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Das Mörderschiff

Das Mörderschiff

Titel: Das Mörderschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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selbst den härtesten Fisch entmutigt hätte. Auf jeden Fall entmutigte er mich. Fünf Minuten in diesem Wetter, entweder in einem Boot oder in einem Taucheranzug, und ich wäre erledigt gewesen. Die Ebbe und der Wind kämpften miteinander, und das war der vollendetste Hexensabbat, den ich je gesehen habe. Da waren keine Wellen, nur ein sich wie rasend drehender Wirbel von Strudeln, Sturzseen und Stromschnellen, die nirgendwohin und überallhin strömten. Die Stromschnellen und Sturzseen glänzten beim Herunterstürzen in einem kochenden Weiß, und in der Tiefe waren sie schwarz und böse. Kein Ort, zu dem man Tante Gladys an einem ruhigen Herbstnachmittag in einem Ruderboot ausführen konnte.
    Seltsamerweise gab es ganz in der Nähe an der Ost- und Westküste von Dubh Sgeir durchaus Stellen, wohin man Tante Gladys hätte rudern können. Bei diesen Stromschnellen, die durch die Gezeiten bedingt sind, zeigt sich zwischen den Inseln des öfteren ein bis heute noch nicht geklärtes Phänomen. Plötzlich erstreckt sich ein Stück ganz ruhigen Wassers, an dessen Grenzen sich die Kämpfe und die tobende Unruhe des Meeres abspielen. Genauso war es hier. Fast eine Meile weit zwischen der südlichsten und der östlichsten Spitze von Dubh Sgeir, ungefähr dreihundert Meter von der Küste entfernt, war das Wasser schwarz und ruhig. Es war einfach unheimlich.
    »Wissen Sie bestimmt, daß Sie hier landen wollen?« fragte Williams.
    »Ist es schwierig?«
    »Ganz leicht. Es ist schon oft passiert, daß Hubschrauber auf Dubh Sgeir gelandet sind. Nicht meiner – andere. Ich befürchte nur, daß Sie genauso empfangen werden, wie es Ihnen auf Eilean Oran ergangen ist. Es gibt Dutzende von kleinen Inseln an der Westküste, die sich in Privatbesitz befinden, und keiner der Eigentümer hat es gern, ungeladene Gäste bei sich zu sehen. Der Besitzer von Dubh Sgeir haßt solche Besucher.«
    »Ich muß schon sagen, daß die weltberühmte Gastfreundschaft der Hochländer zuweilen direkt beängstigend zu sein scheint. Das Heim eines Schotten scheint auch seine Burg zu sein, wie?«
    »Es gibt hier eine Burg. Das Haus des Stammes Dalwhinnie. Jedenfalls glaube ich, daß es das ist.«
    »Dalwhinnie ist eine Stadt und nicht ein Stamm.«
    »Na ja, irgend etwas, was man nicht aussprechen kann.« Das war gut, wenn man sich überlegte, daß seine Vorväter wahrscheinlich von Menschen abstammten, die sich Rhosllanerchrugog oder Pontrhydfendgaid schrieben. »Der Mann, der hier lebt, ist der Chef des Stammes, Lord Kirkside. Ehemaliger Lordkommandant des Bezirks. Ein wichtiger Bürger, aber ein Mann, der jetzt völlig zurückgezogen lebt. Er verläßt seine Insel ganz selten. Vielleicht nur, um an Hochland-Spielen teilzunehmen, oder um einmal im Monat nach Süden zu fahren und im Oberhaus gegen den Erzbischof von Canterbury aufzutreten.«
    »Da muß es wohl manchmal sehr schwierig für ihn sein, zu wissen, wo er sich gerade aufhält. Ich habe schon von ihm gehört. Er scheint eine außerordentlich geringe Meinung vom Unterhaus zu haben und pflegt jedesmal, wenn er im Oberhaus ist, eine dementsprechende lange Rede zu halten.«
    »Genau. So ist er, aber das hat sich geändert. Er hat vor einiger Zeit seinen ältesten Sohn und seinen zukünftigen Schwiegersohn verloren. Bei einem Flugzeugunglück. Das hat ihm, wie die Leute sagen, das Herz gebrochen. Alle hier in der Gegend denken nur das Beste von ihm.«
    Wir hatten mittlerweile die Südspitze von Dubh Sgeir umflogen und sahen plötzlich die Burg oder vielmehr das Schloß. Trotz seiner mit Schießscharten versehenen Zinnen, seiner runden Türme und großen Tore konnte es nicht mit den Schlössern von Windsor und Balmoral konkurrieren. Dafür war es zu klein. Doch seine Lage übertraf die der Schlösser Windsor und Balmoral bei weitem. Es stand genau auf der Spitze einer fünfzig Meter hohen Klippe, und wenn man sich zu weit aus dem Schlafzimmerfenster lehnte, dann waren die Felsen, die weit, weit unten lagen, das erste, was einen auffing. Man würde nicht einmal vorher irgendwo aufschlagen.
    Unterhalb des Schlosses, ein Stück nach rechts, hatten herabstürzende Felsen vor Hunderten von Jahren eine Küste geschaffen, die ungefähr dreißig Meter breit war. Unter schwierigster Arbeit hatte man daraus einen Hafen gemacht. Die Steine und das Geröll waren dazu benutzt worden, einen hufeisenförmigen Damm zu bauen mit einer Einfahrt, die nicht mehr als sechs bis sieben Meter breit war. Am Ende des Hafens befand

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