Das Moskau Virus: Roman (German Edition)
zurücklassen.«
Konstantin Malkowitsch, der neben Brandt stand, runzelte die Stirn. »Wie lange würde sich die Wiedereröffnung Ihres Labors dann verzögern?«
»Womöglich mehrere Wochen«, erwiderte Renke.
Der Milliardär schüttelte entschieden den Kopf. »Ich habe
Moskau versprochen, dass die Produktion von HYDRA wieder läuft, wenn die Armee losschlägt. Auch wenn Castilla schon so gut wie tot ist, wollen unsere russischen Verbündeten direkt gegen andere Verantwortliche in Washington vorgehen können, falls der neue Präsident sich ebenfalls als halsstarrig erweist und es ablehnt, ihren fait accompli zu akzeptieren.«
»Dudarew macht nach wie vor Geschäfte mit Ihnen?«, fragte Renke neugierig.
Jetzt war es an Malkowitsch, die Achseln zu zucken. »Hat er eine andere Wahl? Die Geheimnisse von HYDRA gehören mir, nicht ihm. Außerdem habe ich ihm versprochen, dass unsere Sicherheitsprobleme gelöst werden. Wenn Ihre Ausrüstung und Ihre Wissenschaftler sicher aus Italien heraus sind, wie soll Washington dann noch rechtzeitig Beweise heranschaffen – insbesondere wenn die amerikanischen Agenten in Moskau bereits tot sind? Hat der Krieg erst einmal angefangen, ist es für ein Eingreifen der Vereinigten Staaten sowieso zu spät.«
Das Handy des Milliardärs klingelte. Er klappte es auf. »Malkowitsch hier. Was gibt’s?« Er schaute Brandt an. »Es ist Titow aus Moskau.«
Brandt nickte. Malkowitsch hatte den Manager zurückgelassen, damit er die Entwicklungen in der russischen Hauptstadt beobachtete.
Aufmerksam lauschte Malkowitsch dem Bericht seines Angestellten. Nach und nach erstarrte sein Gesicht zu einer unbeweglichen, ausdruckslosen Maske. »Gut«, sagte er schließlich. »Halten Sie mich auf dem Laufenden.«
Dann klappte er das Telefon zu und wandte sich wieder an Brandt. »Anscheinend hat die Moskauer Polizei in den alten Klosterruinen, die Sie für Ihre schmutzige Arbeit benutzen, zwei Leichen gefunden.«
»Schade für den armen Colonel Smith und Ms. Devin«, witzelte der ehemalige Stasi-Offizier mit bitterer Ironie.
»Sparen Sie sich Ihr Mitleid«, blaffte Malkowitsch frostig. »Smith und Devin leben noch. Ihre Leute sind tot.«
Schockiert sah Brandt seinen Auftraggeber an. Smith und Devin waren entkommen? Das konnte doch nicht wahr sein. Für einen kurzen Moment fühlte er einen Schauer abergläubischer Furcht über den Rücken rieseln. Wer waren diese beiden Amerikaner?
Kapitel sechsundvierzig
Nahe Orvieto
Mit kreisendem Rotor flog der Pave Low tief über einen steilen, bewaldeten Kamm und tauchte auf der anderen Seite in ein breiteres Tal. Nur wenige Meter unter ihnen rasten die Baumwipfel vorüber. Vom Mondlicht beschienen schlängelte sich ein schmaler Fluss, der Paglia, nach Süden, fast parallel zur autostrada und den Eisenbahngleisen.
Weinberge, Haine mit knorrigen Olivenbäumen und lange Reihen großer, wohlgeformter Zypressen zogen sich über die sanfte Hügellandschaft. Rechteckige schwarze Schatten markierten die Standorte alter Gehöfte. Lichter, die am Himmel vor ihnen zu schweben schienen, beleuchteten die Umrisse der Türme und Kirchenspitzen von Orvieto hoch oben auf seinem Vulkanplateau. Weitere Lichter schimmerten auf einem niedrigen Kamm westlich der Stadt.
»ECPR in Sicht«, meldete einer der Piloten. »Zwei Minuten bis zum Ort der Infiltration.«
Allmählich drosselte der MH-53J das Tempo und flog langsam auf das vorgesehene Landegebiet zu. Gelegentlich schoss die Nase des Helikopters nach oben, weil der Pilot scharf hochziehen musste, um einen Zusammenstoß mit höheren Bäumen oder den Telefon- und Stromleitungen über dem Tal des Paglia zu vermeiden.
Jon Smith klammerte sich fest an einen Gurt, der von der Decke baumelte. Der Magen rutschte ihm in die Kniekehlen.
»Toller Flug, nicht wahr, Colonel?«, meinte ein Mann von der
Crew und warf ihm über die Schulter ein rasches Lächeln zu. »Besser als jede Achterbahn auf der ganzen Welt.«
Smith zwang sich dazu, zurückzulächeln. »Ich fahre eigentlich lieber Autoscooter.«
»Das ist ein sicheres Indiz dafür, dass Sie besser am Boden bleiben sollten, Sir, beim Heer«, sagte der Mann lachend und steckte den Kopf wieder durch die offene Luke, um die Umgebung im Auge zu behalten. »Falls ich mir diese Bemerkung erlauben darf, Sir.«
»Ich schließe mich Ihrem Urteil an, Sergeant«, erwiderte Smith, dem das Lächeln nun schon etwas leichter fiel, und ließ in gespieltem Bedauern den Kopf hängen.
Fiona Devin,
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