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Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)

Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)

Titel: Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heiko Rolfs
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schlagen, sondern alle
Kraft bündeln und in einen einzigen, gezielten Schlag stecken. Sie
konzentrierte sich auf ihr Ziel und riss das rechte Bein mit aller Kraft,
ruckartig nach oben.
    Sofort lockerte sich der Griff um ihren Hals. Hubert
Schindel krümmte sich stöhnend zusammen und hielt sich beide Hände vor den
Schritt. Er taumelte zurück, stolperte und stürzte rückwärts die steile Stiege
herunter. Als er unten aufschlug, verstummte sein lang gezogener Schrei abrupt.
    Einen Moment war es vollkommen still. Dann hörte man unten
den  spitzen, hohen Schrei der Tuchhändlerin.
    Line eilte zur Stiege und sah den Hausherrn unten liegen.
Seine Glieder waren merkwürdig verdreht und unter seinem  zerschmetterten
Schädel bildete sich eine Blutlache, die sich schnell vergrößerte. Auf den
ersten Blick sah sie, dass hier jede Hilfe zu spät kam.
    Die Tuchhändlerin kauerte neben ihrem reglosen Gatten. Dann sah
sie hoch. Line erstarrte. Der hasserfüllte Blick traf sie bis ins Mark. Im
nächsten Moment schrie die Tuchhändlerin hysterisch los, während sie mit ihrem
Wurstfinger auf das Mädchen deutete: „Mörderin! Das verfluchte Weib hat meinen
Mann erschlagen! Ruft die Büttel, hängen soll sie!“
    Panik stieg in Line hoch. Was sollte sie tun? Sie konnte
keinen klaren Gedanken fassen. Wer würde ihr glauben, dass es ein Unfall war,
wenn die Herrin sie des Mordes bezichtigte?
    Auf Mara konnte sie nicht hoffen. Das verängstigte Mädchen
saß schreckensstarr auf ihrem Strohsack und starrte sie mit weit aufgerissenen
Augen an. Sie stand zweifellos unter Schock.
    „Er wird dir nie mehr wehtun“, sagte Line und nahm sie in
den Arm. Sie wusste nicht, ob die Worte überhaupt zu dem Mädchen durchdrangen.
Mara zitterte und schien durch sie hindurch zu sehen.
    Plötzlich hörte Line schwere Stiefelschritte von mehreren
Männern, die eilig die Stiege heraufpolterten.
    Die Büttel , schoss es ihr durch den Kopf. Jetzt werden
sie mich holen . Sie dachte nur noch eines: ich muss hier weg . Wieder
einmal musste sie fliehen. War das ihr Schicksal? Aber dieses Mal ging es um
ihr Leben. 
    Line stürzte in ihre Kammer, knallte die Tür zu und schob
den Riegel vor. Keinen Augenblick zu früh, denn im nächsten Moment hämmerten
die Büttel an die Tür und verlangten lautstark, sie solle öffnen und
herauskommen.
    Aber Line dachte nicht daran. Wie ein gehetztes Reh sah sie
sich um. Ihr Blick fiel auf das schmale Fenster. Als sie hinaus sah, keimte
Hoffnung in ihr auf. Das schräge Dach endete nur sechs Fuß über der Gasse.
    Ohne nachzudenken packte das Mädchen ihre Tasche und
quetschte sich durch die enge Öffnung, wobei sie ihre Haube verlor. Sie
rutschte auf den Dachschindeln bis an den Rand des Daches. Über sich hörte sie
das Gebrüll der Büttel, denen die Kammertür nicht lange Stand gehalten hatte.
Doch sie konnten dem schlanken Mädchen durch das schmale Fenster nicht folgen
und mussten umkehren, um die Gasse zu erreichen.
    Mit einem Sprung landete Line im Straßenschmutz und rannte
los. Sie hatte keine Ahnung, wohin sie lief. Sie wollte nur weg, so schnell wie
möglich. 
    Barfuss, mit offenen Haaren, in einem viel zu dünnen Kleid
lief sie die enge Gasse hinunter. Bald hörte sie die Stiefelschritte der Büttel
hinter sich.
    Es war wie ein Alptraum. Line war nicht mehr in der Lage,
logisch zu denken. Andernfalls hätte ihre Vernunft ihr gesagt, dass sie nicht
entkommen konnte. Selbst wenn sie eines der Stadttore erreichen sollte und wenn
sie wider Erwarten aus der Stadt heraus kam, würde sie ohne Mantel oder Cape
und ohne Schuhe nicht weit kommen.
    Aber daran dachte sie nicht. Sie dachte nur an den Galgen,
mit dem die Tuchhändlerin ihr gedroht hatte und rannte um ihr Leben.          

VII
Das Badehaus
    Julmond Anno 1229
                                                                                                                  
    Leicht angetrunken verabschiedete sich der gut gekleidete
Herr in mittleren Jahren, der den klangvollen Namen Godefroy  de  Colleoni
trug, von seinen Zechbrüdern und trat auf die Straße hinaus. Das Wirtshaus, in
dessen hinterer Kammer sie bis zum Morgen gespielt und getrunken hatten, war
offiziell bereits seit Stunden geschlossen.
    Tief atmete er die kühle Morgenluft ein und wollte sich gut
gelaunt auf den Heimweg machen.
    Leicht fröstelnd hüllte er sich in

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