Das Moskau Virus: Roman (German Edition)
die Jon gegenübersaß, zog mitfühlend die Schultern hoch. Oleg Kirow neben ihr schien fest eingeschlafen zu sein, er lehnte mit geschlossenen Augen an der Trennwand.
Der Pave Low wurde noch langsamer und wandte sich nach Westen, um den Hügelkamm nördlich des ECPR-Komplexes zu überfliegen. Er glitt darüber hinweg und folgte einem Waldstreifen, der sich den Hang hinab ausbreitete. Die Baumwipfel hinter dem großen Helikopter bogen sich schwankend im Luftstrom der mächtigen Rotorblätter.
»Landegebiet direkt voraus. Einhundert Fuß, fünfzig Knoten«, meldete der Flugingenieur mit seinem breiten texanischen Akzent.
Smith ließ den Gurt los und setzte sich gerader hin. Mit dem rechten Fuß tastete er nach der Tasche unter seinem Sitz, um sich zu vergewissern, dass sie noch in Reichweite war. Sie enthielt eine Auswahl an Kleidung, Waffen und anderen Ausrüstungsteilen, die aus den Beständen des Sondereinsatzkommandos in Aviano stammten. Als er aufschaute, sah er, dass Fiona und Kirow sich ebenfalls auf die Landung vorbereiteten. Der weißhaarige Russe hob rasch den Daumen.
Mit Hilfe seiner Crew bewegte der Pilot den Pave Low langsam voran und manövrierte den Helikopter sicher in das Landegebiet, eine große Lichtung im Wald. Der Kamm, der südwärts zum
ECPR-Komplex führte, ragte linkerhand empor, als dunkle Masse vor einem bleichen, mondhellen Himmel. Die Räder setzten auf. Sofort wurde die Maschine leiser, das laute, schrille Kreischen wich einem tieferen Heulen und schließlich absoluter Stille. Die Rotorblätter trudelten langsam aus.
Der Hubschrauberbesatzung war befohlen worden, an dieser Stelle zu warten, bis Smith oder einer der anderen um Abholung bat. Doch die sechs Offiziere und Soldaten an Bord des großen MH-53J hatten auch strikte Anweisung, sich auf keinen Fall an Kampfhandlungen zu beteiligen. Sobald die Füße des improvisierten Covert-One-Teams den Boden berührten, war es ganz auf sich allein gestellt. Falls der Einbruch in die Labore des ECPR in einem Fiasko enden sollte, musste die US-Regierung jede Beteiligung an dieser Aktion abstreiten können.
Äußerst erleichtert öffnete Smith seinen Sicherheitsgurt. Es war nicht so, dass ihm diese Tiefstflüge zu gefährlich waren, sagte er sich, ihm war es nur lieber, sein Schicksal selbst in den Händen zu halten. Er bückte sich und zog den schweren Seesack unter dem Sitz hervor. Fiona Devin und Kirow folgten seinem Beispiel; sie schulterten ihr Gepäck, liefen die Rampe hinunter, wandten sich nach Osten und verschwanden auf der anderen Seite der Lichtung im tiefen Schatten der Bäume.
Jon ging voraus, mit schnellen Schritten eilte er die sanfte Anhöhe hinauf, bis sie ein gutes Stück von dem Helikopter entfernt waren. Nahe des Hügelkamms stießen sie auf eine weitere, viel kleinere Lichtung. Genau in der Mitte lag ein Haufen roh behauener Steine, die zu einem Großteil von Moos und Farn überwuchert waren. Vielleicht waren diese zerfallenen Steine Reste eines antiken Schreins, dachte Smith. Schließlich befanden sie sich in einem uralten Land, um das sich über tausende von Jahren Umbrier, Etrusker, Römer, Goten, Lombarden und andere Völker gestritten hatten. Ihre Ruinen und Grabmäler waren überall, manchmal unter neuen Städten und Orten begraben, manchmal von Wäldern
und Efeu verschluckt. Das Mondlicht tauchte die kleine freie Fläche in einen unheimlichen Glanz.
»Bleiben wir hier«, flüsterte Smith den anderen zu, »und ziehen uns um, ehe wir uns an das Zentrum heranpirschen.« Er stellte seinen Seesack auf den Boden und kniete sich hin, um ihn aufzumachen. Schnell zog er Kleidungs- und Ausrüstungsteile heraus und reichte sie an seine Begleiter weiter.
In der kalten Nachtluft erschauernd zogen sie ihre normale Straßenkleidung und ihre Schuhe aus und streiften schnell dunkle Jeans und Sweatshirts über. Mit Tarnfarbe schwärzten sie sich Gesicht und Stirn. Bequeme Wanderstiefel und dicke Lederhandschuhe verliehen Füßen und Händen besseren Schutz und Halt. Die Nachtsichtbrillen würden ihnen ermöglichen, auch wenn der Mond untergegangen war, genügend zu sehen. Außerdem befanden sich in den Seesäcken gepolsterte Futterale mit hochmodernen Digitalkameras, leichten militärischen Funkgeräten, Laserabhörgerät, Bolzenschneider und anderes Werkzeug.
»Keine Panzerwesten?«, fragte Kirow, während er eine mit zahlreichen Taschen bestückte Einsatzweste aus seinem Seesack zog. Er streifte sich die Weste über, zog den
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