Das Moskau Virus: Roman (German Edition)
durch die Dunkelheit näher heran. Mit einem amüsierten Ausdruck auf dem ebenmäßigen, attraktiven Gesicht hockte sie sich neben die drei. »Da ich zuerst hier war, sollte ich eigentlich diese Frage stellen … nicht du.«
Beinahe gegen seinen Willen musste Jon grinsen. Sie hatte nicht ganz unrecht. Er zuckte die Achseln. »Also gut.«
Er dachte rasch nach, um sich eine plausible Geschichte zurechtzulegen, die Randi ihm abkaufen konnte. Sie war die Schwester seiner toten Verlobten und eine alte Freundin, die ihm schon mehrfach das Leben gerettet hatte, doch außerdem arbeitete sie für die CIA – was hieß, dass sie nichts von dem streng geheimen Covert-One-Projekt wusste. Und solange dem so war, musste er sich etwas einfallen lassen, um ihren unangenehmen Fragen aus dem Weg zu gehen.
»Einige Leute ganz oben im Pentagon haben mich gebeten, den Ursprung dieser rätselhaften Krankheit zu erforschen«, sagte Jon schließlich. »Derjenigen, die unsere Nachrichtenanalytiker und die wichtigen Führer der ehemaligen Sowjetrepubliken umbringt. Wir sind inzwischen sicher, dass die Krankheit von Menschen gemacht ist, so etwas wie eine genetisch gesteuerte Mordwaffe.«
»Aber warum ausgerechnet du?«, wollte Randi wissen.
»Weil ich als Erster von einem russischen Wissenschaftler angesprochen worden bin, einem Kollegen von mir, bei einer medizinischen Konferenz in Prag«, erklärte Smith. Schnell berichtete er ihr von Valentin Petrenkos Behauptungen und dem Anschlag, durch den er zum Schweigen gebracht wurde. »Als ich Washington davon berichtete, schickte man mich nach Moskau, um der Geschichte auf den Grund zu gehen, weil man dachte, ich hätte die nötigen Kontakte und das Wissen, die Fakten richtig einzuordnen.«
Randi nickte zögernd. »Das ergibt beinahe Sinn, Jon«, gab sie zu. Skeptisch musterte sie Kirow, den sie vor Jahren als Feldagentin in Moskau kennengelernt hatte. »Ich nehme an, an dieser
Stelle kommt Generalmajor Kirow vom russischen Staatssicherheitsdienst ins Spiel?«
Der große Mann mit den schlohweißen Haaren schüttelte lächelnd den Kopf. »Heute nur noch Oleg Kirow, Ms. Russell. Ich bin pensioniert.«
Randi schnaubte. »Und das soll ich Ihnen glauben?« Sie deutete auf die Maschinenpistole, die über seinem Rücken hing. »Pensionäre laufen normalerweise nicht mitten in der Nacht bis an die Zähne bewaffnet in der italienischen Landschaft herum.«
»Oleg arbeitet mit mir zusammen«, erklärte Smith. »Als persönlicher Berater sozusagen.«
»Und wer ist das?«, fragte Randi spitz, mit einer Kopfbewegung zu Fiona Devin. »Deine Sekretärin?«
Jon stöhnte innerlich, als er sah, wie Fiona sich ärgerlich aufrichtete. »Ms. Devin ist freiberufliche Journalistin in Moskau«, antwortete er rasch. »Als ich eintraf, beschäftigte sie sich bereits mit dem ersten Ausbruch der Krankheit.«
»Eine Journalistin?«, wiederholte Randi ungläubig. Sie schüttelte den Kopf. »Verstehe ich das richtig, Jon? Du hast bei einer geheimen Mission eine Reporterin dabei? Glaubst du nicht, damit geht dieses ›Eingebettete-Journalisten-Programm‹ des Pentagon zu weit?«
»Ich bin im Grunde genommen nicht als Journalistin hier«, unterbrach Fiona kühl. Sie ergriff zum ersten Mal das Wort und ihr irischer Akzent trat nun eine Spur deutlicher hervor. »Nicht mehr.«
»Was soll das heißen?«, fragte Randi.
Smith berichtete ihr von den verschiedenen Versuchen Brandts, sie im Auftrag von Konstantin Malkowitsch umzubringen. Schließlich erwähnte er noch, dass sie auf Befehl des Kremls auf der Stelle verhaftet werden sollten. »Unter diesen Umständen hielten Oleg und ich es für das Beste, sie mitzunehmen«, endete er lahm, er merkte selbst, wie unwahrscheinlich seine Geschichte klang.
Eine kurze Pause entstand.
Schließlich riss Randi gereizt die Arme hoch und funkelte Jon böse an. »Glaubst du im Ernst, dass ich dir diese lächerliche Geschichte abkaufe?«
»Auch wenn sie sich ziemlich wirr anhört, sie ist wahr«, behauptete er fest, froh dass die Dunkelheit sein Erröten verbarg. Nun, zumindest ein Teil davon, beschwichtigte er sein protestierendes Gewissen stumm.
»Dann soll ich wohl annehmen, dass ihr drei einfach aus Moskau herausspaziert seid, direkt unter der Nase der halben Milizija und des FSB?«, fragte Randi zynisch.
»Ich habe Freunde im Transportwesen«, warf Kirow gelassen ein.
»Ach so«, erwiderte die CIA-Agentin grimmig. Sie musterte alle drei von Kopf bis Fuß und blickte
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