Das Multiversum 2 Raum
ausgestorbener Verwandter der Menschen.
Was hatten die Gaijin noch alles angestellt?, fragte er sich.
Es blitzte in der verborgenen Kammer, von einer unsichtbaren Quelle.
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Neandertaler und Druckanzüge und xenonblaues Licht. Er wurde von kreatürlicher Angst gepackt.
Er machte sich davon, so schnell er konnte.
■
Am nächsten Tag besuchte Malenfant de Bonneville erneut. Er brachte de Bonneville eine Flasche pombe mit, die der sich gierig schnappte und sorgfältig vor der übrigen Belegschaft der Abteilung versteckte. Malenfant wollte ihm Fragen zur Maschine stellen, aber de Bonneville hatte eine eigene Geschichte zu erzählen.
»Hören Sie, Malenfant. Ich möchte Ihnen erzählen, wie ich hierher gekommen bin. Es begann lang vor Ihrer Ankunft …«
De Bonneville sagte ihm, Mtesa, der Kaiser, habe Geschenke von Lukongeh erhalten, dem König der benachbarten Ukerewe. Die Gaben hätten fünf Stoßzähne umfasst, feinen Eisendraht, sechs weiße Affenfelle, ein Kanu für eine Besatzung von fünfzig Mann – und Mazuri, ein Aufrechten- Mädchen, eine holde Jungfrau von vierzehn Jahren, ein dem Kabaka würdiges Weib.
»Mtesas Harem zählt fünfhundert Frauen. Mtesa besitzt die Schönsten vieler Länder, und viele Frauen des Harems sind, was ich zu bezeugen vermag, von wirklich außergewöhnlicher Schönheit. Aber von allen war Mazuri die Schönste.«
»Ich glaube, ich habe sie im Palast gesehen. Mtesa schien sehr angetan von ihr.«
»Sie hat …« – de Bonneville versuchte vergeblich, mit den ruinierten Händen ihre Vorzüge zu beschreiben – »sie hat diese ani-malische Qualität der Aufrechten. Diese Intensität. Wenn sie einem in die Augen schaut, blickt man direkt in ihre urzeitliche Seele.
Wissen Sie überhaupt, wovon ich rede, Malenfant?«
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»Ja. Aber ich bin hundert Jahre alt«, sagte Malenfant sehnsüchtig.
»Mazuri war jung, ungestüm und ungehalten wegen ihrer Vermählung mit Mtesa – einem viel älteren Mann, dem noch dazu der Schwung ihrer Rasse fehlte …«
De Bonneville verstummte und erging sich in düsteren Erinnerungen.
»Erzählen Sie mir von der Maschine.«
»Die Waganda sagen, das Uranoxid sei von Kimeras Hauch durchdrungen«, sagte de Bonneville abschätzig. »Es sei der Hauch, der die Hitze erzeuge. Aber bei einer gegebenen Menge des Uranoxids flaut der Hauch irgendwann ab, sodass wir das Material ständig extrahieren und ersetzen müssen.«
»Was ist mit den Baumstämmen?«
»Wir müssen die Stämme hineinschieben und herausziehen, nach den Anweisungen von …« Er nannte einen Malenfant unbekannten Begriff, der offenbar eine Art Vorarbeiter bezeichnete.
»Der Hauch ist unsichtbar und zu flüchtig, um eine große Wirkung zu haben – außer anscheinend auf den menschlichen Körper, den er zerstört! Die Baumstämme werden eingeschoben, um den Hauch aus dem Herzen des Haufens zu verlangsamen – verstehen Sie? Dann bestreicht er den Rest des Uranoxids. Wodurch der wiederum angeregt wird, selbst einen Hauch zu erzeugen. Es ist wie ei-ne Kaskade, müssen Sie wissen. Aber die Waganda kontrollieren sie, indem sie die verkohlten Stämme herausziehen; dadurch beschleunigt der Hauch und zieht aus dem Haufen ab …«
Ja, eine Kaskade, sagte Malenfant sich. Eine Kettenreaktion.
»Und das Wasser? Wozu ist das gut?«
»Das Entweichen des Hauchs geht mit großer Hitze einher – die von der Maschine produziert wird. Wasser fließt durch den Hügel und durch die Maschine. Das Wasser ist ein Kühlmittel, das diese Hitze abführt, damit die Maschine nicht beschädigt wird. Und die 509
Hitze verwandelt das Wasser natürlich in Dampf, der wiederum kanalisiert wird, um Mtesas diverse Spielzeuge anzutreiben …« Malenfant hörte, dass de Bonnevilles Sprechtempo sich verlangsamte, als ob er eine neue Idee entwickelte.
Für Malenfant ergab das alles einen Sinn.
Nukleares Spaltmaterial des zwanzigsten Jahrhunderts war eine simple Angelegenheit gewesen. Es handelte sich nur um Haufen radioaktiven Materials, zum Beispiel Uran, in das reaktionskon-trollierende Moderatoren gestoßen wurden, zum Beispiel Graphit-stäbe. Technische Komplexität kam nur dann hinzu, wenn man um die Sicherheit der Menschen besorgt war: Abschirmungen, Roboter für die Kontrolle der Moderatoren, die Abfallentsorgung und so weiter. Wenn Menschenleben nicht zählten, war ein Reaktor eine einfache Sache.
Nach einer entsprechenden Einweisung vermochte selbst ein Neandertaler einen Kernreaktor zu bedienen. Kinder
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