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Das Monopol

Titel: Das Monopol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Kublicki
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als neutraler Beobachter, hängt von der jeweiligen Situation ab. Mit schöner Regelmäßigkeit ermutigt Waterboer Konfliktparteien zum Bürgerkrieg, um missliebige Regimes zu stürzen, die Waterboers Interessen im Weg stehen. Oder Waterboer sorgt dafür, dass Bürgerkriege sich endlos hinziehen, indem es sowohl die von den Rebellen als auch die von der Regierung geförderten Diamanten aufkauft.
    Das Muster wiederholt sich immer wieder: Rebellengruppen übernehmen Diamantenminen und verkaufen einige Diamanten an Waterboer. Die meisten Steine aber gehen an Händler und Mittelsmänner, auf die Waterboer keinen Einfluss hat. Waterboer hat den Preis für Diamanten so sehr in die Höhe getrieben, dass sowohl Rebellen als auch Regierungen die Steine für ein Vermögen verkaufen können anstatt zu dem Preis, den sie wirklich wert sind, nämlich so gut wie nichts. Deshalb bringen sie einander wegen der Diamanten um, denn deren Preis wird von Waterboer künstlich hoch gehalten. Warum sonst werden kleine Kinder ausgeschickt, um in Malariasümpfen nach den Steinen zu suchen? Mit dem zusätzlichen Risiko, auf eine Landmine zu treten? Doch die Rebellen nehmen dies alles in Kauf, streichen die Erträge ein, beschaffen sich Waffen, um die Minen zu schützen, und transferieren den Überschuss auf ihre Offshore-Konten. Waterboer kann sich nicht erlauben, dass der Markt plötzlich von Rohdiamanten überschwemmt wird, deshalb gibt dieses Unternehmen ein Vermögen aus, um sowohl die von Rebellen als auch von Regierungen geförderten Steine zu kaufen.
    Vor kurzem waren Waterboers Kassen wegen der überhöhten Preise so leer, dass seine Marketinggenies – und es sind wirkliche Genies – beschlossen haben, die Aufkäufe von Rebellen ganz fallen zu lassen. Nachdem die UNO solche Diamanten geächtet hatte, begann Waterboer in meinem Land und in anderen Ländern mit der Unterstützung einer gewaltigen Medien- und Gesetzeskampagne, in der solche Diamanten als ›Blutdiamanten‹ oder ›Kriegsdiamanten‹ bezeichnet wurden. Es wurde gezeigt, wie Menschen von den Minen besitzenden Rebellen verstümmelt und ermordet wurden. Als die Story Wirkung zeigte und der Kauf von Blutdiamanten von Staatschefs auf der ganzen Welt verdammt wurde, legte Waterboer seine ›Gute-Nachbar-Platte‹ auf und verkündete, seine Diamanten seien auf keinen Fall Blutdiamanten, das werde durch Zertifikate bestätigt. Doch wer sonst sollte versichern, dass Diamanten ohne Verbrechen gegen die Menschlichkeit gefördert worden waren, wenn nicht Waterboer – als wäre dieses Unternehmen die einzige Instanz, die einem Stein ansehen könnte, ob Blut daran ist! Da aber niemand Diamanten kaufen will, an denen das Blut afrikanischer Kinder klebt, sahen die Rebellen sich plötzlich ihres Marktes beraubt. Und wieder einmal kontrolliert Waterboer die gesamten Diamantbestände, ohne fürchten zu müssen, dass ein Bürgerkrieg den Preis ins Bodenlose sinken lässt. Und das Unternehmen bekommt sogar noch ein Lob vom völlig übertölpelten Verbraucher. Überdies verhindern inzwischen gewisse Gesetze, dass Diamanten ohne Zertifikat verkauft werden. Wie dem auch sei, ob Blutdiamanten oder saubere Steine, und ob Sie nun meiner Analyse zustimmen oder nicht – es ist doch logisch, dass Waterboer zumindest in den Konflikt im Oranjefreistaat verwickelt ist, meinen Sie nicht auch?« Er wartete nicht auf Zustimmung, sondern fuhr fort: »Der Oranjefreistaat hat die höchste Konzentration von Diamantlagerstätten in Südafrika. Waterboer ist viel zu mächtig, um zuzulassen, dass die Volksfront ohne seine Zustimmung einmarschiert und das Gebiet übernimmt. Waterboer kann es sich nicht leisten, seine Kontrolle über die Diamantenminen im Oranjefreistaat zu verlieren. Andererseits hat die Regierung Boiko Kartellgesetze in Vorbereitung, nach denen bestimmte Minen verstaatlicht werden sollen – und damit würde natürlich Waterboers Monopol in Südafrika letztendlich vernichtet.«
    Rancuzzi saß vollkommen still da und lauschte angespannt. »Eine durchaus stichhaltige Analyse, dottore. Und welchen Schluss ziehen Sie daraus?«
    »Waterboer und die Volksfront kämpfen denselben Krieg.«
    Nun richtete Rancuzzi sich erstaunt auf. »Ehrlich gesagt ist es mir nie in den Sinn gekommen, hier eine Verbindung zu sehen.«
    »Es ist bis jetzt auch nur eine begründete Vermutung. Ich habe keine anderen Beweise als die Logik. Doch wenn es stimmt, bietet diese Ausgangssituation ein fruchtbares Feld für den

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