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Das Multiversum 2 Raum

Das Multiversum 2 Raum

Titel: Das Multiversum 2 Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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halt so als Leben bezeichnete. Aber sie hatte sich schon vor langer Zeit zurückgezogen. Es ging das Gerücht um, dass sie als Eremit auf der noch immer relativ unberührten Rückseite des Monds lebte. Diese Flucht aus der Öffentlichkeit schien schon ein paar Jahrzehnte zu dauern. Nemoto sprach aber nicht darüber; sie erzählte nichts von sich und nicht einmal von der Geschichte, die Madeleine und Ben übersprungen hatten. Stattdessen wollte sie nur über die Zukunft sprechen und über ihre Projekte, wie sie es immer schon gehalten hatte.
    »Gute Neuigkeiten.« Ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, der wie ein Totenschädel anmutete. »Ich habe ein Schiff.«
    »Was für ein Schiff?«, fragte Ben.
    »Die Gurrutu. Eins meiner Kolonie-Schiffe. Es hat den Erde-Neptun-Rundflug schon zweimal absolviert. Es steht im hohen Erdorbit.« Sie schaute sehnsüchtig. »Es ist dort sicherer als in der Mondumlaufbahn. Hier würde es geklaut und ausgeschlachtet werden.«
    Sie musterte die beiden. »Ihr müsst zum Triton fliegen.«
    Ben nickte. »Natürlich.«
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    Nemoto beäugte sie. »Und Sie, Meacher.«
    Natürlich musste Ben das tun, sagte Madeleine sich. Es sind schließlich seine Leute, die dort draußen in der Kälte ums Überleben kämpfen. Es geht um seine Frau, die noch am Leben ist und diese hundert Jahre auf der langen Strecke bewältigt hat. Aber ich habe damit nichts zu tun – was gehen mich Nemotos Ambitionen an.
    Beim Anblick von Nemotos zerbrechlicher virtueller Gestalt, die so zäh ans Leben sich klammerte und kämpfte, verspürte sie jedoch einen inneren Konflikt. Vielleicht hängst du doch tiefer mit drin, als du glaubst, Madeleine.
    »Selbst wenn wir es bis zum Triton schaffen«, sagte sie, »was sollen wir denn tun, wenn wir dort ankommen? Wie sieht Ihr Plan aus, Nemoto?«
    »Wir müssen die Gaijin stoppen – und jeden, der ihnen folgt«, sagte Nemoto düster. »Was denn sonst?«
    ■
    Sie würden einen Monat im Erdorbit verbringen müssen, um die Gurrutu flott zu machen.
    Das Kolonie-Schiff war bereits ein paar Jahrzehnte alt, und dieses Alter sah man ihm auch an. Die Gurrutu war aus dem Flüssigbrennstoff-Innenbooster einer Ariane 12-Rakete improvisiert worden. Er bestand aus einem simplen Zylinder, dessen innen liegende Brennstofftanks gereinigt und bewohnbar gemacht worden waren. Der Hauptaufenthaltsbereich der Gurrutu war ein großer Wasserstofftank, und der kleinere Sauerstofftank diente als Lagerraum.
    Eine Feuerwehrstange zog sich durch den Wasserstofftank, der durch Gitterrost-Böden in mehrere Abteilungen unterteilt war, bis zu einem Steuerraum.
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    Große, zerbrechlich wirkende Solarzellen-Flügel waren an der Außenwand befestigt. Im Zwielicht der Außenbereiche des Sonnensystems würden modernisierte Fusionsreaktoren als Energiequelle dienen. Dabei handelte es sich um technische Antiquitäten: Schweres sowjetisches Gerät des Baumusters ›Topaz‹. Ein solcher Topaz war ein Gewirr aus Röhren und Leitungen und Steuerstäben, das auf einem großen Kühlerkegel aus gewelltem Aluminium saß.
    Am einen Ende des InnenBoosters befanden sich eine Kopp-lungsvorrichtung und ein Instrumentenmodul, am andern ein Bündel Ionen-Raketen. Die Ionen-Triebwerke waren für Langzeit-Missionen ausgelegt, Missionen, die sich nach Jahren bemaßen und zu den äußeren Planeten und darüber hinaus führten. Und sie funktionierten auch: Sie hatten die Yolgnu zum Triton gebracht. Aber die Ionen-Triebwerke waren wartungsintensiv und auch schon veraltet. Der neuste Helium-3-Fusionsantrieb der MondJapaner war viel leistungsstärker, wie Madeleine erfuhr.
    Der Flug zum Neptun würde keine Vergnügungsreise werden.
    Die Toiletten schienen nicht richtig zu funktionieren. Und eine Geräuschkulisse aus Schlägen, Pfeifen und Rasseln würde sie um den Schlaf bringen. Die Sonnensegel waren auch nicht mehr die Besten, sodass es nicht einmal so nah an der Sonne genug Energie gab. Madeleine wurde der lauwarmen Mahlzeiten, des lauwarmen Kaffees und des lauwarmen Badewassers bald überdrüssig.
    Und doch hatten vierzig Menschen in den fünf Jahren, die die Gurrutu für den Flug zum Neptun gebraucht hatte, in diesem fen-sterlosen Grotten-Slum ausgehalten: Sie hatten sich von hydropo-nisch gezogenen Pflanzen ernährt, Fäkalien wiederaufbereitet und versucht, sich nicht gegenseitig verrückt zu machen. Im Tank waren Hängematten gespannt und Decken ausgelegt worden; Nester, mit denen die Menschen sich eine Privatsphäre geschaffen

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