Das Monopol
zweihundert Karat pro Monat ab. Higgins war Partner geworden und beaufsichtigte den Abbau. Fast alle Rohdiamanten waren von Industriequalität und besaßen eine gelbliche Farbe.
Als sie vier Monate lang Besitzer der Mine waren, bekamen die Raymonds Besuch von einem Mann namens Lester, Anwalt der Murfreesboro Mining, einem großen Bergbaukonzern. Lester wollte Raymonds Land kaufen, doch die Familie lehnte ab, da ihre Farm sich seit dem Bürgerkrieg im Familienbesitz befand. Daraufhin machte Lester das Angebot, Raymonds gesamten Diamantenertrag aufzukaufen. Wiederum lehnten die Raymonds ab, da sie befürchteten, die Murfreesboro Mining würde der Mine strenge Qualitäts- und Mengenauflagen auferlegen. Endlich kam Lester mit seinem letzten Vorschlag heraus: Er werde den Raymonds drei Millionen Dollar zahlen, wenn sie die Förderung ganz einstellten. Diesmal waren die Raymonds einverstanden; sie hielten es für ein günstiges Angebot, das ihnen keine weiteren Anstrengungen abverlangte.
Aber da war noch Higgins.
Die Raymonds boten Higgins eine Million Abfindung, damit er den Betrieb der Mine einstellte. Doch Higgins gefiel das Angebot nicht. Und sein neuer Job als Manager, der für zwanzig Angestellte verantwortlich war, gefiel ihm. Doch die Raymonds beharrten darauf, dass die Förderung eingestellt werde; schließlich sei es ja ihr Grund und Boden. Higgins rief seinen Schwiegersohn an, einen Anwalt in Little Rock, und erfuhr, dass die Vereinbarung zwischen den Raymonds und der Murfreesboro Mining möglicherweise illegal sei, da sie gegen die Bundesgesetze zur Wettbewerbsbeschränkung verstieß.
Higgins erzählte den Raymonds davon. Die Raymonds wandten sich an Lester, der sie davon überzeugte, dass die Transaktion in keiner Weise illegal sei. Nach dieser Information lehnten die Raymonds es ab, ihre Vereinbarung mit Murfreesboro zu widerrufen. Higgins drohte mit einem Rechtsstreit. Sein Schwiegersohn, der Anwalt, erstattete Anzeige beim Bundesrichter in Little Rock. Dessen Dienststelle lud Higgins zwar vor, war jedoch mit Fällen überhäuft und brachte die Angelegenheit höheren Ortes vor – bei der Abteilung Kartellverstöße des DOJ in Washington. Und dort hörte Gail Rothenberg, die Referentin des Staatssekretärs, von der Sache.
Carlton blickte auf seine spärlichen Notizen und blätterte im Rest der dürftigen Akte. Er benötigte mehr Informationen, suchte in seinem elektronischen Rolodex nach einer Nummer und wählte.
»Josh Stein«, meldete sich eine vertraute Stimme.
»Josh? Hier ist Pat Carlton.«
»Patty, mein Junge! Lange nicht vor dir gehört. Wie läuft’s denn so bei der Justiz?«
Sie hatten zusammen studiert. Stein hatte sich direkt für den Regierungsdienst entschieden und war vor kurzem zum Prozessbevollmächtigten der SEC ernannt worden, der US-Börsenaufsicht. »Ich kann diese Sandkastenspiele nicht ausstehen«, antwortete Carlton.
»Willkommen im Regierungsdienst. Wir sollten uns wirklich mal sehen, aber im Moment habe ich zu viel um die Ohren.«
»Tut mir Leid, dass ich so ungelegen anrufe. Ich wollte nämlich wissen, ob du mir Hintergrundinfos über eine bestimmte Firma geben kannst.«
»No problemo.« Carlton hörte, wie er in Papieren wühlte. »Schieß los!«
Nachdem Stein versichert hatte, er werde das Gespräch vertraulich behandeln, lieferte Carlton die wenigen Fakten, die ihm über die Murfreesboro Mining bekannt waren.
»Ich ruf dich so schnell wie möglich zurück.«
»Danke, Josh.«
Carlton starrte auf seine Notizen. Es würde Aussagen geben, Expertenbefragungen, aber die ganze Sache kam ihm doch abgekartet und öde vor. Er knipste seine Messinglampe aus und saß in völliger Dunkelheit da. Als seine Augen sich an den schwachen Schein gewöhnt hatten, den die Straßenlaternen spendeten, tastete er auf dem Hutständer nach seinem Schal und seinem Wollmantel. Im Korridor steckte er den Schlüssel in das Schloss unter dem altmodischen Türknauf und sicherte sein kleines Refugium. Er hoffte wider alle Vernunft, es würde Jarvik davon abhalten, in sein Büro einzudringen, und wusste doch, dass seine erträumte Sicherheit nichts war als eine Illusion.
Carlton lag zu Hause auf dem Sofa, las die Washington Post und rauchte geruhsam eine Zigarre, als sein schwarzes Telefon schrillte, ein Apparat mit Wählscheibe im Stil der Dreißigerjahre. Rasch stellte er Frank Sinatra leiser, dann nahm er ab.
»Pat Carlton.«
»Pat, hier ist Josh. Ich hab, was du wolltest.«
»Das ging ja
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