Das Morden ist des Mörders Lust. Geschichten.
Leute?«
Hal stotterte etwas, das eine Zustimmung sein sollte, und Summers runzelte die Stirn.
»Ich hatte gedacht, es ginge auch so«, sagte er. Dann zog er eine Kladde aus der Tasche und fing an vorzulesen. »Gegen neun Uhr fünfundvierzig steuertet ihr auf der Route 17 Marvies Tankstelle an, in einem neununddreißiger Plymouth, Kennzeichen J 50013. Du«, sagte er, auf Chris zeigend, »hast am Steuer gesessen, als deine Kumpels hineingingen. Ihr schlugt den Tankwart mit dem Kolben einer Schrotflinte nieder. Dann nahmt ihr zwölf Dollar und siebzig Cent aus der Kasse und verschwandet.« Er klappte das Buch zu. »Und ehe ihr anfangt zu leugnen, Jungs, will ich euch noch eins sagen: ihr seid hundertprozentig identifiziert worden.«
»Der Tankwart«, sagte Chris behutsam, »ist der okay?«
Summers nickte. »Der ist okay. Er hat zwar Kopfschmerzen, aber er ist soweit in Form, daß er euch Rowdies dahin schicken kann, wohin ihr gehört.« Der Lieutenant wandte sich an einen wartenden Polizisten. »Bringen Sie ihn herein, Slim. Damit die Jungs ihr Opfer kennenlernen.«
Der Polizist brauchte nicht lange. Der Mann, den er mitbrachte, sah müde aus, und sein Hinterkopf war kreuzweise bandagiert.
»Das ist der, von dem ich Ihnen erzählt habe«, sagte Professor Dane, auf Chris deutend. »Er hat versucht, die anderen aufzuhalten, hat versucht, mich vor ihrem Angriff zu warnen.«
»Sind Sie da ganz sicher, Professor?«
»Ganz sicher«, sagte Dane und sah Chris direkt in die verwirrten Augen. »Ich kenne den Jungen, der würde so etwas nie tun. Er wird einmal Lehrer werden, glaube ich.« Dane berührte seinen verbundenen Kopf und lächelte. »Selbst wenn er sich einen Nachtjob suchen muß, wie zum Beispiel Autos auftanken. Sagen Sie, Lieutenant, gibt’s hier irgendwo ein Aspirin?«
Ein Akt der Barmherzigkeit
W hit Skinner trank nicht, nicht ernsthaft. Stand eine Leiter gegen das Gebäude in der Madison Avenue gelehnt, in dem er arbeitete, ging er darunter hindurch. Fakten lagen ihm mehr als Flüge der Phantasie, und er glaubte nicht an Gespenster. Diese Seiten seiner Persönlichkeit leisteten ihm in seinem Beruf (er war Redakteur eines Nachrichtenmagazins) gute Dienste, aber sie halfen ihm überhaupt nicht, als ihn das Gefühl beschlich, ständig von einem Taxi verfolgt zu werden.
Es war nicht das einzige Taxi in der unmittelbaren Umgebung seines Büros. In der Nähe des Eingangs gab es einen Taxistand, und die leuchtend bunten Fahrzeuge kamen fortwährend herangeflitzt oder brausten davon. Aber nach ein paar Tagen fing er an, es wiederzuerkennen. Es sah aus wie all die anderen Taxis, aber wenn man nach Unterschieden Ausschau hielt, konnte man sie entdecken. Die Windschutzscheibe war immer trübe. Der rechte Scheinwerfer stand auf leicht verwegene Weise schief, und die eine hintere Tür zeigte einen V-förmigen Kratzer.
Whit selbst sah aus wie so viele der gescheiten jungen Männer, die man auf den Straßen der Innenstadt antreffen konnte, bis man nach Unterschieden Ausschau hielt. Seine eigenen Windschutzscheiben von Bausch & Lomb waren immer spiegelblank, so daß man dahinter deutlich die freundlichen blauen Augen erkennen konnte. Er trug den üblichen grauen Anzug, es sei denn, der erste wirkliche
Frühlingstag beflügelte ihn, sich in einen Anzug zu werfen, den man wirklich nur als grün bezeichnen konnte. Er bereute das auch immer sehr schnell. Seine Oberfläche zeigte keine sichtbaren Kratzer, aber er neigte zu einer nervösen Grimasse, die wie ein Lächeln aussah, was ihm den Ruf eintrug, ein ungewöhnlich netter Mensch zu sein.
Eines Tages erzählte er einer Kollegin namens Janet über einem seiner seltenen Feierabend-Martinis von seinem Problem.
»Dieses Taxi«, sagte er, »es sieht so aus, als ob es mir hinterherfährt.«
»Ja, und?« sagte Janet, während sie ihn mit aufgestützten Ellenbogen seelenvoll anstarrte und sich fragte, wie er wohl seinen Morgenkaffee mochte.
»Ja, ich kann’s nicht verstehen. Dasselbe Taxi, jeden Tag.«
»Was Sie brauchen«, sagte Janet weise, »ist zur Abwechslung mal eine ordentliche, selbstgekochte Mahlzeit.«
»Was hat das denn damit zu tun?« fragte Whit.
Als er die Bar verließ und in den linden Abend hinaustrat, hatte er plötzlich Lust, zu Fuß nach Hause zu gehen. Er wohnte nur acht Häuserblocks vom Büro entfernt. Aber als er die Ecke 84. / Lexington Avenue erreichte, bemerkte er, daß mit ihm zusammen ein Auto um die Ecke
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