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Das Moskau-Komplott

Das Moskau-Komplott

Titel: Das Moskau-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Kondom von seiner Schuhsohle zu kratzen, und im zehnten stapfte er durch einen Haufen Glasscherben.
    Als sie im elften Stock angekommen waren, atmete Olga schwer. Gabriel griff nach der Türklinke, doch bevor er sie berührte, flog die Tür nach hinten auf, als sei sie von einer Druckwelle erfasst worden. Er stieß Olga in die Ecke und sprang gerade noch rechtzeitig von der Türschwelle, bevor die ersten Schüsse die feuchte Luft zerrissen. Olga schrie, doch Gabriel nahm es kaum wahr. Er hatte sich gegen die Treppenhauswand gedrückt. Er verspürte keine Angst, nur tiefe Enttäuschung. Jemand musste jetzt sterben. Und er würde es nicht sein.
    Die Pistole war eine P-9 Gurza mit aufgeschraubtem Schalldämpfer. Es war die Waffe eines Profis, doch der Dummkopf, der sie benutzte, verdiente diese Bezeichnung nicht.
    Vielleicht hatte der Killer sich selbst überschätzt, überlegte Gabriel später, oder vielleicht hatten seine Auftraggeber versäumt, ihn daraufhinzuweisen, dass eine seiner Zielpersonen selbst Profi war. Wie auch immer, jedenfalls hielt der Schütze die Pistole mit beiden Händen nach vorn gestreckt, als er durch die Tür gestolpert kam. Gabriel packte die Waffe, riss sie nach oben und stieß den Mann gegen die Wand. Zwei Schüsse lösten sich, ohne Schaden anzurichten. Dann rammte er dem Mann zweimal das Knie in den Unterleib und schlug ihm den Ellbogen gegen die Schläfe. Der letzte Hieb war fast mit Sicherheit tödlich, doch Gabriel überließ nichts dem Zufall. Er nahm die Gurza aus der erschlafften Hand des Killers und schoss ihm zweimal in den Kopf, die größte Demütigung für einen Profi.
    Amateure, das wusste er aus Erfahrung, mordeten gern zu zweit, und so bewahrte er Ruhe, als das Knirschen von Glasscherben das Treppenhaus heraufdrang. Er zog Olga aus der Schusslinie und stand auf der obersten Stufe bereit, als der zweite Mann um die Ecke bog. Gabriel feuerte auf ihn, als sei er ein Pappkamerad auf dem Schießstand: drei Schüsse dicht nebeneinander in die Körpermitte, einen in den Kopf für die Stilnote.
    Zwei Sekunden lang blieb er reglos stehen, bis er sicher war, dass kein weiterer Killer mehr kam, dann drehte er sich um. Olga kauerte am Boden. Neben ihr lag der erste Mann, den er getötet hatte. Wie sein Komplize am Fuß der Treppe trug er eine schwarze Skimütze. Gabriel riss sie herunter. Zum Vorschein kam ein lebloses Gesicht mit schwarzem Bart.
    »Das ist ein Tschetschene«, sagte Olga.
    »Sind Sie sicher?«
    Statt zu antworten, beugte sie sich über den Rand der Treppe und übergab sich. Gabriel hielt ihre Hand, während sie von Krämpfen geschüttelt wurde. In der Ferne hörte er die ersten Polizeisirenen heulen.
    »Sie werden gleich hier sein. Wir werden uns nie wieder sehen. Sie müssen mir den Namen sagen. Nennen Sie mir Ihre Quelle, bevor es zu spät ist.«
     

17 Moskau
    Die ersten Polizisten, die zur Stelle waren, gehörten zu einer Einheit für öffentliche Sicherheit der Moskauer Stadtmiliz und somit zum Proletariat des riesigen Polizei- und Geheimdienstapparats der Stadt. Ihr Einsatzleiter war ein stoppelbärtiger Feldwebel, der nur russisch sprach. Er ließ sich von Olga, die er offenbar vom Hörensagen kannte, kurz schildern, was geschehen war, dann wandte er seine Aufmerksamkeit den toten Killern zu. »Tschetschenische Gangster«, erklärte er angewidert. Er sammelte weitere Fakten, darunter auch Name und Nationalität von Olga Suchowas ausländischem Bekannten, und gab alles über Funk an die Zentrale durch. Anschließend befahl er seinen Kollegen, am Tatort alles unverändert zu lassen, und zog Gabriels Diplomatenpass ein, was kein sonderlich ermutigendes Zeichen war.
    Die Beamten, die als Nächste eintrafen, waren Angehörige der GUOP, einer Sondereinheit zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität, in deren Ressort auch Auftragsmorde, eines der lukrativsten Geschäftsfelder in Moskau, fielen. Der Leiter des Teams trug Jeans, eine schwarze Lederjacke und eine schwarze Sonnenbrille, die verkehrt herum auf seinem kahl geschorenen Schädel saß. Er stellte sich mit dem Namen Markow vor. Ohne Rang. Ohne Vornamen. Nur Markow. Gabriel erkannte den Typ sofort. Markow gehörte zu der Art Polizist, die auf dem schmalen Grad zwischen Kriminalität und Gesetzestreue wandelt. Er hätte auf der einen wie auch der anderen Seite landen können, und wahrscheinlich hatte er dies zu unterschiedlichen Zeiten seiner Laufbahn auch getan.
    Er untersuchte die Leichen und stimmte dem

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