Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Monstrum

Das Monstrum

Titel: Das Monstrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
sich, dass er einst sogar Zeit damit vergeudet hatte, darüber nachzudenken, ob das Super-Gehirnfutter, das Bobbis Fundsache in die Atmosphäre entließ, Waffen hervorbringen konnte oder nicht. Diese Zeit schien jetzt unglaublich fern zu sein, der damalige Jim Gardener unglaublich naiv.
    »Schaffen Sie es, Johnny?«, fragte er den Schulrektor.
    Enders stand auf, zuckte zusammen und griff sich mit einer Hand ins Kreuz. Er sah völlig erschöpft aus, brachte aber dennoch ein Lächeln zustande. Ein Blick auf das Schiff schien ihn zu erfrischen. Doch aus dem Winkel eines seiner Augen quoll Blut – eine einzige rote Träne. Irgendetwas da drinnen war geplatzt. Das macht die große Nähe zum Schiff, dachte Gard. Am ersten der beiden Tage, an denen Bobby Tremain ihm »geholfen« hatte, hatte er fast unmittelbar
nach seiner Ankunft seine letzten paar Zähne ausgespuckt wie Maschinengewehrkugeln.
    Er dachte daran, ihm zu sagen, dass etwas hinter seinem rechten Auge tropfte, dann beschloss er, es ihn selbst herausfinden zu lassen. Dem Burschen würde nichts geschehen. Wahrscheinlich. Und Gardener war sich nicht sicher, ob es ihm etwas ausmachen würde, wenn er draufging … und das schockierte ihn mehr als alles andere.
    Warum sollte es ihm etwas ausmachen? Bildest du dir immer noch ein, dass diese Kreaturen Menschen sind? Wenn ja, solltest du allmählich vernünftig werden, Gardalter-Gard.
    Er ging den Hang hinab und blieb am letzten Stumpf stehen, bevor felsiger Mutterboden zerklüftetem und schroffem Felsgestein wich. Er hob ein billiges Transistorradio aus gelbem, bruchfestem Plastik auf. Es sah aus wie Snoopy. Die Tastatur eines Sharp-Taschenrechners war daran befestigt. Und natürlich Batterien.
    Summend ging Gardener zum Rand der Grube. Dort verstummte er, war ganz still und betrachtete nur die titanische graue Flanke des Schiffs. Der Anblick erfrischte ihn nicht, aber er bewirkte, dass ihn tiefe Ehrfurcht ergriff, verbunden mit Obertönen einer zunehmend dunkler werdenden Furcht.
    Aber du hoffst auch noch. Du wärst ein Lügner, wenn du sagen würdest, dass es anders ist. Der Schlüssel könnte immer noch da sein … irgendwo.
    Aber diese Hoffnung wurde ebenso dunkler wie die Furcht. Vermutlich würde sie bald dahin sein.
    Durch die Grabung am Hügel war das Schiff mittlerweile so weit entfernt, dass er es nicht mehr berühren konnte – nicht dass er es gewollt hätte; das Gefühl, dass sich sein Kopf in einen sehr großen Lautsprecher verwandelte,
gefiel ihm überhaupt nicht. Es tat weh. Er blutete jetzt kaum noch, wenn er es berührte (und manchmal ließ es sich nicht vermeiden), aber die dröhnende Radiomusik kam immer, und ab und zu spritzte ihm doch mehr Blut aus Nase oder Ohren, als er sehen wollte. Gardener fragte sich kurz, von wie viel geborgter Zeit er bereits lebte, aber auch diese Frage war müßig. Seit dem Morgen, als er auf dem Wellenbrecher in New Hampshire aufgewacht war, lebte er nur von geborgter Zeit. Er war ein kranker Mann, das wusste er, aber nicht so krank, dass er nicht die Ironie der Situation gesehen hätte, in der er sich befand: Nachdem er sich den Rücken krummgeschuftet hatte, um dieses Scheißding mit einer Vielzahl von Geräten auszugraben, die aussahen, als stammten sie direkt aus dem Hugo-Gernsback-Universalkatalog, nachdem er getan hatte, was die anderen wahrscheinlich nicht hätten tun können, ohne sich in einer Art hypnotischer Trance zu Tode zu arbeiten, würde es ihm vielleicht nicht möglich sein, hineinzugehen, sobald und falls sie sich bis zu der Luke vorgearbeitet hatten, die nach Bobbis fester Überzeugung da sein musste. Aber er wollte es versuchen. Darauf konnte man getrost Gift nehmen.
    Jetzt stellte er den Fuß in eine Seilschlinge, zog den Knoten fest und steckte das Snoopy-Radio in sein Hemd. »Lassen Sie mich sachte runter, Johnny.«
    Enders begann, eine Winde zu drehen, und Gardener sank langsam nach unten. Die glatte graue Hülle neben ihm glitt immer weiter aufwärts.
    Wenn sie ihn loswerden wollten, wäre das eine ausgesprochen bequeme Methode, dachte er, einfach einen telepathischen Befehl an Enders schicken: Lass das Rad los, John. Wir brauchen ihn nicht mehr. Und dann würde er hinunterstürzen, vierzig Fuß tief auf das solide Gestein, und
das schlaffe Seil würde über ihm hin – und herschwingen. Krach.
    Aber natürlich war er ohnehin auf ihre Gnade angewiesen … und er vermutete, dass sie, wenn auch widerstrebend, anerkannten, wie nützlich er ihnen

Weitere Kostenlose Bücher