gewesen, irgendwas halbwegs Gewichtiges vom Haus aus zum Wasserrand und darüber hinaus zu werfen - nicht einmal für jemanden, der es eilig hat. Ich suchte also erst mal die Wegstrecke in der Reichweite des Küchenfensters ab.
    Doch da habe ich die Flasche nicht gefunden.«
    »Nein?« fragte Cadfael verwundert.
    »Nein - daneben. Inzwischen hat sich ein Froststreifen am Ufer gebildet. Aber durch die Strömung, die vom Mühlenrad erzeugt wird, kann das Wasser in der Mitte des Teichs nicht gefrieren. Ich entdeckte das Fläschchen auf dem Rückweg, nachdem ich alle Grasbüschel und Sträucher durchsucht hatte.
    Da dachte ich mir, daß ich auch mal auf der anderen Seite des Weges nachschauen könnte, am Wasserrand. Und da lag es, halb im Eis vergraben. Ich habe die Stelle mit einem Haselzweig gekennzeichnet. Und das Loch im Eis, wo ich's herausgezogen habe, müßte auch zu sehen sein - solange es nicht taut. Ich glaube, das Fläschchen wurde über den Eisrand hinausgeworfen, aber nicht weit genug, um von der Mühlenströmung erfaßt zu werden. Weil es zugestöpselt war, trieb es auf dem Wasser, wurde zum Ufer zurückgetragen, und als es gefror, blieb es im Eis stecken. Aber es kann unmöglich aus dem Küchenfenster geworfen worden sein, Cadfael. Dazu war es zu weit unten am Wegrand.«
    »Bist du sicher? Wo war es? War es die Entfernung, die dir zu groß erschien?«
    »Nein - die Richtung stimmte nicht. Es lag zu weit rechts, hinter einem dichten Gestrüpp. Wenn man es aus dem Küchenfenster geworfen hätte, wäre es nicht da gewesen, wo ich es gefunden habe. Aber es wäre möglich, daß es aus dem Fenster des anderen Raumes geschleudert wurde. Erinnerst du dich, daß auch dieses Fenster offen war? In dem Zimmer, wo sie gegessen haben?«
    Cadfael dachte an den Augenblick zurück, wo ihn die verzweifelte Richildis hastig ins Schlafzimmer geführt hatte, durch den Wohnraum, vorbei an dem Scherbenhaufen auf dem Eßtisch und am Boden ... »Ja, das Fenster stand offen, denn die Mittagssonne schien herein. Aus diesem Raum war Edwin wütend hinausgelaufen, durch die Küche, wo er - nach der Überzeugung des Wachtmeisters - sein Verbrechen begangen hatte, um sich dann später des Beweisstückes zu entledigen.
    Aber er war nicht einmal für Sekunden allein im Wohnzimmer gewesen. Erst bei seiner überstürzten Flucht war er aus dem Blickfeld der Anwesenden verschwunden. Weißt du, was das bedeutet, Mark? Nach allem, was du sagst, wurde die Phiole entweder aus dem Wohnzimmer geworfen, oder jemand, der den Weg entlangging, ließ sie in den Teich fallen. Edwin

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