Das Monstrum
und Gardener wurde plötzlich nachdrücklich an seine Zeit als Lehrer erinnert. Genauso sahen Studenten aus, die einen langen Winter mit Skifahren, Vögeln und Trinken verbracht hatten und dann versuchten, einem zu erklären, dass sie ihre Referate heute nicht abgeben konnten, weil ihre Mütter am Samstag gestorben waren.
»Dann sag es mir.« Gardener lehnte sich an die Bretterwand des Hauses und betrachtete den Jungen im rötlichen Schein des Sonnenuntergangs. Über seine Schulter hinweg konnte er den Schuppen sehen, mit einem Vorhängeschloss versperrt und mit zugenagelten Fenstern.
Er erinnerte sich, dass der Schuppen auch in dem Traum vorgekommen war.
Traum? Oder das, von dem du nicht zugeben willst, dass es Wirklichkeit war?
Einen Augenblick schien Gardeners zynischer Gesichtsausdruck den Jungen aus der Fassung zu bringen.
»Miss Anderson hatte einen Hitzschlag. Ein paar Männer haben sie in der Nähe des Schiffs gefunden und ins Derry Home Hospital gebracht. Sie waren weggetreten.«
Gardener richtete sich rasch auf. »Geht es ihr jetzt wieder besser?«
»Weiß ich nicht. Sie sind immer noch bei ihr. Hier hat niemand angerufen. Jedenfalls nicht seit ungefähr drei Uhr. Da bin ich nämlich hierher gekommen.«
Gardener stieß sich von der Wand ab, ging mit gesenktem Kopf um die Ecke herum und kämpfte gegen den Kater. Er hatte geglaubt, der Junge würde lügen, und vielleicht hatte er gelogen, was die Natur dessen anbelangte, was Bobbi zugestoßen war, aber Gardener spürte einen wahren Kern in dem, was der Junge sagte: Bobbi war krank, verletzt, irgendetwas. Das erklärte das traumhafte Kommen und Gehen, an das er sich erinnerte. Er vermutete, dass Bobbi sie mit ihren Gedanken gerufen hatte, der schönste Trick der Woche. Nur in Haven, meine Damen und Herren …
»Wo wollen Sie hin?«, fragte Tremain plötzlich scharf.
»Nach Derry.« Gardener war am Ende der Einfahrt angekommen. Dort parkte Bobbis Pick-up. Daneben der gelbe Dodge Challenger des Jungen. Gardener drehte sich wieder zu ihm um. Der Sonnenuntergang hatte rote Lichter und dunkle Schatten auf das Gesicht des Jungen gemalt, sodass er wie ein Indianer aussah. Gardener sah genauer hin und begriff, dass er nirgends hingehen würde. Dieser Bengel mit dem schnellen Auto und den Schultern eines Football-Helden war nicht nur hergekommen, um Gard die schlechte Nachricht beizubringen, sobald Gard genug von dem Fusel abgeschüttelt hatte, um wieder unter den Lebenden zu weilen.
Soll ich glauben, dass Bobbi dort draußen im Wald war und gegraben hat wie eine Verrückte, bis sie mit einem
Hitzschlag zusammenklappte, während ihr gelegentlicher Partner sturzbetrunken auf der Veranda lag? Ist es das? Nun, das ist ein guter Trick, denn sie sollte auf der Beerdigung dieser McCausland sein. Sie fuhr in den Ort, und ich fing an, darüber nachzudenken, was ich am Sonntag gesehen hatte … ich fing an nachzudenken, und dann fing ich an zu trinken, so wie es fast immer bei mir ist. Natürlich hätte Bobbi zur Beerdigung fahren, wiederkommen, sich umziehen und dann in den Wald hinausgehen können , um zu graben, um dort einen Hitzschlag zu bekommen … aber so war es nicht. Der Junge lügt. Es steht ihm deutlich im Gesicht geschrieben und plötzlich bin ich verdammt froh, dass er meine Gedanken nicht lesen kann.
»Ich glaube, Miss Anderson wäre es lieber, wenn Sie hierbleiben und mit der Arbeit weitermachen würden«, sagte Bobby Tremain gelassen.
»Glaubst du? «
»Nun, das glauben wir alle.« Einen Augenblick sah der Junge besorgter denn je aus – argwöhnisch, ein wenig aus der Fassung gebracht. Ich vermute, er hat nicht damit gerechnet, dass Bobbis betrunkenes Haustier noch Krallen und Zähne hat. Das löste einen anderen, ungleich merkwürdigeren Eindruck aus und er musterte den Jungen in dem Licht, das allmählich zu Orange und Aschenrosa verblasste. Die Schulter eines Footballhelden, ein hübsches Gesicht mit Kinnfurche, das von Alex Gordon oder Bernie Wrightson hätte gezeichnet sein können, breite Brust, schmale Taille. Bobby Tremain. All-American. Kein Wunder, dass das Colson-Mädchen seinetwegen aus dem Häuschen war. Aber dieser eingesunkene, schwächlich wirkende Mund sah ganz genauso aus wie der der anderen, dachte Gardener. Sie waren es, die ihre Zähne verloren, nicht Gardener.
Okay – weshalb ist er hier?
Um mich zu bewachen. Um sicherzustellen, dass ich keinen Mucks mache. Was auch geschieht.
»Also gut«, sagte er mit sanfterer,
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