Das Monopol
Minuten später Direktor Umbertos Büro verließ, rauschten fünf gepanzerte Fiat-Kleinlaster mit vierzig Polizisten einer Spezialeinheit, mit Computertechnikern, Buchhaltern, Ingenieuren und Kommunikationsexperten der Guarda di Finanza durch die überfüllten Straßen der Ewigen Stadt zur Zentrale der Banco Napolitana Lucchese.
57.
Die Jagd
USS Seawolf
Barents-See
400 Meilen nordöstlich von Murmansk, 00.42 Uhr
Carlton fuhr von der Liege auf der Krankenstation der Seawolf hoch. »Was meinen Sie damit, Sie haben nicht nachgesehen?«, fuhr er Commander Hendricks an. »Ich hab’s Ihnen doch gesagt. Diese Diamanten sind eine Angelegenheit der nationalen Sicherheit!«
»Mr Carlton, entspannen Sie sich. Sie haben gerade einen Schock erlebt.«
Commander Hendricks war während seiner gesamten Laufbahn nur von militärisch geschultem Personal umgeben gewesen. Er war es daher nicht gewöhnt, mit Zivilisten umzugehen. Besonders mit Zivilisten, die glaubten, sie müssten Angelegenheiten der nationalen Sicherheit diskutieren – oder was sie dafür hielten. Als ob dieser Mann erkennen könnte, was bedeutsam für die nationale Sicherheit war und was nicht! Hendricks fluchte in sich hinein. Er hatte Befehle befolgt, Schiffbrüchige an Bord genommen und Bericht erstattet. Jetzt auch noch auf Zivilisten zu hören gehörte nicht zu seinen Aufgaben.
»Beruhigen Sie sich, mein Sohn. Ich bin sicher, früher oder später werden sie gefunden.«
Carlton starrte ihn an. »Sie nehmen mich nicht ernst, was? Sie nehmen überhaupt nichts an dieser Geschichte ernst.«
Es knackte in der Sprechanlage. »Commander, VLF meldet FLASH-Übermittlung.« Schon wieder? »Bestätigt. Bringen Sie uns auf Empfangshöhe. Bin schon auf dem Weg.« Er wandte sich an Carlton. »Ruhen Sie sich aus.«
Russische Nationalisten, dachte Hendricks. Diamantmonopol. Wo kommen diese Leute her? Er nahm den Zettel vom Funkoffizier entgegen.
Z73446
Von: Befehlshaber der Unterwasserstreitkräfte, US-Atlantik- flotte
An: Kommandant der USS Seawolf
Dringend: Orten und fahren Sie zu russischem Eisbrecher Rossija
Per Flugzeug abholen nur JR, PD und EW PC 0-3 US-Marine, steht im aktiven Dienst PC und TP (Pink) als Berater nehmen Besondere Höflichkeit erbeten Ende der Übermittlung
Der Marinerang 0-3 kennzeichnete Carlton als Lieutenant. »Na toll. Jetzt habe ich einen von unseren Leuten stinksauer gemacht«, murmelte Hendricks. »Und mit dem Eisbrecher hat er Recht gehabt. Verdammt!«
Er wandte sich an Wathne. »XO. Suchen Sie den russischen Eisbrecher Rossija, und setzen Sie schnellsten Kurs!« Er schluckte schwer. »Ich muss mich wohl bei ein paar Leuten entschuldigen.«
Erika und Carlton hatten einander in den Armen gehalten, während sie auf das Flugzeug des norwegischen Seerettungsdienstes warteten, das Erika, Ramey und DesJardins in Sicherheit bringen sollte. Danach konnte Carlton trotz seiner Erschöpfung kaum schlafen. Unruhig wälzte er sich in der schmalen Koje hin und her und grübelte, wo Forbes Erika verstecken wollte und ob es ihm gelingen würde, sie vor Fress und seinen Mördern zu schützen, bis Fress hinter Gitter gewandert war. Als Carlton endlich einsah, dass es mit dem Schlaf nichts mehr wurde, nahm er eine kurze Dusche und rasierte sich.
Die Crew beschaffte eine Leutnantsuniform, die Carlton ziemlich gut passte. Pink, der immerhin ein bisschen geschlafen hatte, bekam eine Uniform ohne Marineabzeichen verpasst. Als sie sich wieder einigermaßen menschlich vorkamen, futterten sie Steaks und Backkartoffeln in der Offiziersmesse und informierten Hendricks, welche Aufgabe ihn erwartete. Die Mahlzeit wurde mit Kaffee heruntergespült, dem wahren Treibstoff eines U-Boots, der in der Marine nur »Wanzensaft« genannt wird.
»Was meinen Sie damit, sie ist nicht da?«, fragte Carlton.
»Dass sie nicht da ist«, wiederholte Hendricks. Sie sprachen von der Rossija. »Wir haben alles versucht, von aktivem Sonar bis zu Oberflächenradar. Nichts.«
»Haben Sie’s mit Satellitenaufnahmen versucht?«, wollte Pink wissen.
Pink gab Hendricks Rätsel auf. Anders als im Fall Carltons hatte in der UHF-Meldung nichts darüber gestanden, welcher Institution Pink angehörte. Aber es war klar, dass dieser ruhige, besonnene Mann kein gewöhnlicher Zivilist war. Normalbürger wurden nicht in ausländischen Gewässern von amerikanischen U-Booten gerettet, noch sollte man sie mit ausgesuchter Höflichkeit behandeln, wie in der Nachricht
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