Das Multiversum 2 Raum
diesem Universum.
Er – Sie – Es – war der finale Gott, nach dem die Gaijin suchten.
Bis der Gott der Vielfalt sich aber zeigt, sagte Malenfant sich, gibt es nur uns. Und es gibt Arbeit. Wir müssen die Fehler in diesem Universum beheben, in dem wir alle festsitzen. Deshalb werfen wir ein Netz um einen Stern.
Deshalb mein Opfer.
Aber die Menschen hatten sich von Anfang an gewehrt. Wir verstanden so gut wie nichts, und nichts, was wir allein taten, machte einen Unterschied. Und die ganze Zeit wurden wir von historischen Kräften mitgerissen, die wir kaum zu verstehen, geschweige denn zu kontrollieren vermochten – wie es im Grunde immer schon gewesen war. Wir wussten nicht einmal, wer die Kerle überhaupt waren. Aber, bei Gott, wir versuchten es.
Welchen Preis auch immer wir zahlen mussten.
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kapitel 18
MONDREGEN
Es waren nur noch Minuten, bis der Komet den Mond traf.
»Ihr müsst die Zukunft besiegen – oder sie wird euch besiegen!
Glaubt mir, denn ich bin dort gewesen. Schauen Sie sich um, Kumpel. Ihr habt hundertfünfzig Jahre hier oben gehaust, in euren Treibhäusern und Erdlöchern. Eine tolle Leistung. Aber der Mond bietet euch keine Lebensgrundlage …«
Xenia Makarova hatte einen Fensterplatz und schaute aus dem dicken runden Bullauge. Unter dem Rumpf der Raumfähre sah sie das Landefeld, mit Mikrowellen glasierten Mondboden am Rand der grünen Kuppeln des Kopernikus-Dreiecks. Und dahinter erstreckte sich jungfräulicher Mondboden in grauen Schattierungen, der von einem Milliarden Jahre anhaltenden Mikrometeoritenre-gen geprägt war.
Und der heute in Kometenlicht getaucht wurde.
Xenia wusste, dass dieser Tag des Jahres 2190 für Frank J. Paulis der bedeutendste Tag in der Geschichte des bewohnten Monds war, und für seine Karriere sowieso. Und da saß er nun mit einem Stapel Softscreens auf dem Schoss und redete auf den verwirrten MondJapaner auf dem Sitz neben ihm ein, derweil die Pilotin dieser engen, staubigen Evakuierungs-Fähre den Countdown-Check durchging.
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Xenia kannte Franks Erzählungen bereits. Sie kannte sie schon seit fünfzehn Jahren oder seit hundertfünfzig, je nach dem, wie man Albert Einstein interpretierte.
»… Wissen Sie, welches Mineral am häufigsten auf dem Mond vorkommt? Feldspat. Und wissen Sie auch, was man daraus machen kann? Reinigungspulver. Super Geschäftsidee. Auf dem Mond muss man den Sauerstoff aus dem Gestein herausbrennen.
Klar, es ist auch für andere Dinge gut, Raketenbrennstoff und Glas. Aber es gibt dort weder Wasser noch Stickstoff oder Kohlenstoff …«
»Es gibt Spurenelemente im Gestein«, sagte der Japaner vom Typ Geschäftsmann.
»Ja, Spurenelemente, mit denen das Gestein von der Sonne angereichert wurde und die von Nishizaki Heavy Industries an die Gaijin verhökert werden, wodurch der Mond nur noch mehr ausblu-tet …«
Ein Kind weinte. Die Raumfähre war nur ein zylindrischer Last-kahn, den man für diese vorläufige Evakuierung hastig umgerüstet hatte. Die Menschen, Flüchtlinge in letzter Minute, waren wie in einer Sardinenbüchse zusammengepfercht. Männer, Frauen und großgewachsene, schlaksige Kinder saßen still und ernst in den campingstuhlartigen Sitzreihen – wie Hühner in einer Legebatterie.
Und alle waren MondJapaner – außer Frank und Xenia, die nämlich Amerikaner waren; während Frank und Xenia einen hundertfünfzig Relativjahre langen Flug zu den Sternen unternommen hatten – und während die Vereinigten Staaten zerfallen waren –, hatten die MondJapaner still und leise den Mond kolonisiert.
»Ihr braucht flüchtige Stoffe«, sagte Frank. »Das ist der Schlüssel zur Zukunft. Doch wo auf der Erde nun das Chaos regiert, bekommt ihr keine Lieferungen mehr. Ihr wälzt nur den selben alten Scheiß um.« Er lachte. »Buchstäblich. Ich geb' euch noch hundert 308
Jahre, höchstens. Guckt euch bloß um. Ihr habt schon Rationierun-gen und strenge Geburtenkontrolle eingeführt.«
»Es führt kein Weg daran vorbei, dass …«
»Wie viel braucht ihr? Ich sag's Ihnen. Genug, um den Mond zukunftssicher zu machen.«
»Und Sie glauben, dass die Kometen uns mit den benötigten flüchtigen Stoffen versorgen könnten?«
»Glauben? Das ist gerade Sinn und Zweck des Prometheus-Projekts. Der zufällige Einschlag, der allein schon eine Billiarde Tonnen Wasser bereitstellt, ist ein Glücksfall. Er bestätigt nur die Richtigkeit meiner Aussage, Kumpel. Und wenn wir erst mal damit anfangen, die Kometen systematisch
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